Urteil: Novomatic muss Spielsüchtigem 2,5 Millionen Euro zahlen
Ein Österreicher verzockte über einen Zeitraum von zehn Jahren über zwei Millionen Euro an Novomatic-Geldspielautomaten. Dagegen hatte der Mann vor Gericht geklagt und die Rückzahlung des verspielten Geldes gefordert. Die Richter gaben dem Kläger nun Recht und verurteilten Novomatic zur Zahlung von 2,5 Millionen Euro.
Der spielsüchtige Mann aus Niederösterreich hatte zwischen 2002 und 2012 an diversen Novomatic-Glücksspielautomaten gezockt. Dabei verspielte er buchstäblich sein gesamtes Hab und Gut, denn er gab zur Finanzierung seiner Sucht über zwei Millionen Euro aus.
Das Landgericht Wiener Neustadt entschied in dem am Montag veröffentlichen Urteil, dass er die gesamte verspielte Geldsumme vom Hersteller der Automaten zurückbekommen muss. Bei diesem handelt es sich um Novomatic, Österreichs mit Abstand größtem Glücksspielkonzern.
Novomatic ist weltweit erfolgreich im Geschäft
Der Glücksspielkonzern aus Österreich gehört mit einem Umsatz von 4,8 Milliarden Euro (2017) und 29.000 Beschäftigten zu den Branchenschwergewichten. Auch 2018 verlief für das Unternehmen bisher äußerst erfolgreich. So konnte der Konzern seinen Umsatz um 12,6 % steigern und den Gewinn annähernd verdoppeln.
Zu den größten Umsatzbringern gehören die selbst entwickelten Glücksspielgeräte, Online Slots und Spielsysteme. Dazu betreibt Novomatic eigene Spielbanken und Sportwetten-Büros sowie Online Casinos. Die Gruppe ist auf der ganzen Welt in über 70 Staaten aktiv. Künftig soll insbesondere das Geschäft mit den in den USA seit diesem Sommer legalisierten Sportwetten zu den Umsatzbringern zählen.
Darüber hinaus entschieden die Richter, dass Novomatic auch für die Zinsen geradestehen muss, weshalb die dem Kläger jetzt zugesprochene Summe in Höhe von 2,5 Millionen Euro deutlich über dem Betrag liegt, den der Mann tatsächlich verzockt hat.
Gericht sieht ein beeinträchtigtes Urteilsvermögen
Novomatic ist einer der Big Player im Glücksspiel (Bild: Wikipedia)
Nach Ansicht des Wiener Gerichts ist der zwischen dem Spieler und dem Aufsteller der Automaten geschlossene Glücksspielvertrag unwirksam. Grund hierfür ist das psychiatrisch-neurologische Gutachten eines Sachverständigen, das der Kläger vorlegte.
Der Experte hatte nach einer Untersuchung die Spielsucht des Mannes festgestellt, und dass er seinem Drang zum exzessiven Zocken psychisch nicht widerstehen kann. Damit sei er für die Dauer seiner Spiele zumindest teilweise nicht geschäftsfähig gewesen. Nach Auffassung des Gerichts folgt daraus ein Recht des Klägers auf Rückabwicklung des Geschäfts und Auszahlung aller getätigten Einsätze.
Gericht sagt: Automaten sind ein Verstoß gegen das Glücksspielgesetz
Zudem sieht das Gericht in den vom Kläger ausgeübten Automatenspielen einen Verstoß gegen das österreichische Glücksspielgesetz. Novomatics Würfelspiele, Actiongames und andere Gambling-Slots würden die Bagatellgrenze überschreiten, da sie zu hohe Einsätze akzeptieren und pro Spiel zu viel Geld auszahlen.
In der Urteilsbegründung heißt es dazu, dass dies ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Staates sei, da die Automaten im fraglichen Zeitraum für den Kläger in Cafés und Bars öffentlich zugänglich waren.
Ein rechtskräftiges Urteil hätte einschneidende Wirkung
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die von Novomatic beauftragten Anwälte bereits Berufung gegen die Entscheidung eingelegt haben. Der Prozess geht also in die nächsthöhere Instanz.
Die juristische Auseinandersetzung wird sicherlich nicht nur von den beiden am Prozess beteiligten Parteien genauestens verfolgt. Auch andere Glücksspielanbieter, Spielschutz-Organisationen oder Politiker sowie nicht zuletzt ebenfalls von Spielsucht direkt Betroffene dürften dem weiteren Verlauf mit großem Interesse beiwohnen.
Denn wenn die Klage letztinstanzlich erfolgreich ist und der Glücksspielkonzern tatsächlich die Einnahmen zuzüglich Zinsen zurückzahlen muss, hätte dies unabsehbare Folgen für die gesamte Automaten- und Glücksspielbranche.
Es kommt häufig zu Klagen gegen Glücksspielanbieter
Der aktuelle Prozess ist nicht ungewöhnlich für die Glücksspielszene. Immer wieder klagen Zocker gegen die Betreiber von Geldspielautomaten sowie Anbieter von Spielhallen oder Online Casinos.
Hausverbote können Spielsüchtigen helfen (Bild: Pixabay)
Oft ist dabei das problematische Spielverhalten der Kläger die Ursache. So klagen Betroffene immer wieder für die Einrichtung von Sperren, die sie vor einem Besuch von Spielbanken schützen sollen, damit sie durch ihre Spielsucht nicht weiter Schaden nehmen.
Doch die Gerichte weisen diese Klagen häufig ab, da keine rechtliche Grundlage für die Erteilung von freiwilligen Hausverboten in einzelnen Spielhallen besteht. Zudem sei es den Betreibern von Spielhallen oft nur schwer möglich, ein derartiges Verbot wirksam durchzusetzen.
Besser sieht es in dieser Hinsicht für Besucher der staatlichen Spielbanken aus. Da hier der Eintritt erst nach Ausweiskontrolle erfolgt, können Hausverbote – ob freiwillig oder von der Spielbank angeordnet – wirksam umgesetzt werden.
Mehr Erfolg hatten in diesem Jahr Spieler, die von ihren Kreditkartenunternehmen forderten, Zahlungen für Spielverluste bei den Betreibern von Online Casinos zu verweigern oder zurückzubuchen. Sie stützen sich dabei auf das rechtliche Verbot von Online Casinos, das die Bundesländer 2011 beschlossen hatten.
Dem Widerspruch gegen den Zahlungseinzug gaben deshalb diverse Gerichte recht. Grund hierfür war die fehlende rechtliche Grundlage zum Betrieb derartiger Spielstätten. Auch hier ist noch nicht abzusehen, welche Folge das Urteil für die Casino-Wirtschaft haben wird.