USA: Skurrile Sportwetten auf vergangene Events
In dieser Woche diskutierte der US-Bundesstaat Nebraska erneut über eine geplante Neuerung im Bereich Sportwetten. Dort soll es nämlich künftig sogenannte historische Wettterminals geben, bei denen Wetten auf vergangene Pferderennen abgegeben werden können. Was zunächst seltsam klingt, ist anderswo in den USA schon seit längerem beliebt.
Gegenwart nicht profitabel genug
Die US-Landschaft des Glücksspiels und der Sportwetten ist komplex und in stetigem Wandel. Jeder einzelne Bundestaat hat seine sehr spezifischen Gesetze und während sich einige den Märkten gegenüber offen zeigen, hängen andere an alten Richtlinien oder seltsamen Beschränkungen fest.
Der Bundesstaat Nebraska im Herzen der Vereinigten Staaten sorgte in dieser Woche für Wirbel in seiner einzigen legalen Glücksspielaktivität: den Pferderennen von Grand Island und Omaha.
Profit in der Branche sinkt. (Bild: pexels.com)
Wie die Nebraska State Racing Commission schon seit längerem beklagt, sei die Pferderennindustrie zunehmend weniger profitabel geworden.
Im letzten Jahr konnten umgerechnet nur noch 56 Mio. Euro erwirtschaftet werden, knapp 5,3 Mio. weniger als im Jahr davor.
Auch die Zahl der Züchtungen ging in den letzten Jahren rapide zurück. Waren es im Jahr 1985 noch 745 Pferde, so sank die Zahl im Jahr 2018 auf lediglich 27. Dementsprechend sind für dieses Jahr weniger als 60 Renntage geplant.
Der Industrie fehlen die finanziellen Mittel und eine Ursache ist ohne Zweifel im Verbot von Sportwetten mit offiziellen Buchmachern zu finden. In der Tat ist nur eine Art von Sportwetten in Nebraska zulässig, und das sind die sogenannten Totalisatorenwetten (pari-mutuel bets).
Im Jahr 1934 hatte die staatliche Verfassung diese bereits erlaubt. Seither jedoch gab es keinerlei neue Gesetze, die dem Glücksspiel den Weg ebnen sollten.
Totalisatorenwetten unterscheiden sich beträchtlich von gewöhnlichen Sportwetten, die zwischen Wettabgeber und Buchmacher festgelegt werden. Totalisatorenwetten gehören vielmehr zu den Poolwetten. Die Quoten und Gewinnausschüttungen hängen also von der Anzahl der Teilnehmer und der Summe aller abgegebenen Wetten ab.
Totalisatorenwetten gibt es nur im Zusammenhang mit Pferderennen, wobei die Veranstalter jedoch lediglich als Verwalter des Wettpools fungieren und nicht direkt finanziell von den Wetten profitieren. Ein Teil der Einnahmen kommt jedoch gemeinnützigen Zwecken zugute und unterstützt den Erhalt der Rennstrecken und die medizinische Behandlung der Pferde.
Dem Verfall der Industrie entgegenwirken sollen nun Spielautomaten-ähnliche Wettterminals, an welchen Spieler Wetten auf Pferderennen abgeben können. Das Kuriose dabei: es handelt sich nicht um bevorstehende Rennen oder Live-Rennen, sondern um vergangene Events.
Was sind historische Wettterminals?
In Nebraska gibt es zwei berühmte Rennstrecken, den Horsemen’s Park in Omaha und den Fonner Park in Grand Island. Auf letzterer sollen nun insgesamt 50 der Terminals aufgestellt werden, um den Zuschauern vor Ort eine neue Form des Glücksspiels bieten zu können.
Die Geräte verfügen über eine Datenbank mit mehr als 10.000 vergangenen Events. Der Wettende weiß jedoch nicht, um welches vergangene Rennen es sich handelt, wenn er seine Wette abgibt. Die einzigen Hinweise sind Handicap-Informationen über die Pferde und Jockeys.
Sobald die Wette platziert ist, kann per Knopfdruck das Ergebnis angezeigt werden und der Wetter weiß, ob er gewonnen oder verloren hat. Die Terminals haben eine durchschnittliche Auszahlungsquote von 92 %. Das restliche Geld soll den Rennstrecken und der Pferderennindustrie zugute kommen.
