Schwedisches Gerichtsurteil: Illegales Online-Casino muss Spielsüchtigem keine Verluste erstatten
In Schweden hat ein Spielsüchtiger einen Rechtsstreit gegen die BML Group, ein Tochterunternehmen des Glücksspielkonzerns Betsson AB, verloren. Wie die schwedische Jura-Fachzeitschrift Dagens Juridik am Montag berichtet hat [Seite auf Schwedisch], habe der 54-Jährige versucht, seine Einsätze in Höhe von 15 Mio. Euro zurückerstattet zu bekommen.
Das zuständige Patent- und Marktgericht (PMD), ein zum Bezirksgericht Stockholm gehöriges Sondergericht, habe nun jedoch zugunsten des Glücksspiel-Anbieters geurteilt. Die Behauptung des Klägers, dass die BML Group ihre Online-Casinos in Schweden zu jener Zeit ohne schwedische Lizenz, und somit illegal, betrieben habe, sei zwar zutreffend, in diesem Fall jedoch nicht relevant.
Auch in Deutschland versuchen Kläger immer wieder, vor Gericht die Rückerstattung ihrer verlorenen Einsätze aus dem illegalen Online-Glücksspiel zu erstreiten. Seit ein paar Jahren werben deutsche Anwälte vermehrt dafür, „geschädigte Spieler“ dabei zu unterstützen. Die Chancen auf Erfolg seien groß, heißt es immer wieder. Während die Klagen im Vorfeld oft für großen medialen Wirbel sorgen, scheint es tatsächlich jedoch nur selten zu Urteilen zugunsten der Kläger zu kommen.
Eine Ausnahme stellte jüngst jedoch ein Urteil des Landgerichts Gießen dar. Der Kläger hatte im „Casinoclub“, einem vom britischen Glücksspielkonzern Entain betriebenen Online-Casino, knapp 12.000 Euro verspielt. Das Gericht entschied, dass der Glücksspiel-Anbieter diesen Betrag zurückerstatten müsse, da die Spiele in Deutschland ohne Lizenz angeboten worden seien.
Der Kläger sei von 2009 bis 2014 Kunde bei einem zur BML Group gehörigen Online-Casino gewesen sein. Dort habe er mit hohen Geldbeträgen gespielt, die er vor allem aus seiner eigenen Firma bezogen habe. Von den 15 Mio. Euro, die er insgesamt umgesetzt habe, habe er 700.000 Euro verloren.
Das Unternehmen, das er sich über 20 Jahre lang aufgebaut habe und dessen alleiniger Inhaber er gewesen sei, sei mittlerweile aufgrund seiner Spielsucht bankrott.
Hätte das Casino die Spielsucht erkennen müssen?
Den Casino-Betreibern habe der Kläger daher vorgeworfen, dass sie seine Spielsucht anhand des exzessiven Glücksspiels mit hohen Geldbeträgen hätten erkennen müssen.
Stattdessen jedoch habe er immer wieder „aggressive Werbung“ vom Casino erhalten, sobald er sein Glücksspiel für ein paar Jahre eingeschränkt habe. Das Casino habe ihm gezielt personalisierte Werbung und exklusive Bonusangebote per E-Mail und SMS zugeschickt.
Am 14. Oktober 2014 habe er schließlich einen Selbstausschluss aus dem Online-Casino beantragt. Die Sperre sei zwei Wochen später aktiviert worden. Anschließend habe der Mann sich medizinische Hilfe gesucht und ein Psychologe habe seine Spielsucht offiziell attestiert.
Das Gericht habe die Auffassung des Klägers dennoch nicht geteilt. Im Urteil heiße es:
Obwohl die Untersuchungen gezeigt haben, dass die BML Group die Glücksspiel-Aktivitäten in gewissem Maße nachverfolgen konnte, konnte nicht nachgewiesen werden, dass das Unternehmen in Kenntnis [über die Spielsucht des Mannes; Anm. d. Verf.] gewesen sei. Das Marketing kann daher nicht als aggressiv angesehen werden.
Das Unternehmen müsse daher weder die verlorenen Gelder zurückzahlen noch Schadensersatz für die „körperlichen und geistigen Leiden“ des Mannes leisten.
Kläger muss Gerichtskosten und Entschädigung zahlen
Nach Ansicht der Gegenseite seien die Forderungen des Mannes unangemessen gewesen. Statt seine reinen Verluste von 700.000 Euro zurückzufordern, habe er den Betrag seines Gesamtumsatzes von 15 Mio. Euro plus Zinsen und Schadensersatz erstreiten wollen.
Einen Großteil seiner Einsätze und Gewinne habe er sich aber wieder auszahlen lassen können. Die Differenz von 700.000 Euro sei ein „normaler Verlust“ beim Glücksspiel mit derart hohen Beträgen.
Jetzt jedoch gehe der Kläger nicht nur leer aus, sondern er müsse, da er den Rechtsstreit verloren habe, auch die Gerichtskosten tragen. Darüber hinaus müsse er dem Casino gegenüber eine Aufwandsentschädigung leisten.
Aufgrund des hohen Klagewertes beliefen sich die Kosten auf insgesamt auf 2,08 Mio. SEK (umgerechnet 205.245 Euro). Ob der Kläger bei der nächsthöheren gerichtlichen Instanz in Revision gehen könnte, ist derzeit nicht bekannt.