Prozess: Spielsüchtiger Ex-Feuerwehrmann brannte Wahrzeichen von Singen nieder
Seit gestern muss sich ein spielsüchtiger 37-jähriger Mann vor dem Landgericht Konstanz verantworten. Das ehemalige Mitglied der freiwilligen Feuerwehr hat gestanden, vor fast genau einem Jahr die denkmalgeschützte Scheffelhalle in Singen bis auf die Grundmauern niedergebrannt zu haben. Der Schock über den Verlust des knapp 100 Jahre alten Veranstaltungsgebäudes sitzt im Ort noch immer tief.
Alkohol, Glücksspiel, psychische Probleme
In der Nacht zum 17.November 2020 zerstörte ein Feuer die Scheffelhalle im baden-württembergischen Singen. Trotz Einsatzes von mehr als 50 Feuerwehrleuten war das Gebäude nicht zu retten. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Euro.
Der Brand hatte große Bestürzung ausgelöst. So sei mit dem nach dem Schriftsteller Joseph Victor von Scheffel benannten Wahrzeichen der Stadt ein Stück Geschichte verlorengegangen. Ein Sprecher der Feuerwehr erklärte damals:
Vielen Einsatzkräften standen fast Tränen in den Augen. Viele Ehen von Feuerwehrleuten sind hier gestiftet worden, bei der Fasnacht in der Halle (…) Für uns ist es schon ein Stück Heimat, das hier verlorengeht.
Bei den Ermittlungen war die Polizei schnell auf den Verdacht der Brandstiftung gekommen. Im März dieses Jahres nahm sie den heute 37-Jährigen fest. Der zeigte sich zum gestrigen Prozessbeginn geständig.
Die Scheffelhalle (hier auf einer Postkarte) wäre bald 100 Jahre alt geworden (Quelle:scheffelhalle.com)
Medienberichten zufolge sprach der ehemalige Feuerwehrmann vor Gericht von einem steinigen Lebensweg. Bereits seit seiner Jugendzeit habe er unter psychischen Problemen gelitten, habe beruflich nie Fuß fassen können.
Verstärkt worden seien die Schwierigkeiten durch den frühen Kontakt zu Alkohol und Glücksspiel. Auch sein Engagement in Kirche und Freiwilliger Feuerwehr habe den Abstieg nicht bremsen können.
Brandstiftung als Druckausgleich
Erstmals einschlägig auffällig geworden war der Mann im Jahr 2005. 2013 verurteilte ihn ein Gericht, weil er Strohballen auf einem Bauernhof angezündet hatte. Vor Gericht gab er an, Brände aufgrund eines „inneren Drucks“ gelegt zu haben. Diesen habe er auch am Tag des Scheffelhallenbrandes verspürt.
Immer wieder machen Fälle Schlagzeilen, in denen Feuerwehrleute zu Brandstiftern geworden sind. Experten zufolge geht es den Tätern oft darum, bei der Bekämpfung des Feuers als Helden in Erscheinung treten zu können. Bei Pyromanen handelt es sich derweil um psychisch kranke Brandstifter. Brände zu legen, so psychiatrische Erkenntnisse, diene unter anderem dazu, Gefühle von Minderwertigkeit und Ohnmacht in Macht zu verwandeln. Die Taten und folgende Berichterstattung führten bei Pyromanen zu teils als sexuell empfundenen Hochgefühlen.
Laut Angeklagtem sei es vor der Tat zu einem Treffen mit seiner ehemaligen Partnerin gekommen. Die Frau habe sich zuvor wegen seiner Spielsucht von ihm getrennt. Gestresst habe er dann das Gefühl gehabt, „etwas tun zu müssen“. An der Scheffelhalle habe er den Inhalt eines dort stehenden Papiercontainers entzündet. Als er den Tatort verlassen habe, sei er jedoch davon ausgegangen, dass das Feuer bereits erloschen gewesen sei. Später habe er großes Bedauern über sein Handeln verspürt.
Der Vorsitzende Richter zeigte sich gestern skeptisch angesichts der geäußerten Reue: So habe der Angeklagte in den Monaten nach der Zerstörung der Scheffelhalle noch zwei weitere Feuer gelegt.
Das Urteil wird für den 19. November erwartet. Im Falle einer Verurteilung droht eine langjährige Haftstrafe. Der Bau einer neuen Scheffelhalle soll 2023 beginnen.