Sogenannte „Scharia-Polizei“ in Wuppertal zu Geldstrafen verurteilt
In Wuppertal ist es im Prozess um die „Sharia Police“ gestern zu Verurteilungen wegen des Verstoßes gegen das Uniformierungsverbot gekommen. Sieben Männer waren im Jahr 2014 in Wuppertal mit Warnwesten mit der Aufschrift „Sharia Police“ durch die Stadt gezogen, um Muslime vom Glücksspiel fernzuhalten und andere Verbote der Scharia durchzusetzen. Zunächst waren die Männer 2016 freigesprochen worden.
Das Landgericht Wuppertal hat vier der Angeklagten nun wegen Verstoßes gegen das Uniformierungsverbot, die anderen drei wegen Beihilfe schuldig gesprochen. Sie wurden zu Geldstrafen in einer Höhe zwischen 300 und 1.800 Euro verurteilt.
Warnung vor Glücksspiel, Alkohol und Musik
Im September 2014 waren die Männer, die heute zwischen 27 und 37 Jahre alt sind, in orangefarbenen Westen mit der Aufschrift „Shariah Police“ durch Wuppertal gelaufen und hatten Flyer verteilt, auf denen „Shariah Controlled Zone“ (übersetzt Scharia-kontrollierte Zone) zu lesen war und auf denen Regeln aufgelistet waren, an die Muslime sich zu halten hätten.
Als Scharia wird das islamische Rechtssystem bezeichnet. Scharia umfasst die Gesamtheit der Gesetze und Regeln, die auf dem Koran, der Überlieferung, aber auch der Auslegung von Theologen und Juristen beruhen.
Da bei der Auslegung durch verschiedene Rechtsschulen teilweise erhebliche Unterschiede existieren, gibt es auch bei der Anwendung der Scharia erhebliche Differenzen und die Scharia ist bisher in keinem Land vollständig angewandt worden. Selbst in Ländern, die sich für die volle Wiedereinführung der Scharia ausgesprochen haben, wird diese nur zum Teil praktiziert.
Die Wuppertaler „Scharia Polizei“ wollte ortsansässige Muslime durch ihr Auftreten unter anderem davon abhalten, Casinos oder Bordelle zu besuchen oder Alkohol und Drogen zu konsumieren. Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten eine unzulässige Uniformierung vor, die einschüchternd wirken sollte. Initiiert hatte die Aktion der ehemalige Salafistenprediger Sven Lau, der nun als Zeuge geladen worden war.
Johannes Pinnel vom Landgericht Wuppertal, berichtete:
„Er war ursprünglich mitangeklagt, das Verfahren gegen ihn ist aber eingestellt worden, und zwar deshalb, weil er bereits rechtskräftig zu einer anderen, größeren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.“
Sven Lau sagte im Prozess gegen die „Scharia Polizei“ als Zeuge aus. (Bild: Wikipedia)
Sven Lau hatte sich im Jahr 2016 wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor Gericht verantworten müssen und war zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Zur selben Zeit hatte der erste Prozess gegen die „Scharia Police“ stattgefunden, bei dem die Männer zunächst freigesprochen worden waren. Das Gericht hatte die Aktion damals nicht als bedrohlich eingestuft.
Die Staatsanwaltschaft hatte auf die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal hin Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt. Sie war der Auffassung gewesen, dass mit der Aufschrift „Shariah“ der Rechtsauffassung der Scharia zugestimmt werde. Der Zusatz „Police“ dagegen drücke den Willen der Angeklagten aus, diese auch durchsetzen zu wollen.
Mit Urteil vom Januar 2018 hatte der Bundesgerichtshof den Freispruch der „Scharia Polizei“ daraufhin aufgehoben und es war in der vergangenen Woche zur erneuten Verhandlung am Landgericht Wuppertal gekommen.
Sven Lau negiert Einschüchterungsversuche
Mittlerweile auf Bewährung entlassen, sprach Sven Lau, der sich inzwischen von seiner radikal-islamischen Haltung distanziert habe, nun im Zeugenstand von einer spontanen Aktion. Vor Diskotheken habe man junge Männer vor Glücksspiel, Musik und Alkohol warnen und sie in die Moschee einladen wollen. Einschüchterungen seien nicht beabsichtigt gewesen.
Johannes Pinnel zu den Aussagen Laus:
„Der Zeuge hat unter anderem gesagt, dass die Idee mit den Warnwesten von ihm gekommen sei. Er habe Wert darauf gelegt, dass nicht der Aufdruck ‚Polizei‘ verwendet wird, sondern ‚Shariah Police‘. Er hat angegeben, er sei der Auffassung gewesen, sich damit nicht strafbar zu machen.“
Der vorsitzende Richter, Holger Jung, sah eine einschüchternde Wirkung jedoch als gegeben an. Er ging davon aus, dass die „Shariah Police“ einen „suggestiv-militanten Effekt“ erziele. Es sei bewusst ein Bezug zu den militanten Gruppen aus dem Nahen Osten hergestellt worden.
Während die Politik harte Strafen gefordert habe, stehe jedoch nur ein Bagatellstrafrahmen zur Verfügung. Zugute sei den Angeklagten zu halten, dass nicht sie die Initiatoren der Aktion gewesen seien, sondern Sven Lau.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hat bereits angekündigt, Revision einlegen zu wollen.