Schweden 2020: Politiker bremsen den jungen Glücksspiel-Markt
Im internationalen Vergleich sind in Schweden in diesem Jahr nur wenige Corona-Maßnahmen ergriffen worden. Während Casinos, Spielhallen und Wettbüros in fast allen Ländern der Welt monatelang schließen mussten, blieben Schwedens Spielstätten weitgehend geöffnet.
Umso überraschender kam Ende April die Entscheidung der schwedischen Regierung, eine Reihe drastischer Restriktionen für das Online-Glücksspiel einzuführen:
- Jeder Spieler sollte maximal 5.000 SEK (489 Euro) pro Woche einzahlen dürfen.
- Der Willkommensbonus bei Online-Anbietern sollte auf 100 SEK (9,80 Euro) begrenzt werden.
- Spieler sollten vor jedem Spiel ein Zeitlimit festlegen.
Schwedens Sozialversicherungsminister, Ardalan Shekarabi, begründete die Restriktionen mit der Sorge, dass die Pandemie zu einem Anstieg der Spielsucht durch Online-Glücksspiel führen könnte.
Die Glücksspielindustrie reagierte mit großem Unverständnis. Zum einen sei die Schlussfolgerung des Ministers angesichts der nur geringen Einschränkungen im landbasierten Sektor unstimmig.
Zum anderen habe es zu keinem Zeitpunkt Hinweise darauf gegeben, dass der legale Online-Glücksspiel-Sektor zur Entwicklung von Spielsucht beitrage, so der Branchenverband BOS.
Aus wirtschaftlicher Sicht blieb Schwedens legaler Glücksspielmarkt in diesem Jahr weitgehend stabil. Laut dem jüngsten Zwischenbericht, der die ersten drei Quartale 2020 umfasst, hat der Markt insgesamt 17,898 Mrd. SEK (1,75 Mrd. Euro) Nettoumsatz generiert.
Im Vorjahreszeitraum lag der Gesamtumsatz bei 18,132 Mrd. SEK (1,77 Mrd. Euro). Die Umsätze aus dem Online-Glücksspiel (Casino und Sportwetten) sind im selben Vergleichszeitraum von 10,381 Mrd. SEK (1,01 Mrd. Euro) auf 10,955 Mrd. SEK (1,07 Mrd. Euro) gestiegen.
Regulierungschaos: Glücksspiel-Verband in Aufruhr
Kurz vor dem Inkrafttreten der drei Regelungen am 2. Juli erklärte die Regierung schließlich den Bereich der Online-Pferdewetten zu einer Ausnahme. Wieder übte der Branchenverband harsche Kritik. So seien Pferdewetten schließlich über den Monopolisten Trav och Galopp in staatlicher Hand.
Der Staat schütze mit der Ausnahme also die eigenen Finanzen, während er die privaten Anbieter ihrem Schicksal überlasse, so der Vorwurf. Kurz darauf wurden alle Sportwetten-Anbieter von den neuen Restriktionen ausgenommen. Doch dies schien nur für noch mehr Verunsicherung zu sorgen.
So fragten sich viele Anbieter, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie sowohl Online-Casinos als auch Sportwetten betreiben. Eine klare Antwort seitens der Regierung scheint es darauf noch immer nicht gegeben zu haben.
Legale Online-Casinos: Wie gewonnen, so zerronnen?
In puncto Online-Casino blieb die schwedische Regierung durchweg auf ihrer Linie. Zunächst sollten die Einschränkungen bis Ende dieses Jahres gelten. Anfang Dezember verlängerte die Regierung diese schließlich bis mindestens Ende Juni 2021.
Seit Monaten versuchte der Glücksspielverband, mit Argumenten und Studien [Seite auf Schwedisch] für ein Umdenken in der Politik zu sorgen. Doch der Verband kämpft gegen Windmühlen.
Mitte Dezember reichte die staatliche Glücksspielmarkt-Kommission (Spelmarknadsutredningen) bei der Regierung einen Abschlussbericht ein, der Empfehlungen für weitere Restriktionen, insbesondere in Bezug auf Glücksspielwerbung, beinhaltete.
Gustaf Hoffstedt, der Geschäftsführer des BOS, kommentierte:
Den lizenzierten Glücksspielfirmen zu verbieten, schwedischen Kunden gegenüber Werbung für ihre Produkte zu machen und somit den unlizenzierten Anbieter freie Bahn zu lassen, für ihre Angebote zu werben, ist ein schlechter Vorschlag. Dies führt nur zu verringertem Spielerschutz und wird den schwedischen Glücksspielmarkt ausradieren.
Und erneut erinnerte der Verband daran, dass die Regierung durch ihre Maßnahmen ihr ursprüngliches Ziel der Kanalisierung von Spielern auf den legalen Glücksspielmarkt massiv gefährde.
Während die Regierung vor Einführung der Restriktionen mit einer Kanalisierung von 72 – 78 % noch auf einem guten Weg gewesen sei, ihr Ziel von 90 % zu erreichen, sei nun davon auszugehen, dass die Prozentzahlen drastisch und kontinuierlich sinken werden.