Wird nur der Schwarzmarkt von einer 5,3 % Steuer auf Spieleinsätze profitieren?
Bund und Länder bereiten sich seit Monaten intensiv auf das Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages und die damit einhergehende Legalisierung des Online-Glücksspiels vor. Ein Aspekt sorgt dabei für besonders großen Aufruhr: die geplante Steuer auf die Einsätze für Online-Glücksspiele.
Gemäß dem auf den 26.03.2021 datierten Gesetzesentwurf des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes soll der Steuersatz für virtuelle Automatenspiele und Online-Poker künftig bei 5,3 % auf alle Spielereinsätze liegen. In einer früheren Version des Entwurfs war sogar von 8 % die Rede.
Der Schwarzmarkt als einziger Profiteur?
Wie die Zeitung WELT am Mittwoch berichtet hat, sei der Gesetzesentwurf vom Bundeskabinett mittlerweile auf den weiteren Gesetzesweg gebracht worden. Vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Juli müsse das Gesetz zwingend verabschiedet werden, da andernfalls gar keine Steuern erhoben werden könnten.
Während die Länder durch die neue Steuer Zusatzeinnahmen von 365 Mio. Euro jährlich erwarteten, sei die betroffene Glücksspielbranche der Ansicht, dass diese Rechnung nicht aufgehen könne.
Der Chef eines auf Malta ansässigen Online-Casinos habe gegenüber der Welt von einer „Realitätsverweigerung der Politik“ gesprochen. Die einzige realistische Folge der neuen Steuer sei ein weiterer Zuwachs des Schwarzmarktes.
Für internationale Glücksspiel-Anbieter, die auf eine Lizenz in Deutschland hoffen, stellt die neue Steuer auf die Spielereinsätze ein Novum dar. So werden in anderen Gesetzgebungen, in denen das Online-Glücksspiel legal ist, bspw. Großbritannien, Malta oder Schweden, Steuern auf die Bruttoglücksspielumsätze (GGR) der Betreiber gerechnet. Die Spielereinsätze bleiben unberührt.
Während eine derartige Besteuerung laut Branchenexperten üblich und gut tragbar sei, stelle die Besteuerung von Spielereinsätzen ein großes Problem dar, welches sich mathematisch leicht aufzeigen lasse. Die durchschnittlichen Auszahlungsquoten von Online-Spielautomaten bewegten sich je nach Entwickler zwischen 94 und 98 %.
Bei einer Steuer von 5,3 % müssten die Auszahlungsquoten in jedem Fall bei unter 94,7 % liegen, um einen direkten Verlust abzuwenden. Um wie bisher Profite verbuchen zu können, müssten Anbieter die Quoten jedoch noch deutlich weiter senken. Aus Sicht der Spieler verlören die legalen Spiele somit ihre Attraktivität.
Dass die Besteuerung der Spielereinsätze der falsche Ansatz sei, kritisiert auch der Deutsche Sportwettenverband (DSWV). Die vielen im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Restriktionen hätten bereits jetzt bei all jenen Anbietern, die sich im Rahmen der seit Oktober geltenden Übergangsphase an sie hielten, zu einer Abwanderung der Spieler um 54 % geführt. Eine zusätzliche Steuer, die die Attraktivität ihrer Angebote weiter senke, sei womöglich das Aus.
Bund und Länder weitgehend für die Steuer
Auch in der Politik sei man sich dieser Risiken teilweise bewusst. Laut Welt seien jedoch nur wenige Länder gegen die Steuer. Der größte Gegenwind sei zuletzt aus Schleswig-Holstein gekommen. Dirk Schrödter, der Chef der Kieler Staatskanzlei, sagte:
Es ist davon auszugehen, dass ein ‚Draufsatteln‘ von zu hohen Steuern eine Überregulierung zur Folge hat, mit dem Effekt, dass die gewünschte Kanalisierung in den legalen Markt mit seinen dann klaren Anforderungen an Spieler- und Jugendschutz gefährdet wird.
Bei der Abstimmung über den Entwurf zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes habe sich Schleswig-Holstein dann jedoch enthalten. Einwände seien zudem zwar auch in Sachsen geäußert worden, allem Anschein nach hätten diese aber kaum Beachtung gefunden.
So sehe ein Großteil der Bundesländer grundlegend keinen Änderungsbedarf in Bezug auf die Einsatzsteuer von 5,3 %. Laut Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sei der Steuersatz sogar zu niedrig angesetzt.
Auch die Bundesregierung sei mit dem Entwurf zufrieden. Eine weitere Modifizierung auf Druck der Branche sei unwahrscheinlich, habe die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Antje Tillmann, erklärt. Sollte sich jedoch zeigen, dass die Kanalisierung tatsächlich an der Steuer scheitere, „werde man noch mal sprechen müssen“, so Tillmann.