Geldwäsche in Österreich: Die Mafia und die Online-Wetten
Die italienische Mafia arbeitet im Verborgenen – und im Internet. Milliardengewinne aus Geschäften mit Online-Sportwetten werden oft im benachbarten Österreich gewaschen.
Österreich: Geldwäsche in der Alpenrepublik
Die Alpenrepublik hat sich über die Jahre zu einer gut funktionierenden Waschmaschine für die Gelder des italienischen organisierten Verbrechens entwickelt. Insbesondere Erlöse aus Online-Glücksspiel-Plattformen finden ihren Weg nach Österreich und von hier aus zurück zu den Paten in Italien.
Wien: Waschmaschine der organisieren Kriminalität? (Quelle:pixabay.com/ernschie, licensed under CC0)
Über vier Milliarden Euro sollen in den vergangenen Jahren über Online-Wetten an die Mafia geflossen sein. Davon gehen Ermittler aus, die im Zuge großangelegter Aktionen dem Weg des Geldes folgen.
So deckten Fahnder beispielsweise bei der „Operazione Galassia“ ein international agierendes System verschiedener Online-Wettanbieter auf, hinter denen zweifelsohne Mitglieder des organisierten Verbrechens standen.
Mithilfe von Scheinfirmen, Strohmännern und eigens eingerichteten Stiftungen gelang es ihnen in Österreich über Jahre, „schmutziges“ Geld in „sauberes“ zu verwandeln.
La Mafia non esiste – Es gibt sie nicht, die Mafia
„La Mafia non esiste“, „Es gibt sie nicht, die Mafia“, ist noch immer das Motto vieler, die die Existenz der „ehrenwerten Gesellschaft“ lieber totschweigen möchten. Die „Omertà“, das Gesetz des Schweigens, ist keine Erfindung der Filmemacher, im Gegenteil:
Wer über ’Ndrangheta, Cosa Nostra oder Sacra Corona Unita spricht oder ihnen zu nahekommt, lebt gefährlich. Und oft nicht mehr sehr lang.
Die Ursprünge der Mafia lassen sich bis ins Sizilien des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Man geht davon aus, dass sie sich aus den sogenannten „Gabelloti“ entwickelte, der Schicht der Großgrundbesitzer, die ihren Pächtern gegen Abgabe eines Teils der Ernte Sicherheit versprachen.
Ein System, dass sich über die Jahre bis heute zur Vorgehensweise bei der Schutzgelderpressung entwickelte.
Als in der Folge der Einigung Italiens Mitte des 19. Jahrhunderts die Gesetze Roms auch für die Sizilianer gelten sollten, konnten die Gabelloti ihre Macht ausbauen. Die Süditaliener installierten eine Art Schattenregierung, die sich im Geheimen den Gesetzen des italienischen Staates widersetzte und eigene Regeln befolgen ließ.
Auch dies mag ein Grund sein, warum die Mafia auch heute noch von vielen als Kämpfer für Freiheit und Unabhängigkeit romantisiert wird.
Doch Drogen- und Menschenhandel, Erpressung und Mord an Gegnern lassen nicht viel Raum für den Mythos des „Gentleman-Gangsters“.
Wetten im Internet: Win-Win-Win für die Mafia
Immer wieder macht auch die „Wettmafia“ von sich reden. Es geht um Korruption, Betrug und Spielverschiebung. Wer die Hintermänner sind, ist nur selten vollständig aufzuklären: Das Feld wird einfach von zu vielen bestellt.
Kern der organisierten Kriminalität im Bereich der Sportwetten ist das Zusammenspiel von Manipulation und Betrug. Wer das Ergebnis eines Spiels nicht erraten oder erfühlen muss, sondern es von vornherein kennt, tut sich leicht, hohe Beträge auf seinen Ausgang zu setzen.
Betreibt man die entsprechenden Seiten zudem selbst, befindet man sich in einer dreifach „glücklichen“ Position:
Einerseits sprudeln die eigenen Gewinne, andererseits die Einnahmen durch User. Diese können sich beim Platzieren der Wetten nur auf ihr feines Näschen verlassen, verfügen aber über weniger Informationen verfügen als man selbst.
Und schlussendlich muss man sich so keine unangenehmen Fragen unabhängiger Seitenbetreiber gefallen lassen, wenn extrem hohe Beträge gesetzt werden oder es Fortuna ungewöhnlich gut mit einem meint.
„Match Fixing“ auf sizilianisch
Einen gewichtigen Teil der organisierten Kriminalität im Sportwetten Geschäft kann man, trotz der Konkurrenz aus dem asiatischen und dem russischen Raum, zweifellos noch immer der italienischen Mafia zurechnen.
