Neue Studie zeigt: Wettanbieter locken Minderjährige auf Twitter
Eine heute von der University of Bristol und dem Think Tank Demos veröffentlichte Studie ergab, dass mehr als 40.000 der unter 16-jährige Briten Glücksspielwerbung auf Twitter ausgesetzt sind. Rund ein Viertel der Tweets, mit denen Wettanbieter für Sportwetten werben, werde von Minderjährigen geliked oder geteilt.
Ein Team, das aus Mitgliedern der University of Bristol und Demos bestand, analysierte für die Studie „Biddable Youth“ [Seite auf Englisch] 888.000 Nachrichten, die 2018 innerhalb von neun Monaten auf Twitter veröffentlicht wurden. Wett-Anbieter und ihre Partner posteten durchschnittlich 14 Tweets pro Tag. In den Twitter-Posts ging es sowohl um klassische Sportwetten als auch um Wetten auf eSports-Events.
Die Forscher fanden heraus, dass 41.000 der Follower von Accounts, die mit dem Glücksspiel in Verbindung gebracht werden können, unter 16 Jahre alt waren. Rund 13.000 Retweets und Kommentare zu Glücksspiel-Inhalten stammten von den Profilen britischer Minderjähriger. Rund 28 Prozent der Interaktionen mit Werbe-Posts für eSports-Wetten gingen von den Twitter-Konten Minderjähriger aus.
Missachtung des sicheren Glücksspiels
Die Hälfte der Tweets der Wettanbieter warb mit Bonusaktionen oder Freiwetten. Diese, so die Forscher, spielten die Risiken des Glücksspiels herunter und seien für Jugendliche nur schwer zu verstehen. Rund 90 Prozent dieser Tweets seien visuell ausgesprochen attraktiv gestaltet worden und enthielten Memes, Videos oder GIFs, 96 Prozent der Tweets enthielten einen Link zu einer externen Webseite.
Agnes Nairn, Gastprofessorin für Marketing an der University of Bristol sagte hierzu gegenüber der britischen Zeitung The Times:
„Unsere Analyse der Tweets für Glücksspielwerbung lässt uns glauben, dass das eSports-Glücksspiel für Kinder in zweierlei Weise unter dem Radar fliegt: es ist online, wo Eltern es nicht sehen können und es nutzt cleveres Content-Marketing, wie amüsante GIFs, Memes, Bilder und lustige Geschichten, die junge Menschen ansprechen und implizit beeinflussen sollen.“
Hinweise zum Mindestalter für das Glücksspiel oder zum sicheren Glücksspiel dagegen konnten die Forscher in nur 7 Prozent der Tweets entdecken. Am schlechtesten schnitten dabei die Tweets ab, die für eSports-Wetten warben. Nur zwei Prozent von ihnen enthielten Hinweise zum sicheren Spiel.
Bereits Anfang des Jahres ergab eine Studie der Northumbria University, dass das sichere Glücksspiel auf Twitter zu kurz komme. Die Studie untersuchte 8.000 Tweets von mehr als 40 Glücksspiel-Anbietern und stellte dabei fest, dass nur 1,6 Prozent der Tweets das sichere Glücksspiel zum Inhalt haben. Zugleich wurde festgestellt, dass die Partner der Glücksspiel-Anbieter soziale Medien häufiger nutzten, um Direktwerbung zu verbreiten.
Verstöße gegen die Werberichtlinien
Die Werberichtlinien der britischen Werbeaufsicht ASA sehen vor, dass Marketing-Kommunikation als solche erkennbar sein muss. Jedoch konnten die Forscher in keinem der Tweets eine Werbekennzeichnung finden. Ohne diese sei es für Jugendliche schwer wahrzunehmen, dass die Posts entworfen wurden, um ein Verhalten auszulösen, dass einer dritten Partei zugutekommt.
Die University of Bristol untersuchte zusammen mit Demos 888.000 Twitter-Posts über einen Zeitraum von neun Monaten. (Bild: Pixabay)
Die Forscher empfehlen daher, dass soziale Medien wie Twitter allen Werbetreibenden Tools zur Altersverifizierung zur Verfügung stellen. Twitter teile derzeit kostenlos ein Tool mit ausgewählten Werbepartnern. Dieses Angebot solle ausgeweitet werden, sodass es alle Werbetreibenden nutzen können. Anbieter von Glücksspielwerbung sollten außerdem verpflichtet werden, diese Tools einzusetzen.
Den Regulierungsbehörden empfehlen die Autoren der Studie, Anzeigen in den sozialen Medien zu untersuchen, die möglicherweise gegen die bestehenden Vorschriften verstoßen. Zudem sollte man sicherstellen, dass die Vorschriften nicht nur von Anbietern klassischer Sportwetten eingehalten würden, sondern auch von Anbietern von eSports-Wetten.
Die Remote Gambling Association, die Online-Buchmacher vertritt, sagte, sie untersuche bereits Online-Werbung, um den Schutz für Minderjährige zu verbessern. Altersüberprüfungen würden dabei eine große Rolle spielen. Positiv bewertete die Remote Gambling Association zudem die Reduktion der Glücksspielwerbung im Fernsehen.
Glücksspielwerbung im Fernsehen ist in den vergangenen Monaten stark in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Wie die aktuelle Studie zeigt, ist es jedoch nicht ausreichend, sich bei der Verbesserung der Werberichtlinien auf Fernsehen, Radio und Printwerbung zu beschränken. Es ist demnach zu erwarten, dass Glücksspielwerbung in sozialen Medien zunehmend in die Diskussionen einbezogen wird.