Donnerstag, 21. November 2024

Vergibt Hessen bald Lizenzen für Online Casinos?

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Das Jahr 2019 könnte im Hinblick auf die gesetzliche Lage zu Online Casinos und das Glücksspiel in Deutschland äußerst interessant werden. Wie zuvor Schleswig-Holstein hat sich nun auch die hessische Landesregierung gegen den Glücksspielstaatsvertrag ausgesprochen und angekündigt, ebenfalls einen Sonderweg in Betracht zu ziehen.

Hessens Drängen auf reguliertes Glücksspiel

Gesetzesänderungen und Erlasse gehören zu jenen Dingen, die sich oft über viele Jahre hinauszögern. Das Glücksspiel ist in Deutschland ein ärgerliches Musterbeispiel für Stillstand in der Politik, sowohl bundesweit als auch auf Länderebene.

Immer wieder sind in einem Land Parteien an der Macht, die eine Liberalisierung anstreben, aber dann mit zahlreichen Hindernissen und Verzögerungen konfrontiert werden.  Und oft endet es so, dass die Partei längst nicht mehr an der Macht ist, wenn der Zeitpunkt der geplanten Änderung hätte eintreten können und alles ist wieder verworfen.

Hessischer Landtag

Hessens aktuelle Koalition aus CDU und Grüne (Bild: Wikipedia)

Nach jahrelangem Kampf um eine Probe-Liberalisierung von Online Sportwetten hat die aktuelle hessische Landesregierung aus CDU und Grünen (letzte Wahl am 28. Oktober 2018) nun eine klare Ansage gemacht.

Der im Dezember letzten Jahres fertiggestellte Koalitionsvertrag beinhaltet einen umfassenden, wenn auch konzisen Abschnitt über das Glücksspiel, bzw. den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Dort heißt es zunächst:

Digitaler Verbraucherschutz spielt eine besondere Rolle […] Hierzu gehört auch, den Markt für Online-Glücksspiel in Deutschland endlich rechtlich wie faktisch kohärent zu regulieren. Hier müssen Regelungen für alle Spielformen im Hinblick auf ein kohärentes, europarechtskonformes und an strengen Qualitätskriterien ausgerichtetes Glücksspielrecht gefunden werden.

Ähnlich wie die CDU-geführte Regierung Schleswig-Holsteins im Jahr 2011 spricht sich die hessische Landesregierung jetzt deutlich gegen den aktuellen Glücksspielstaatsvertrag aus, deren Änderungsversuche in den letzten Jahren immer wieder aus verschiedenen Gründen gescheitert waren.

In Schleswig-Holsteins Fußstapfen

Aus diesem Grund möchte das Land im Herzen Deutschlands nun entsprechende Konsequenzen ziehen und ebenfalls wie zu seiner Zeit Schleswig-Holstein auf dem Glücksspielstaatsvertrag austreten. Im Koalitionsvertrag wird das Ende des Jahres 2019 dafür als Ultimatum gesetzt, sofern sich nicht vorher sämtliche Länder auf eine Neuregelung des derzeit vorgeschlagenen GlüStV einigen.

Das Land kündigte an, den Bereich des Online Glücksspiels dann „eigeninitiativ und eigenständig unter Beachtung der hessischen Leitlinien“ zu regeln. Somit könnte das Land künftig eigene Lizenzen für Online Casinos vergeben.

Auch wolle man eine Bundesratsinitiative einleiten, um die „Gesetzgebungskompetenz für Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit“ auch auf die anderen Länder zu übertragen.

Schleswig-Holsteins Sonderweg

Statt dem Glücksspielstaatsvertrag von 2011 zuzustimmen, beschloss das Land Schleswig-Holstein, einen Sonderweg zu gehen und erließ das landesinterne „Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels“. Gemäß dem Gesetz durfte das Land seit Dezember 2012 als einziges Lizenzen an Online Glücksspielanbieter vergeben. Diese sollten sechs Jahre gültig sein, weshalb die ersten bereits Ende 2018 ausgelaufen sind. Aufgrund des Regierungswechsels von 2012 trat das Land schließlich doch dem GlüStV bei, weshalb keine weiteren Lizenzen mehr erteilt werden dürfen.

