Glücksspiel und Kriminalität: Italienische Mafia profitiert von neuen Technologien
Das Glücksspiel ist zu einer Haupteinnahmequelle der mafiösen Vereinigungen in Italien geworden. Die Mafia-Syndikate ‘Ndrangheta, Cosa Nostra, Camorra und Sacra Corona Unita setzen dabei immer mehr auf das Online-Glücksspiel und moderne Technologien. Dies geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Halbjahresbericht 2020 der Abteilung für Mafia-Ermittlungen (DIA) des italienischen Innenministeriums hervor [Original auf Italienisch].
Das Online-Glücksspiel der Clans boomt
Wie die DIA erklärt, seien in der zweiten Jahreshälfte 2020 in ganz Italien Ermittlungen und Razzien durchgeführt worden. Obwohl die vier größten Mafia-Organisationen ihren Ursprung in den südlichen Regionen Apulien, Kalabrien, Kampanien und Sizilien haben, „arbeiteten“ sie vermehrt auch im Norden des Landes und pflegten Verbindungen ins europäische Ausland.
Neben den „mafia-typischen“ Delikten wie Drogen- und Menschenhandel, Betrug, Schutzgelderpressung und Geldwäsche habe zuletzt jedoch vor allem der Sportwetten- und Glücksspiel-Sektor eine zentrale Rolle bei den Aktivitäten der Vereinigungen gespielt.
Immer wieder gelinge es den Polizeibehörden, einzelne Netzwerke auszuhebeln, doch die Clans lieferten sich mit den Ermittlern ein Katz-und-Maus-Spiel. So hätten sie ihre Glücksspiel-Aktivitäten vermehrt ins Internet verlagert, wo sie ihre Spuren leichter verwischen könnten. Besonders „im Trend“ sei das Online-Glücksspiel über ausländische Server und Briefkastenfirmen in Malta.
Eine Gemeinsamkeit, die alle Mafia-Verbände haben, ist, dass sie immer die Möglichkeit der Technologie nutzen und sich dabei dem Glücksspiel und den Wetten zuwenden. Mithilfe von Firmen, die in Steueroasen niedergelassen sind, kreieren sie dann einen Parallel-Markt zum legalen Markt, der es ihnen ermöglicht, beträchtliche Gewinne zu generieren und anonym große Geldsummen zu waschen.
Immer häufiger gelinge es den Behörden jedoch, auch illegale Online-Glücksspiel-Geschäfte über das Ausland ans Licht zu bringen. Im Oktober 2020 habe die Finanzpolizei von Crotone, Kalabrien, nach jahrelanger Ermittlung einen Durchbruch erzielt und die jahrelangen Online-Glücksspiel-Aktivitäten von zwei kooperierenden Clans stoppen können.
Die Vereinigung habe mehrere Webseiten für Online-Sportwetten betrieben, die zu einer maltesischen Briefkastenfirma geführt hätten. Das Geschäft sei derart lukrativ gewesen, dass sich Steuerschulden in Höhe von 22 Mio. Euro angehäuft hätten.
Clans auch untereinander immer besser vernetzt
Die Kooperation der beiden kalabrischen Clans sei dabei nicht ungewöhnlich. Obwohl unter den mafiösen Vereinigungen und einzelnen Clans im Allgemeinen viel Konkurrenz und Feindschaft herrsche, zahle sich die Zusammenarbeit immer wieder aus.
Die im Raum Neapel verwurzelte Camorra beispielsweise pflege heutzutage nutzbringende Beziehungen zu kalabrischen Clans, wenn sich die Interessen beider Parteien überschnitten. Der Generalstaatsanwalt von Salerno, Giuseppe Borrelli, erklärt:
Jüngste Ermittlungen haben gezeigt, dass illegale Aktivitäten, insbesondere im Bereich Online-Glücksspiel, von einzelnen Personen […] zugunsten mehrerer und zum Teil extraregionaler krimineller Verbände durchgeführt werden.
Doch auch an dieses Phänomen passten sich die Ermittlungsbehörden an. Razzien würden beispielsweise zunehmend überregional durchgeführt. Im November beispielsweise sei es der Polizei gelungen, im Rahmen einer Großrazzia insgesamt 15 Personen in Neapel und Palermo festzunehmen.
Die Mitglieder verschiedener Clans sollen gemeinsam mehrere konzessionierte Wettbüros infiltriert und somit ein Netzwerk aus illegalen Wett-Terminals betrieben haben.
Ob im Alleingang oder gemeinsam, die verschiedenen Mafia-Vereinigungen Italiens generierten durch das Glücksspiel jedes Jahr unzählige Millionen Euro. Wie hoch die Gesamtsumme der illegalen Einnahmen sein könnte, sei jedoch fast unmöglich zu beziffern, so die DIA.