Sorgfaltspflicht beim Online-Glücksspiel: Große Unterschiede in Europa
Die Staaten pflegen unterschiedlichen Umgang mit der Sorgfaltspflicht beim Online-Glücksspiel (Quelle: unsplash.com/ Christian Lue)Die niederländische Glücksspielaufsicht Kansspelautoriteit (KSA) betrachtet in einer gestern veröffentlichten Studie den Umgang europäischer Staaten mit Fragen der Sorgfaltspflicht im Glücksspiel-Kontext.
Als Ziel der Erhebung nennen die Verantwortlichen Aufschluss darüber, inwieweit die Spielerschutzbedingungen der 2021 in den Niederlanden erfolgten Legalisierung des Online-Glücksspiels mit denen der europäischen Nachbarn Schritthalten können. An der Befragung hatten Regulierungsbehörden aus 21 Ländern teilgenommen, darunter die deutsche Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL).
Risikoanalyse und Sorgfaltspflicht beim Online-Glücksspiel
Für ihre Studie [Seite auf Niederländisch] Onderzoek naar zorgplicht rond kansspelen in 21 landen (dt. Untersuchung zur Sorgfaltspflicht bei Glücksspielen in 21 Ländern) hatte die KSA eine Kooperationsanfrage an die Glücksspielaufsichten der Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums versandt.
In dieser bat sie um die Beantwortung einiger Fragen zum gesetzlichen Rahmen der Sorgfaltspflicht der Lizenznehmer in den jeweiligen Ländern. Der Fokus der Fragestellung lag dabei auf den Bereichen der Risikoanalyse und der zeitlichen sowie monetären Limitierung des Online-Glücksspiels.
Die KSA definiert die „Untersuchungs- bzw. Sorgfaltspflicht“ als dreiphasige Verpflichtung der Glücksspiel-Lizenznehmer. So müsse das Nutzerverhalten mit Blick auf Anhaltspunkte für problematisches Glücksspiel überwacht und analysiert werden. Ergebe sich ein begründeter Verdacht auf problematisches Spielverhalten, müsse dieser geprüft und gegebenenfalls eingegriffen werden. Abschließend müssten Anbieter prüfen, ob der Eingriff zum gewünschten Ergebnis geführt hat.
Bei ihrer Auswertung stellten die Autoren fest, dass sich die Länder, die die Anfrage beantwortet hatten, im Umgang mit besagten Vorgaben deutlich unterschieden.
So unterlägen Glücksspiel-Lizenznehmer in 43 % der Gerichtsbarkeiten einer gesetzlichen Untersuchungs- und Sorgfaltspflicht. Der Großteil der übrigen Länder setze im Umgang mit den Anbietern auf die freiwillige Einhaltung von Vorgaben.
Auch die Ausgestaltung der Maßnahmen zur Verhinderung von Glücksspiel-Problemen seitens der Betreiber sei uneinheitlich.
Große Unterschiede im europäischen Vergleich
So setzten Frankreich, Großbritannien und Malta trotz gesetzlicher Untersuchungspflicht auf den Einsatz verschiedener freiwilliger Spielbeschränkungen. Dänemark, Deutschland, Italien, Norwegen, Österreich, Spanien und Schweden legten hingegen konkrete Grenzen fest, innerhalb derer gespielt werden darf.
Hierbei handele es sich beispielsweise um monetäre Limits. Die Bandbreite reiche dabei von einem maximalen Spielbetrag oder einer Verlustgrenze zwischen 1.000 EUR pro Monat in Deutschland bis etwa 3.400 € pro Monat (800 € pro Woche) in Österreich.
Der Umgang mit Obergrenzen beim Online-Glücksspiel variiert (Quelle: unsplash.com/Christian Dubovan)
In Belgien, Estland, Kroatien, Litauen, Polen, Portugal, Slowenien, Slowakei und Tschechien gebe es hingegen keine formelle gesetzliche Sorgfaltspflicht. Dennoch seien die Lizenznehmer aufgerufen, freiwillige Grenzwerte einzurichten.
Von den antwortenden Ländern verzichteten lediglich Irland und Bulgarien komplett auf Vorgaben zur Sorgfaltspflicht. Der Unterschied: Während Irland bislang keine Lizenzen fürs Online-Glücksspiel vergeben habe, lasse Bulgarien seine 12 Lizenznehmer in dieser Hinsicht gänzlich unbehelligt.
Deutliche Worte an Glücksspiel-Lizenznehmer
Wie die KSA mitteilt, seien die Daten für die Studie zwischen Januar und Mai dieses Jahres erhoben worden. Aus 21 von 28 angeschriebenen Ländern habe die Glücksspielbehörde Antwort erhalten.
Konkret sei es den Machern darum zu gegangen, die Umsetzung der Sorgfaltspflicht bei der Spielsuchtprävention in der eigenen, noch jungen Regulierung des Online-Glücksspiels unter die Lupe zu nehmen.
Durch den Vergleich mit den gesetzlichen Vorgaben anderer europäischer Gerichtsbarkeiten könnten die Niederlande von Erfahrungen aus dem Ausland profitieren.
So sollten auch Indikatoren ermittelt werden, die es niederländischen Glücksspiel-Lizenznehmern erleichtern könnten, ihrer gesetzlich festgeschriebenen Ermittlungs- und Sorgfaltspflicht risikogefährdeten Spielern gegenüber nachzukommen.
In der Veröffentlichung richtet sich die KSA mit warnenden Worten auch direkt an ihre Lizenznehmer:
Laut der Behörde handele es sich beim Online-Glücksspiel, wie beispielsweise auch beim Alkohol, um kein „normales“ Produkt. Vielmehr berge ein Teil des Angebots ein hohes Suchtpotenzial.
Dies mache „ein gewisses Maß an Regulierung aus Sicht der öffentlichen Gesundheit wünschenswert“. Auch deshalb stünden die Betreiber besonders in der Verantwortung, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen.
Glücksspielaufsicht zieht positives Fazit
In ihrem Fazit erklärt die KSA, aufgrund der Erhebungen zu dem Schluss gekommen zu sein, dass es keine eindeutigen Antworten auf die Frage gebe, wie die Sorgfaltspflicht und mögliche Spielbegrenzungen am besten konkret umgesetzt werden könnten:
Dennoch könne festgestellt werden, dass die Niederlande bei der Regulierung des Online-Glücksspiels und dem gesetzlichen Umgang mit der Sorgfaltspflicht im europäischen Vergleich aktuell gut Schritt hielten. Dennoch seien die Untersuchungen noch lange nicht abgeschlossen.
Vielmehr werde momentan eine breit angelegte Studie darüber durchgeführt, wie genau Online-Glücksspiel-Anbieter ihre Sorgfaltspflicht umsetzen. Hintergrund seien Hinweise darauf, dass die Lizenznehmer ihren Vorgaben nicht in ausreichendem Maße nachkämen.
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