Ist die Zukunft des deutschen Online Glücksspiels gewährleistet?
Am Donnerstag kamen in Berlin die Ministerpräsidenten der Länder zusammen, um über aktuelle Themenbereiche zu entscheiden. Dabei wurde unter anderem über die bundesweite Gesetzeslage zum Glücksspiel diskutiert. Den Beschlüssen der Konferenz folgend könnte Deutschland einer Liberalisierung des Marktes bald einen großen Schritt näher sein.
Schleswig-Holstein geht in die Verlängerung
Die politischen Räder in der deutschen Glücksspielgesetzgebung haben sich endlich wieder in Bewegung gesetzt. Nach jahrelangen Uneinigkeiten zwischen Parteien und Ländern kam es jetzt zu einer ersten vorläufigen Einigung darüber, wie die nähere Zukunft des Glücksspiels in der Bundesrepublik aussehen soll.
Online Casinos dürfen weiterhin das Wappen Schleswig-Holsteins tragen (Bild: Wikipedia)
Besonders das Land Schleswig-Holstein konnte triumphierend aus der am Donnerstag abgehaltenen Ministerpräsidentenkonferenz herausgehen. Das Land, welches zum Jahreswechsel 2012/2013 erstmals Lizenzen an Online Casinos vergeben durfte, darf diese vorerst weiterführen.
Die damals ausgestellten 23 Lizenzen sollten genau sechs Jahre gültig sein. Dieser Zeitraum war spätestens im Januar dieses Jahres abgelaufen, weshalb die Anbieter sich von einem auf den anderen Tag in der Illegalität befanden, sofern die Casinospiele weiterhin von Deutschland aus zugänglich waren.
Ebenjene Lizenzen sollen jetzt bis Mitte 2021 verlängert werden dürfen. Die aktuelle schleswig-holsteinische Landesregierung aus CDU, Grüne und FDP setzt damit die Pläne der damals regierenden Koalition aus CDU und FDP fort.
Hans-Jörn Arp, ein Mitglied der CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holsteins, setzte sich schon seit Jahren dafür ein, das Online Glücksspiel nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern bundesweit zu liberalisieren. Nach der Konferenz sagte er:
Mit dem heutigen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz […] ist uns nach zehn Jahren endlich der Durchbruch gelungen und die Anerkennung der anderen Bundesländer zuteil geworden. Für Schleswig-Holstein ist das ein großer Erfolg, nachdem das Land lange auf Widerstand gegen die nun kommende zukunftsweisende Lösung im Bereich Glücksspiel gestoßen war. Jetzt ziehen auch die anderen Bundesländer am gleichen Strang, nachdem sie am Ende überzeugt werden konnten, dass der schleswig-holsteinische Weg zielführend ist.
Während das Online Glücksspiel in Schleswig-Holstein also fürs Erste weiter bestehen darf, haben die anderen Länder jetzt bis 2021 Zeit, einen neuen Glücksspielstaatsvertrag auszuhandeln.
Dabei wird es unerlässlich sein, dass der Vertrag auch mit dem EU-Recht vereinbar ist und die Europäische Commission diesem zustimmt. Denn es wäre nicht das erste Mal, dass sich der Europäische Gerichtshof einschaltet, um beispielsweise die Art der Lizenzvergabe im Nachhinein für EU-rechtswidrig zu erklären.
Genau dies geschah in der Vergangenheit bei dem Versuch, bundesweite Lizenzen an Online Buchmacher auszustellen. Die Folge: Online Sportwetten bleiben unreguliert, mussten aber geduldet werden.
Keine Obergrenze bei der Sportwetten-Lizenzvergabe
Doch nicht nur die Zukunft der Online Casinos wurde bei der Konferenz verhandelt, sondern auch die des privaten Sportwettenmarktes. Ab dem 1. Januar 2020 soll die Anzahl der deutschlandweit ausstellbaren Lizenzen nicht mehr auf die bisherigen 20 begrenzt sein.
Ab nächstem Jahr können sich also alle privaten Sportwettenanbieter bei der zuständigen deutschen Behörde um eine Lizenz bewerben, die ab dem Zeitpunkt der Ausstellung dann für zunächst 18 Monate gültig sein soll.
Während dies für die vielen Online Buchmacher eine grundsätzlich gute Nachricht ist, beklagte der Deutsche Sportwettenverband (DSWV), dass langfristig noch immer keine zufriedenstellende Lösung gefunden worden sei. DSVW-Präsident Mathias Dahms sagte dazu:
Der 3. Glücksspieländerungsstaatsvertrag ist lediglich ein Provisorium für den kurzen Übergangszeitraum bis 2021. Er löst die strukturellen Defizite des Staatsvertrags nicht, verschafft den Ländern aber Zeit, jetzt über die dringend notwendige Modernisierung des deutschen Glücksspielrechts weiter zu verhandeln.
Er kritisierte vor allem aber die „unattraktiven Rahmenbedingungen“ die mit der neuen Lizenzvergabe einhergehen sollen. Live Wetten beispielsweise, welche geschätzte 60 bis 70 % des Marktes ausmachen würden, blieben weiterhin in Deutschland verboten.
Auch bezeichnete er die geplanten Spiellimits als „willkürlich“. Vorgesehen ist nämlich ein monatliches Einsatzlimit von 1.000 € für jeden Wetter.
Woher der Sinneswandel?
Der Weg in einen völlig liberalisierten deutschen Glücksspielmarkt ist noch lang und steinig. Dennoch ist die Entscheidung, zumindest Online Buchmachern bundesweite Lizenzen auszustellen, bereits eine große Annäherung an das Modell Schleswig-Holsteins.
Streitpunkt in der gesamten Diskussion war seit jeher vor allem der Spielerschutz. Und genau hier schien das Land Schleswig-Holstein die richtigen Argumente parat zu haben. Die Landesregierung erklärte, dass der Spielerschutz nicht gewährleistet sei, solange Online Casinos weiterhin als illegal gälten.
Lizenzierte Anbieter müssten Steuern zahlen (Bild: Flickr)
Millionen deutscher Bürger würden nämlich auch trotz des Verbotes in Online Casinos spielen. Problematisch daran sei, dass die Spieler sich in Streitfällen, beispielsweise bei verweigerten Auszahlungen, derzeit nicht auf die deutsche Gesetzgebung berufen könnten.
Im Jahr 2017 allein hätten die „illegalen“ Anbieter gut 1,76 Mrd. Euro Umsatz gemacht, und zwar ohne dass im Gegenzug Steuern oder Sozialabgaben geleistet werden mussten.
Durch eine Lizenzierung jedoch könnte dies, ebenso wie bei den staatlichen Anbietern von Lotterien und Sportwetten, garantiert werden. Davon wiederum könnten schlussendlich alle Länder profitieren.
Angesichts dieser Einsicht könnte der nächste Glücksspielstaatsvertrag [ein aktueller Entwurf des Landtags NRW] womöglich tatsächlich die Liberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes bedeuten.