Mindestabstände: Spielhallenbetreiber vor VGH Baden-Württemberg erfolgreich
In Baden-Württemberg wehren sich Spielhallenbetreiber juristisch gegen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand ihrer Betriebe zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Rückendeckung gab es nun vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg. Dies teilte gestern die Kanzlei Benesch & Partner mit. Diese war im Auftrag einer Mandantin mit einer entsprechenden Beschwerde gegen erstinstanzliche Entscheidungen vorgegangen.
Nach Ansicht der Mannheimer Richter müssten unterschrittene Mindestabstände von Bestandsspielhallen zu Kinder- und Jugendeinrichtungen nicht als absoluter Ausschlussgrund bei aktuellen Erlaubnisverfahren gewertet werden. Mit seinem Beschluss vom 9. September, so die Juristen, habe der VGH einer „bedrohlichen Entwicklung (…) einen Riegel vorgeschoben“.
„Erfolg für Spielhallenbetreiber“
Eigenen Angaben zufolge hat Benesch & Partner einen „wegweisenden Erfolg für Spielhallenbetreiber in ganz Baden-Württemberg“ errungen. So habe der VGH Baden-Württemberg den Bestandsschutz sogenannter „Altspielhallen“ gestärkt.
Entgegen vorangegangener Entscheidungen mehrerer baden-württembergischer Verwaltungsgerichte erklärte der VGH, dass bei Anträgen kein Härtefall geltend gemacht werden müsse, wenn Bestandsspielhallen den gesetzlichen Mindestabstand von 500 Metern zu Kinder- und Jugendeinrichtungen unterschritten. Der Beschluss sei nicht anfechtbar.
Die Kanzlei führt aus:
Dadurch ist die größte Angst vieler Altbetreiber vorerst gebannt; sie haben bei nahtlosem (geduldetem oder gerichtlich durch Eilverfahren begehrtem) Fortbetrieb nicht zu befürchten, dass nun erstmals Kinder- und Jugendeinrichtungen von den Behörden in den derzeitigen Erlaubnisverfahren als absolutem Ausschlussgrund Berücksichtigung finden müssen.
Zudem habe der VGH festgestellt, dass eine verzögerte Bearbeitung von Anträgen durch Spielhallenbetreiber seitens der Behörden nicht zu einer Zäsur führen dürfe. Dies ist insofern maßgeblich, als eine durchgehende, vor Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes erfolgte Genehmigung Voraussetzung ist, um unter den Bestandsschutz zu fallen.
Weiterhin unterstreiche der Beschluss einmal mehr, dass bei Weiterbetrieb einer Spielhalle bei aktiver behördlicher Duldung keine Strafbarkeit vorliege. Immer wieder komme es aktuell zu Anzeigen gegen Spielhallenbetreiber, über deren Genehmigungsanträge noch nicht entschieden sei.
Jahrelanges Ringen um Spielhallen-Mindestabstände
Die Abstandsregelungen für Spielhallen sorgen in Baden-Württemberg bereits seit Jahren für Spannungen. Im Februar ratifizierte der Stuttgarter Landtag den Glücksspielstaatsvertrag 2021. In diesem Rahmen wurde auch das Landesglücksspielgesetz angepasst.
Dieses bekräftigt erneut den bereits seit 2012 vorgeschriebenen 500-Meter-Mindestabstand von Spielhallen untereinander und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen.
Schätzungen der Industrie zufolge würde die rigorose Umsetzung der Abstandsregelung das Aus für rund 80 % der 1.800 Spielhallen in Baden-Württemberg bedeuten. Damit seien ca. 8.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Aktuell befindet sich eine Vielzahl von potenziell betroffenen Betreibern noch im Genehmigungsverfahren, bzw. beschreitet den juristischen Weg, um der Schließung zu entgehen.
Bislang profitierten etablierte Spielhallenbetreiber von einer Übergangsfrist. Diese lief zum 30. Juni dieses Jahres aus. Sowohl die Automatenindustrie als auch Teile der Opposition hatten wiederholt heftige Kritik an den nun einzuhaltenden Vorgaben geäußert.
Was genau das jüngste VGH-Urteil für die Genehmigungspraxis und somit die Zukunft der Bestandsspielhallen in Baden-Württemberg bedeutet, ist unklar. So schränkten die Richter zwar die Interpretationsmöglichketen der entsprechenden Passagen des Landesglücksspielgesetzes ein, einen Freifahrtschein stellten sie den Betreibern jedoch nicht aus. Ein Ende des juristischen Tauziehens ist somit vorerst weiterhin nicht in Sicht.