Freitag, 22. November 2024

PokerStars plant Verbot von Seating Scripts

Poker online|Daniel Negreanu am Pokertisch|Pokertisch und Mann

Der Online-Pokeranbieter PokerStars plant die Einführung eines Verbots von Seating Scripts. Wie das Unternehmen in einem Statement gegenüber Poker Industry Pro bestätigte, soll jede Software verboten werden, die Spielern dabei hilft, Tische nach Profilen von Gegnern zu filtern, zu finden und automatisch an diesen positioniert zu werden.

Mit dem Schritt will das Unternehmen das Spielerlebnis von Freizeitspielern verbessern und die Integrität des Spiels schützen. Die Änderungen sollen laut unbestätigter Meldungen ab 01. März 2019 in Kraft treten.

Was sind Seating Scripts?

Seating Scripts sind Programme, die beim Online-Poker die Aufgabe haben, das Auffinden eines passenden Tisches zu vereinfachen.

Pokerspieler können die Software unter anderem so einstellen, dass sie die Lobby einer Online-Pokerseite nach Tischen durchsucht, an denen eine bestimmte Zahl von Händen pro Stunde gespielt wird, der Pot eine gewisse Durchschnittsgröße besitzt. Das Programm kann auch die Statistiken der Spieler indizieren, um schwache Gegner auszumachen.

Die Anwendungen versprechen Spielern eine höhere Gewinnrate und weniger Varianz.

Das sagt die Online-Poker-Community zum angekündigten Verbot

In der Online-Poker-Community wird das Thema Seating Scripts seit Jahren heiß diskutiert. Während professionelle Online-Spieler an den Tischen fast jede legale Software begrüßen, die ihre Gewinnrate erhöht, können Seating Scripts das Spielerlebnis für Amateure negativ beeinflussen.

Daniel Negreanu am Pokertisch

Daniel Negreanu ist für das Verbot. (Quelle: Wikipedia)

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Spieler am Tisch häufig aussetzen, weil ein schwacher Spieler gerade pausiert.

PokerStars-Pro Daniel Negreanu machte sich unlängst Luft gegen die Seating Scripts, die nach Ansicht des Poker-Hall-of-Famers den Charakter des Spiels veränderten.

Auch in den Online-Pokerforen wird das angekündigte Verbot nicht nur negativ aufgenommen. Viele „Regulars“ (reguläre Spieler) bemängeln schon seit langer Zeit das sogenannte „Bum-Hunting“, bei dem Spieler ausschließlich an Tischen spielen, an denen sich schwächere Gegner befinden.

Sie argumentieren, dass Online-Poker auf diese Weise langfristig seiner natürlichen Grundlage beraubt wird: Einzahlungen von neuen Spielern, die aus Lust und Laune an die Tische kommen und Spaß beim Spiel erleben wollen.

Kritisch bewerten hingegen jene den Schritt, die schon seit längerem vom Online-Poker leben und in den letzten Jahren eine Erschwerung ihrer Arbeitssituation erleben mussten.

In der jüngeren Vergangenheit kam es nicht nur zu einer Aufsplittung von internationalen Spielerpools, die sich auf die Zahl der Online-Games auswirkte, sondern die Rake-Struktur – der Betrag, den das Haus von jedem gespielten Pot kassiert – hat sich zum Nachtteil der Spieler entwickelt.

Gewinnraten schrumpften unter diesen Umständen und Online-Poker wurde für viele Spieler, die einst professionell pokerten, unprofitabel.

Diejenigen, die heute noch den Pokertisch ihr Büro nennen, befürchten, dass durch das Verbot ein weiterer Vorteil gegenüber den „Fischen“ (Freizeitspielern und Amateuren) verloren geht.

Weniger Zeit zum Nachdenken

PokerStars plant in näherer Zukunft nicht nur Seating Scripts zu verbieten, sondern kündigte am Mittwoch via Twitter an, die Zeit für Entscheidungen am Tisch reduzieren (Link auf Englisch) zu wollen.

Diese Meldung könnte Spielern sauer aufstoßen, die sich in einer Hand genug Zeit lassen wollen, eine durchdachte Entscheidung zu treffen.

Offene Pokertische

Der passende Platz am Tisch kann viel zur Winrate beitragen. (Quelle: Flickr)

Die Änderungen, die bereits an allen Tischen mit Einsätzen zwischen $0.01/$0.02 und $0.10/$0.25 implementiert wurden, sind weitreichend.

So hat ein Spieler vor dem Flop ohne Erhöhung nur noch 10 statt bisher 18 Sekunden Zeit, um zu handeln. Wurde vor dem Flop erhöht, hat ein Spieler nach den neuen Regeln 15 statt 25 Sekunden Zeit, um eine überlegte Entscheidung zu treffen.

Die Bedenkzeit auf Flop, Turn und River verkürzt sich von 25 Sekunden auf 15 Sekunden.

Für alle Tische über einem Einsatz von $0.10/$0.25 wird die verkürzte Bedenkzeit am 5. Februar 2019 eingeführt.

Der Online-Poker-Anbieter beabsichtigt mit der Verkürzung die Anzahl der gespielten Händen pro Stunden zu erhöhen. Bei einem Test seien durch die Verkürzungen insgesamt 9 % mehr Hände gespielt worden.

Ein profitables Ergebnis für PokerStars, immerhin bedeutet eine steigende Handanzahl pro Stunde fast automatisch gesteigerte Einnahmen durch Rake.

PokerStars baut auf neue Spieler

Von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus scheint PokerStars` Plan, eine spielerfreundliche Umgebung für Freizeitspieler schaffen zu wollen, folgerichtig.

Ein System, in dem nur Regulars gegeneinander spielen, wäre wohl auf längere Sicht nicht ausreichend, um sich den wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft zu stellen.

Um neue Freizeitspieler an die Tische zu locken, baut PokerStars auf Innovation. So führte der größte Online-Pokerraum der Welt in der Vergangenheit immer wieder neue Pokervarianten ein, um Spieler anzuziehen.

Beispielsweise führte das Unternehmen im Januar 2019 das Cashgame-Format „6+ Hold´em“, das Spielern mehr Action als reguläres No Limit Hold´em bieten soll.

Ob die Neuerungen den Spielern, die seit Jahren Rake an PokerStars zahlen und bald keine Seating Scripts mehr nutzen dürfen, ausreichen, um der Seite weiterhin treu zu bleiben, wird die Zukunft zeigen.