Wie funktionieren diese Terminals? (Bild: wikimedia.org)
Die Betreiber der Rennstrecken sowie die Nebraska Racing Commission befürworten die Einführung der Terminals. Chris Kotulak, der Betriebsleiter des Fonner Parks betonte, dass auch die Züchter und die Pferde direkt von den Einnahmen profitieren würden.
Doch so groß die Unterstützung der Veranstalter und Regulatoren auch ist, können diese keine gesetzliche Entscheidung treffen. Allein die Legislative kann die endgültige Entscheidung fällen. Alternativ darf auch die Bevölkerung selbst entscheiden, wenn ein entsprechendes Referendum zur Wahl gestellt wird.
Kräftiger Gegenwind von mehreren Seiten
Der aktuelle Kampf um die historischen Wettterminals ist in Nebraska bereits der dritte Anlauf, den Bereich der Sportwetten ein wenig auszuweiten. So gab es in den vergangenen Jahren ein richtungsloses Hin und Her, doch letztendlich fiel das letzte Wort immer gegen die Terminals.
Im Jahr 2012 wurde erstmals durch die Legislative Nebraskas ein Gesetz verabschiedet, welches die Terminals erlauben sollte. Doch noch bevor das Gesetz in Kraft treten konnte, sprach der damalige Gouverneur Dave Heinemann ein Veto aus, da dieses verfassungswidrig sei.
Gouverneur Ricketts ist nocht nicht von den Terminals überzeugt. (Bild: wikimedia.org)
Zwei Jahre später wurde an der betreffenden Stelle der Verfassung ein Zusatzartikel eingefügt und die Bevölkerung sollte per Referendum [Seite auf Englisch] eine Entscheidung fällen. Doch auch dazu kam es nicht, denn der Oberste Gerichtshof von Nebraska urteilte, dass das Referendum nicht präzise genug sei und zusammenhangslose Punkte beinhalte.
Auch der aktuelle Gouverneur Pete Ricketts, der dafür bekannt ist, gegen die Liberalisierung des Glücksspiels zu sein, wird nur schwer von den Terminals zu überzeugen sein.
Die lautesten Gegenstimmen kommen jedoch von zwei voneinander unabhängigen und sehr bekannten Organisationen Nebraskas. Eine davon ist die Nebraska Family Alliance, eine religiöse Organisation, die sich als „Pro-Leben“ und „Pro-Familie“ bezeichnet und sich unter anderem gegen Abtreibungen und Scheidungen positioniert.
Am 16. Januar veranstaltete die Alliance eine öffentliche Anhörung zum Thema, um sich gegen die Terminals auszusprechen. Unterstützt wurde dies wiederum von der Organisation „Gambling With the Good Life“, die im gesamten Staat bereits seit 20 Jahren gegen jedwede Form von Glücksspiel kämpft. 2008 hatte diese sogar den Bau eines Casinos verhindern können.
Andere Staaten erlauben die Terminals
In wenigen anderen US-Bundesstaaten sind die historischen Wettterminals bereits legal. Dabei handelt es sich um Oregon, Wyoming, Kentucky und ein County in Alabama.
Interessant ist dabei insbesondere der Bundesstaat Kentucky, in dem jede sonstige Form von Sportwetten noch immer illegal ist. Doch der Staat war US-weit der erste, der die Terminals aufstellte und hatte dabei dieselben Motive wie derzeit Nebraska.
Den Pferdezüchtern fehlten die finanziellen Anreize und die gesamte Industrie sah sich in ihrer Existenz gefährdet. Durch die Aufstellung der Geräte konnten sich die Rennstrecken und Züchter etwas erholen. Gleichzeitig erwiesen sich die Terminals als äußerst beliebt bei den Besuchern der Rennstrecken.
Erst letzte Woche hatte auch der Bundesstaat North Dakota ein Gesetz verabschiedet, welches die Terminals erlauben soll. Allerdings muss dieses nun noch vom Senat abgesegnet werden.
In naher Zukunft ist damit zu rechnen, dass weitere US-Bundesstaaten sich dieser speziellen Art von Sportwetten zuwenden werden. Gerade jene Staaten, in denen Pferderennen, nicht aber Sportwetten an sich erlaubt sind, könnten bald Interesse zeigen.