Spielerschutz und Jugendschutz sind dabei in Hessen ebenfalls ein zentrales Thema. Auch aus diesem Grund plane man, die Kontrollen von Spielgeräten überall zu verschärfen.

Ausschlaggebend für die gewählte Frist ist die vor Jahren verabschiedete Experimentierklausel. In dieser wurde festgelegt, dass über einen Zeitraum von sieben Jahren Sportwetten-Konzessionen hätten vergeben werden können.

So wollte das Land im Jahr 2012 insgesamt 20 Sondergenehmigungen zum Betreiben von Online Sportwetten vergeben. Deren Ablauffrist war für den 30. Juni 2019 vorgesehen.

Sportwetten-Hin-und-Her

Die siebenjährige Experimentierklausel war Teil des im Juli 2012 verabschiedeten Glücksspielstaatsvertrages, welcher bundesweit gelten sollte, aber gewisse Kompetenzen auf das Land Hessen übertragen hatte.

Hessen sollte als alleiniges Land für die Erteilung der Konzessionen zuständig sein, wobei das Auswahlverfahren von allen Ländern abgesegnet werden musste. Die Phase der Ausschreibung begann am 8. August desselben Jahres und dauerte nur knapp einen Monat bis zum 12. September an.

Insgesamt 73 Sportwetten Anbieter hatten sich in jenem Zeitraum beworben, von denen nach einer ersten Vorauswahl 35 übrigblieben. Diese erfuhren bereits zehn Tage vor Ablauf der Frist, dass die geplanten 20 Konzessionen zwei Jahre später am 18. September 2014 vergeben werden würden.

Sportwetten

Hessen wollte 20 Konzessionen erteilen (Bild: Flickr)

Doch dazu kam es nie, denn ein in Frankfurt ansässiger Sportwettenanbieter, welcher das Auswahlverfahren der Landesregierung nicht bestanden hatte, wandte sich an das Frankfurter Verwaltungsgericht, um die Vergabe der Konzessionen an die anderen Anbieter zunächst zu blockieren. Grundlage seiner Klage war, dass das Auswahlverfahren undurchsichtig und damit rechtswidrig gewesen sei.

In der Tat entschied das Gericht schließlich am 5. Mai 2015, dass die „maßgeblichen Kriterien sowohl für die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen als auch für die Auswahlentscheidung“ nicht präzise formuliert und den Bewerbern nicht zugänglich gemacht worden seien.

Auch zwei Jahre später hatte sich die Lage in Hessen nicht geändert und im Mai 2017 erklärte der Pressesprecher des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, Michael Schaich, dass eine Vergabe von Konzessionen von Seiten des Landes nicht mehr notwendig sei.

Schaich war zu jener Zeit optimistisch, dass ohnehin jeder Anbieter ab dem 1. Januar 2018 eine Erlaubnis erhalten könne, sofern die nötigen Bedingungen erfüllt würden. Das Datum machte er an der Hoffnung fest, dass bis dahin alle Länder dem neu regulierten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zugestimmt haben sollten.

Wie zuvor scheiterte es aber daran, dass wieder nicht alle sechszehn Bundesländer zustimmten. Allen voran sprach sich das erneut CDU-regierte Land Schleswig-Holstein gegen den Vertrag, der noch immer das Betreiben von Online Casinos verbot, aus.

Keine Aussicht auf GlüÄndStV

So gibt es nach wie vor keinen einheitlichen Glücksspielstaatsvertrag, der die Forderungen aller Länder vereint und den Glücksspielmarkt in Deutschland, insbesondere den Bereich des Online Glücksspiels, endlich öffnet.

Neben Schleswig-Holstein kämpft nun auch Hessen an der Front und die Chancen auf einen baldigen einheitlich beschlossenen Glücksspieländerungsstaatsvertrag stehen damit derzeit bei null.

Die beiden Einzelkämpfer sind zwar klar in der Minderheit, doch sollten beide sich wie angekündigt für ihre jeweiligen Sonderwege entscheiden, könnte das Glücksspiel in Deutschland bald wieder zumindest regional legalisiert und Online Casinos entsprechend reguliert werden. Doch bis dahin tappen Spieler weiterhin mit leichter Ungewissheit in der Grauzone.