Politbeben in Österreich: Kanzler Kurz wegen Falschaussage im Ibiza-Ausschuss beschuldigt
Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) offiziell Ermittlungen wegen möglicher Falschaussagen im Ibiza-U-Ausschuss eingeleitet. Wie österreichische Medien am Mittwoch berichtet haben, hätten Anzeigen der Oppositionsparteien SPÖ und Neos die Untersuchung ausgelöst.
Konkret werde Kurz beschuldigt, bei Aussagen im U-Ausschuss Unwahrheiten über die Bestellung seines politischen Vertrauten Thomas Schmid zum Chef der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) geäußert zu haben. Im U-Ausschuss habe Kurz bestritten, mit Schmid über dessen Bewerbung für die Position gesprochen zu haben. Chat-Protokolle des Kanzlers legten allerdings andere Schlussfolgerungen nahe.
Parallel zur Bestätigung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft gerät Kurz auch seitens des österreichischen Verfassungsgerichtshofs (VfGH) unter Druck. Dieser hat gestern eine Entscheidung veröffentlicht, wonach Kurz weitere Akten und E-Mails „unverzüglich“ dem Ibiza-Ausschuss vorzulegen habe.
Möglicher Postenschacher ist bereits seit Monaten Thema im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Das Gremium hatte mögliche Absprachen zwischen Spitzenpolitikern und dem Glücksspielkonzern Novomatic bei der Ernennung des FPÖ-Politikers Peter Sidlo zum Finanzvorstand des teilstaatlichen Casino-Betreibers Casinos Austria untersucht. An dem Konzern ist die Staatsholding ÖBAG unter Führung von Schmid mit 33,24 % beteiligt.
Kurz will nicht zurücktreten
Nach Bekanntwerden des Beschuldigtenstatus hatten Oppositionsvertreter gestern den Rücktritt von Kanzler Kurz gefordert. Darunter Vertreter der ehemaligen Koalitionspartei FPÖ. Kurz selbst will von einem Rücktritt allerdings nichts wissen.
In einem Interview mit dem ORF erklärte der 34-Jährige, ein „reines Gewissen“ zu haben. Eine bewusste Falschaussage habe er im U-Ausschuss nicht getroffen:
„Ich kenne das Spiel mittlerweile recht gut im Ausschuss. Wenn ein Politiker sich nicht sicher ist und sagt, er kann sich nicht erinnern, dann wird er nachher dafür schlecht gemacht, dass er Erinnerungslücken hat. Und wenn er versucht so wie ich, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, dann wird auf jedem Wort herumgeritten, um die Dinge so zu verdrehen, dass sich eine angebliche Falschaussage ergibt.“
Die vom VfGH angeforderten Akten wolle Kurz unverzüglich zur Verfügung stellen. Der Vorwurf, die Unterlagen im Rahmen einer Verzögerungstaktik zurückgehalten zu haben, damit der U-Ausschuss diese nicht mehr bis zum geplanten Ende der Untersuchungen im Juli auswerten kann, wies Kurz zurück.
Eine Verlängerung des U-Ausschusses unterstütze Kurz allerdings nicht. Dort gehe es laut dem Kanzler weniger um die Wahrheitsfindung als um politische Ziele.