„Nürnberger Weg“: Franken nutzen Umweg für Kampf gegen innerstädtisches Glücksspiel
Nürnberg verfügt offenbar unfreiwillig über die größte Spielhallendichte Bayerns. Während der bayerische Landtag in dieser Woche einem Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag zustimmte, das den Betreibern von Spielstätten weiterhin große Freiheiten einräumt, wehrt sich die Frankenmetropole über einen gesetzlichen Umweg gegen das Glücksspiel im Stadtgebiet.
Franken gegen Bayern
In dieser Woche sprach sich die CSU-geführte bayerische Landesregierung explizit für den Schutz des terrestrischen Glücksspiels aus. Im Rahmen ihres neuen Landesglücksspielgesetzes genehmigte sie unter anderem Betreibern von Bestandsspielhallen deshalb eine zehnjährige Übergangsfrist bis zur verpflichtenden Einhaltung eines Mindestabstands von 250 m zueinander.
Auf wenig Zustimmung dürfte der spielhallenfreundliche Kurs Münchens derweil im rund 170 km entfernten Nürnberg treffen. Eigenen Angaben zufolge „bekämpft die Stadt […] Spielhallen und Wettbüros mit allen Mitteln des Rechts“. In einer Rathaus-Pressemitteilung vom 10. Juni erklären die Verantwortlichen:
Spielhallen und Wettbüros sind nicht nur wegen der verheerenden sozialen Folgen für die Spielsüchtigen ein Problem, sie leiten auch regelmäßig „trading-down-Effekte“ ein und können ganze Stadtlagen entwerten.
Um solchen, ihres Erachtens auftretenden Begleiterscheinungen des Glücksspiels entgegenzuwirken, bemüht sich die Stadtverwaltung, die Eröffnung weiterer Spielhallen und Wettbüros zu verhindern. In Ermangelung entsprechender Gesetze haben die Verantwortlichen nun einen Umweg gefunden, um die unliebsamen Betriebe an der Eröffnung zu hindern.
Keine Stellplätze, keine Spielhallen
Im Kern des sogenannten „Nürnberger Wegs“ geht es um Stellplätze, die prinzipiell von Betreibern zur Verfügung gestellt werden müssen, um eine Genehmigung zu erhalten. In der Praxis können fehlende Stellplätze meist durch Zahlung einer Stellplatzablöse ausgeglichen werden.
Nürnberg hat sich jedoch ausdrücklich dazu entschieden, Spielhallen- und Wettbürobetreibern die Möglichkeit der Ablösezahlung zu verweigern und so entsprechende Projekte zu verhindern.
Laut Nachrichtenportal nordbayern.de beherbergt Nürnberg offiziell aktuell 128 Spielhallen, darunter mehrere Mehrfachspielhallen. Damit belege die 520.000-Einwohner-Stadt den ersten Platz im bayernweiten Vergleich. Hinzukämen 36 lizenzierte Wettbüros, wobei jedoch von einer großen und aller Wahrscheinlichkeit nach stetig wachsenden Dunkelziffer auszugehen sei.
Dass dieses Vorgehen rechtens ist, bestätigte Ende April auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Richter hatten die Beschwerde einer Wettbürobetreiberin zurückgewiesen, die bereits seit dem Jahr 2014 versucht hatte, gegen die Stellplatzentscheidung der Nürnberger vorzugehen.
Eigenen Angaben zufolge hat die Stadt Nürnberg seit 2011 keine neuen Genehmigungen für Spielhallen mehr erteilt. Ob sich dieser Trend trotz der explizit branchenfreundlichen Haltung der bayerischen Landesregierung fortsetzen wird, wird die Zeit zeigen.