Maltas Glücksspiel und die Mafia: Antonio Ricci wegen Geldwäsche vor Gericht
Wie die italienischen Medien Ende letzter Woche berichteten, soll sich der Italiener Antonio Ricci, Geschäftssekretär der maltesischen Glücksspielfirma Harvey Gaming, jetzt vor einem italienischen Gericht wegen Verbindungen zur ‘Ndrangheta und diesbezüglicher Geldwäsche verantworten müssen.
Wichtigster Flüchtiger wird überführt
Im Kampf gegen Geldwäsche im Glücksspiel verfolgt die italienische Finanzpolizei Guardia di Finanza seit einigen Jahren intensiv die verschiedenen Mafia-Vereinigungen des Landes. Im November 2018 startete die Polizei eine kombinierte Massenfestnahme in den Regionen Kalabrien, Sizilien und Apulien, bei welcher 68 Personen verhaftet werden konnten.
Massenfestnahme durch die Guardia di Finanza (Bild: Wikipedia)
Ganz oben auf der Liste der gesuchten Personen stand Antonio Ricci (43), der eine Schlüsselrolle in der Verbindung zwischen der kalabrischen ‘Ndrangheta und der Online Glücksspielfirma Harvey Gaming spielen soll. Bei dem 2012 gegründeten Glücksspielunternehmen war Ricci zu jener Zeit Gesellschaftssekretär.
Doch die Festnahme Riccis gelang der Polizei zunächst nicht und der Verdächtige befand sich ein halbes Jahr lang auf der Flucht, bevor man ihn am 22. April in Malta per internationalem Haftbefehl festnehmen konnte.
Er soll in Kürze nach Italien überführt werden, wo er sich vor einem Gericht in der Region Kalabrien verantworten muss. Medienberichten zufolge könnten Ricci sieben Jahre Haft erwarten, sofern er nicht Berufung einlege.
Die genaue Anklage lautet: Verbindungen zu mafiösen Vereinigungen mit Geldwäsche von ‘Ndrangheta-Kapital und missbräuchliche Ausübung von Wettgeschäften.
Die kalabrische Mafia-Organisation ‘Ndrangheta zählt seit den 1990er Jahren zu den mächtigsten kriminellen Vereinigungen Europas und erwirtschaftet einen geschätzten Jahresumsatz von weit mehr als 50 Mrd. Euro pro Jahr.
Die Hauptgeschäfte der Mafia sind Drogenhandel und Müllentsorgung, doch seit einigen Jahren wurde die Organisation immer wieder mit illegalen Glücksspielgeschäften in Verbindung gebracht.
723 Mio. Euro beschlagnahmt
Für die Polizei ist Riccis Festnahme ein großer Erfolg und sogar Ministerpräsident Luigi Di Maio äußerte sich über seinen offiziellen Twitter-Kanal zu den aktuellen Entwicklungen:
Die Festnahme des Flüchtigen Antonio Ricci in Malta sendet ein wichtiges Signal in unserem Kampf gegen die ’Ndrangheta. Mein Dank geht an unsere Gesetzeshüter, die konstant gegen die organisierte Kriminalität kämpfen, und an die internationalen Behörden, die wertvolle Zusammenarbeit geleistet haben.
Die polizeilichen Untersuchungen führten aber nicht nur zu Festnahmen, sondern auch dazu, dass insgesamt mehr als 723 Mio. Euro beschlagnahmt werden konnten. Diese Summe setze sich zusammen aus den illegal erwirtschafteten Gewinnen der organisierten Kriminalität sowie zahlreichen inländischen und ausländischen Firmen.
Betroffen waren 23 nicht weiter genannte Gesellschaften im Ausland, 15 Glücksspielgesellschaften innerhalb Italiens, 24 Immobilienfirmen und 33 nationale und internationale Online Glücksspiel Anbieter. Eingerechnet wurden nicht nur die sich auf Konten befindlichen Gelder, sondern auch Aktien und Unternehmensanteile.
Nicht der erste „große Fisch“
Ein ähnlicher Fall wie der des Antonio Ricci ereignete sich im Juli 2015, als der Polizei mit Mario Gennaro [Bericht auf Englisch] ein großer Fisch ins Netz ging. Gennaro war der Geschäftsführer des maltesischen Online Glücksspiel-Unternehmens Betuniq und auch er wurde damals wegen Geldwäsche für die ’Ndrangheta angeklagt.
Bei der damaligen Großaktion der Polizei wurden auch 1.500 Spielhallen durchsucht, von denen 81 unmittelbar wegen illegaler Aktivitäten geschlossen wurden.41 Personen wurden dabei in Gewahrsam genommen. Gennaro selbst wurde zunächst zu vier Jahren Haft verurteilt.
Betuniq heute inaktiv (Bild: Facebook)
Betuniq verlor daraufhin vorerst seine Lizenz, konnte aber im November des Folgejahres wieder online gehen. Lange konnte sich das Unternehmen aber nicht halten, sodass die Website am 1.März 2017 endgültig geschlossen und entfernt wurde.
Mario Gennaro hingegen ist inzwischen nach frühzeitiger Entlassung nicht nur wieder auf freiem Fuße, sondern führt laut eigener Aussage wieder ein ganz normales Arbeitsleben. Der Polizei gegenüber habe er damals sämtliche „Tricks“ verraten, wie das Geldwäschegeschäft der italienischen Mafia auf Malta durchgeführt werde.
Im März dieses Jahres gab er ein ausführliches Interview mit Agimeg, dem führenden italienischen Magazin für Spiele und Glücksspiel. Auf die Frage, in welchem Bereich er aus heutiger Sicht die größte Gefahr illegaler Aktivitäten sehe, nannte er jedoch die vielen kleinen Spielhallen Italiens, nicht etwa das Online Glücksspiel.
Aufgrund der einfachen Zugänglichkeit hätten Gruppierungen organisierter Kriminalität dort leichtes Spiel. Die Maßnahmen der Regierung gegen das Glücksspiel, allen voran das totale Werbeverbot, seien indes völlig ineffektiv, um die Verbindungen zwischen der Mafia und Glücksspielunternehmen zu unterbinden.