Spielmanipulation und Online-Sportwetten: Win-Win-Win für die Mafia (Quelle:pixabay/capri23auto, licensed under CC0)
Sportlern, insbesondere aus niedrigen Ligen, werden „Angebote, die sie nicht ablehnen können“, gemacht. Diese können finanzieller Natur sein oder auch das Versprechen, Stillschweigen über dunkle Flecken auf der weißen Weste des Sportlers zu bewahren.
Viele Sportverbände versuchen, ihre Mitglieder mit gezielten Programmen von den Versuchungen und Fängen der „Match Fixers“ fernzuhalten, dennoch bleibt das fingierte Spiel ein Milliardengeschäft.
Und das keineswegs nur in Italien. Das jüngste Vorgehen gegen die Mafia bringt ans Licht: Gerade in Wien scheint die Geldwäsche der Mafia vermehrt Blüten zu treiben.
Die Mafia im Einsatz gegen Spielmanipulation
Besonderes Interesse hatte in diesem Kontext ein italienischer ehemaliger Boxer erregt, der mit seiner Ehefrau in Wien lebte. Von dort aus soll er in enger Abstimmung mit Schlüsselfiguren der neapolitanischen Camorra und der sizilianischen Cosa Nostra zwei erfolg- und sehr ertragreiche Wettseiten im Internet betrieben haben.
Besonders pikant: Der Mann hatte sich zuvor in der Öffentlichkeit als Verfechter eines „sauberen Spiels“ inszeniert und sich mit der europäischen Organisation „Federbet“ gegen Spielmanipulation starkgemacht.
Der Ex-Sportler wurde von den Behörden gefasst, als er sich auf Besuch in Italien befand, die Frau ist nach Angaben der „Presse“ noch flüchtig.
Geldwäsche: Unkompliziert und effektiv
Auch zwei Baustoffbetriebe im Wiener Bankenviertel konnten im Zuge der Ermittlungen als Außenposten der italienischen Mafia identifiziert werden: Beide handelten mit Metall und machten gute Umsätze. Einziges Problem: Der Besitzer der beiden Unternehmen besaß das Material, für dessen Verkauf er aus Italien bezahlt wurde, gar nicht und konnte es somit auch nicht verkaufen.
Stattdessen flossen über sein Firmenkonto Gelder der kalabrischen ’Ndrangheta, die in der Folge über weitere Scheinfirmen oder real existierende Unternehmen nach Italien zurückgingen. Ein klassisches Vorgehen bei der Geldwäsche.
1,5 Millionen Euro in bar
Geschäfte übers Internet: Auch die Mafia bleibt nicht analog (Quelle:maxpixel.net/licensed under CC0)
Nicht weniger typisch gestaltete sich ein Fall aus dem Jahr 2015 im österreichischen Baden: Ein hochrangiges Mitglied der ‘Ndrangheta hatte eine Villa für seine Frau gekauft. Den Kaufpreis von 1,5 Millionen Euro beglich der Mann in bar, es folgte eine Renovierung der Immobilie für weitere 1,5 Millionen Euro.
Das Beeindruckende in den Fällen, die immer wieder auch aus Österreich bekannt werden, wie der des Gesuchten, der den Fahndern ins Netz ging, als er auf einem Fahrrad in der Wiener Innenstadt unterwegs war, wo er seine Frau zum Geburtstag besucht hatte, ist die Anpassungsfähigkeit der Mafia.
Die Mafia und die Online-Wetten: Man geht mit der Zeit
Es geht nur noch selten darum, öffentlichkeitswirksam für Angst und Schrecken zu sorgen. Zwar prägen Erpressung, Drogen- und Menschenhandel noch immer das Portfolio der ehrenwerten Gesellschaft, doch man geht mit der Zeit und bleibt immer öfter unter dem Radar der Sicherheitsorgane, wie ein Ermittler der österreichischen „Presse“ verriet:
Onlinewetten bringen inzwischen fast so viel Geld ein wie der Handel mit Kokain
Tatsächlich ist es für die internationalen Fahnder nur schwer möglich, das dichtgewebte Netz von Online-Wettangeboten, Scheinfirmen, Betrug und Spielmanipulation zu durchdringen, geschweige denn, den Sumpf komplett auszutrocknen.
Gerade uneinheitliche und durchlässige Regelungen zur Lizensierung von Online-Anbietern machen es Usern und Ermittlern schwer nachzuvollziehen, welche Angebote seriös und welche Teil des organisierten Verbrechens sind. Bei welchen das Verlieren des Einsatzes ein Risiko und bei welchen der garantierte Ausgang.