Mobbing-Skandal: Keine Einigung in Bezug auf die Strafe gegen Jockey Robbie Dunne
Der Jockey Robbie Dunne soll seine Kollegin Bryony Frost drei Jahre lang gemobbt haben (Bild: YouTube/AtTheRaces)Der Mobbing-Skandal um den irischen Jockey Robbie Dunne sorgt seit Monaten im britischen Pferderennsport für Aufruhr. Die Regulierungsbehörde British Horseracing Authority (BHA) und deren unabhängige Beschwerdekammer sind weiterhin unterschiedlicher Ansicht, welches Strafmaß angemessen für Dunne ist. So reagiert die BHA kritisch auf den gestern von der Kammer veröffentlichten Abschlussbericht zur Causa Dunne.
In diesem rechtfertigt die Kammer, warum sie die im Dezember von der BHA gegen Dunne verhängte Sperre von 18 Monaten um acht Monate verkürzt hat. Die von Jockette Bryony Frost erhobenen Vorwürfe gegen Dunne betreffend Mobbing, Sexismus, Beleidigung und Gewaltandrohung sieht die Kammer als ausreichend bewiesen an. Dennoch gebe es eine Reihe beschwichtigender Faktoren, die eine Senkung des Strafmaßes rechtfertigen würden.
Dunne (Mitte) gab zu, Frost beleidigt zu haben, tat dies aber als „Geplänkel“ ab. (Bild: Shutterstock, Aufnahme von 2018)
Sieben Vorfälle gelten als bewiesen
In ihrem Bericht listet die Beschwerdekammer unter „Fakten“ insgesamt sieben Vorfälle, die aufgrund diverser Zeugenaussagen und Beweismaterialien als erwiesen gelten. Der „Mobbing-Zeitraum“ erstrecke sich dabei auf die Jahre 2017 bis 2020. Nach Ansicht der Kammer seien die Vorfälle jedoch nicht als Einzeldelikte zu bestrafen, denn sie alle hätten gegen Unterpunkte von Regel (J)19 des BHA-Kodex verstoßen.
- Der erste Vorfall habe sich im Jahr 2017 ereignet und falle in die Kategorie der sexuellen Belästigung. Dunne, der im Wiegeraum nur mit einem Handtuch bekleidet gewesen sei, soll dieses vor Frost geöffnet und sich dann „geschüttelt“ haben. Er habe dies amüsant gefunden.
- Im Februar 2020 habe Dunne während eines Rennens in Leicester sein Pferd Lickpenny Larry absichtlich nach links springen lassen, als Frost und ihr Pferd links neben ihm gesprungen seien. Behörde und Kammer bezeichnen dies als „vorsätzliche Einschüchterung“.
- Am 4. April 2020 habe Dunne einen Twitter-Post erstellt, in welchem er sich darüber lustig gemacht habe, wie Frost ihre Interviews nach Rennen führe. Kurz vor dem Virtual Grand National, in welchem Frost das Pferd Yala Enki „virtuell ritt“, schrieb er: „Wenn Yala Enki dieses Cartoon-Rennen gewinnt, wird das Interview dann wohl genauso realitätsfern wie im echten Leben?“
- Bei einem Rennen in Stratford am 8. Juli 2020 habe Dunne seine Kollegin vor Zeugen mit extrem frauenfeindlichen und absolut inakzeptablen Schimpfwörtern beleidigt. Eine Videoaufnahme zeige, wie sich Dunne „mit bösartigem Gesichtsausdruck und erhobenen Finger“ auf Frost zubewege.
- Wie eine Videoaufnahme von einem Rennen am 27. Juli 2020 auf der Rennstrecke Market Rasen zeige, habe Dunne sein Pferd bewusst so geritten, dass Frost und ihr Pferd gegen das Geländer gedrängt worden seien.
- Vor einem Rennen in Uttoxeter am August 2020 habe Frost Dunne gebeten, mit ihrem kleinen Rennpferd Flintrock innen an ihm vorbeirennen zu dürfen. Er lehnte dies ab und drohte ihr, sie erneut von der Bahn zu drängen.
- Der letzte Vorfall habe sich am 3. September 2020 in Southwell ereignet und sei ausschlaggebend dafür gewesen, dass Frost sich schließlich bei der BHA beschwert habe. Nachdem Frost das Rennen für sich entschieden habe und Dunnes Rennpferd bei diesem zu Tode gekommen sei, habe er ihr Gewalt angedroht. Er habe gesagt: „Nächstes Mal, wenn ich gegen dich reite, sorge ich dafür, dass du durch den Zaun fliegst […] ich verspreche dir, beim nächsten Mal werde ich dir weh tun.“
Wie die Kammer in ihrem Bericht erklärt, seien die Vorfälle keinesfalls akzeptabel. Eine Sperre von 18 Monaten sei dennoch zu hoch, da diese ein Karriereende für Dunne darstellen würde. Auch gebe es verschiedene beschwichtigende Faktoren.
So sei der letzte gelistete verbale Angriff von Dunne gegen Frost als eine „impulsive Reaktion“ auf einen „frisch erlittenen Verlust seines Rennpferdes“ einzustufen. Für diesen, ebenso wie für andere Vorfälle, habe Dunne versucht, sich bei Frost zu entschuldigen. Diese habe sich einer Schlichtung jedoch entgegengestellt.
Ein weiterer Aspekt sei, dass Dunne zusätzlich bereits durch die negative Berichterstattung über ihn und sein Verhalten gestraft sei. Während sich die Vorfälle eher „im Privaten“ zugetragen hätten, seien die Anhörungen und Ergebnisse öffentlich gemacht worden, argumentiert die Kammer. Auch bei SkySports ist Dunne seit Dezember immer wieder in den Negativschlagzeilen [Folgendes Video auf Englisch]
BHA kündigt Prüfung der Kammer an
Die BHA reagierte noch gestern Abend mit einem Statement auf den Bericht der Kammer. Demnach erachte die Behörde die ursprüngliche Sperre von 18 Monaten weiterhin als angemessen, „akzeptiere“ aber die Kürzung durch die Kammer. Allerdings habe die BHA auch die von einem Racing-Post-Journalisten geäußerte Kritik [Seite auf Englisch] zur Anhörung bezüglich „Ton und Management“ wahrgenommen.
So beschrieb Lee Mottershead die Befragung Ende März als „eine Szene, die eher in einen Londoner Gentlemen’s Member’s Club gepasst“ hätte. Die Wortwahl der Männer, die die Anhörung geleitet hätten, sei zuweilen äußerst „unprofessionell“ und „fragwürdig“ gewesen und habe sehr subtile sexuelle Anspielungen enthalten.
Die BHA kündigte daher eine Prüfung der Strukturen der Beschwerdekammer an. Die Behörde deutet dabei an, dass die Kammer möglicherweise nicht mehr zeitgemäß besetzt sein könnte:
Ob die BHA daher in Zukunft beispielsweise eine Frauenquote in ihren unabhängigen Kammern einführen könnte, bleibt abzuwarten. Die Behörde betont indes, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass sich jeder innerhalb des Pferderennsports sicher und unterstützt fühlen kann.