Donnerstag, 21. November 2024

Großbritannien: Neue Premier­ministerin und neue Verzögerungen bei der Glücksspiel-Reform?

Liz Truss Liz Truss ist neue Premierministerin in Großbritannien. (Bild: Flickr/UK Government)

Die britische Außenministerin Liz Truss ist die Nachfolgerin von Premierminister Boris Johnson. Am vergangenen Freitag wurde die Politikerin der Conservative Party bei einer parteiinternen Sitzung zur Parteivorsitzenden und damit zur nächsten Premierministerin gewählt. Für den Glücksspielsektor könnte dies weitere Verzögerungen bei der Glücksspiel-Reform, aber auch neue Chancen für den Markt mit sich bringen, mutmaßen diverse Branchenmedien.

Wie am Montag bekanntgegeben wurde, ist es der 47-jährigen Truss gelungen, sich bei der Abstimmung gegen den ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak mit 81.326 Stimmen gegen 60.399 Stimmen durchzusetzen.

Fokus auf Wirtschaftswachstum

Ihre Ziele fasste Truss bei ihrer an die Bekanntgabe anschließenden Rede zusammen. Sie wolle das Land deutlich als Konservative regieren. Dies sei es auch, worauf die britische Bevölkerung setze, auf den Glauben an persönliche Verantwortung, die Fähigkeit, Kontrolle über das eigene Leben zu haben und auf niedrige Steuern.

Letztere dürften auch in der Glücksspielbranche auf Befürwortung stoßen. So erklärte Truss weiter:

„Ich werde einen ehrgeizigen Plan vorlegen, um die Steuern zu senken und unsere Wirtschaft zu fördern. Ich werde die Energiekrise angehen und mich um die Energierechnungen der Menschen kümmern, aber auch um langfristige Probleme, die wir hinsichtlich der Energieversorgung haben.“

Angesichts der in Großbritannien rasant gestiegenen Lebenshaltungs- und Energiekosten erwartet Truss somit eine wahre Mammutaufgabe.

Weitere Prioritäten setze sie bei der Gesundheitsversorgung. Berichten der britischen Tageszeitung The Guardian zufolge seien im staatlichen Gesundheitssystem National Health Service (NHS) derzeit fast 10 % der Stellen unbesetzt. Dementsprechend müssten Patienten in England mit langen Wartezeiten rechnen.

Damit dürfte die anstehende Glücksspielreform auf der Agenda der Regierung recht weit unten angesetzt sein, kommentierte der CEO des Branchenverbandes Betting And Gaming Council Michael Dugher bereits Anfang September auf dem Newskanal PoliticsHome.

Glücksspiel-freundliche Reformen zu erwarten?

In der Vergangenheit, so Dugher, habe sich gezeigt, dass zahlreiche Parlamentarier Befürworter einer strikten Anti-Glücksspiel-Politik seien. Gleichwohl sei der Regierung bewusst, dass in Großbritannien mehr als 22 Mio. Erwachsene regelmäßig am Glücksspiel teilnähmen.

Dugher betonte:

„Dieser Wirtschaftszweig bietet 119.000 Arbeitsplätze, trägt 7,7 Mrd. Pfund zur Wirtschaft bei und generiert jährlich 4,5 Mrd. Pfund für die Staatskasse – wichtige Dinge, die angesichts der prekären Lage der britischen Wirtschaft zu berücksichtigen sind.“

Der Anteil der Spieler, die unter Spielsucht leiden, sei demgegenüber zudem gesunken und gehöre mit 0,2 Prozent zu den niedrigsten in Europa. Für die Branche bedeute dies nicht, dass sie nicht an Veränderungen interessiert sei. Vielmehr setze sich der Betting and Gaming Council stark für das sichere Glücksspiel ein und aktualisiere dahingehend immer wieder die Anforderungen an seine Mitglieder.

Liz Truss habe sich bislang als wirtschaftsfreundliche Politikerin präsentiert, die sich für günstige Steuern und gegen einen „Nanny-Staat“ positioniere. Ihre Minister könnten in den nächsten Wochen dementsprechend ein „Glücksspiel-Reformpaket“ schnüren, das radikal sein könne und es den Menschen dennoch erlaube, ihr Geld für Sportwetten oder andere Dinge auszugeben, für die sie es ausgeben möchten.

Eine Veröffentlichung des Whitepapers der Glücksspielbehörde UKGC mit den Inhalten der neuen Glücksspielregulierung könnte sich Branchenbeobachtern zufolge angesichts der aktuellen Probleme in Großbritannien dennoch hinziehen.