Japan plant Gesichtserkennung für Pferderennstrecken und Pachinkoläden
Die japanische Regierung hat am Donnerstag Pläne für den verpflichtenden Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie auf Pferderennstrecken und in Pachinkoläden vorgelegt.
Die Technologie soll dabei helfen, Problemspieler und pathologische Spieler am Besuch der Einrichtungen zu hindern. Die Technik soll noch 2019 obligatorisch zum Einsatz kommen.
Das Vorhaben der Regierung ist Teil eines umfangreichen, neuen Suchtpräventionsprogrammes, das infolge der Legalisierung von Casinos in Japan entstehen soll.
So soll es funktionieren
Damit die Gesichtserkennung praxistauglich wird, muss der gefährdete Spieler in einer Spielausschlussdatenbank registriert sein.
Ähnlich wie beim Lotto in Deutschland kann der Spieler die Registrierung selbst durchführen, oder die Sperrung von einem Familienangehörigen veranlasst werden.
Durch den Abgleich von vorgelegten Fotos und Videoaufnahmen von Pferderennstrecken und Pachinkoläden soll die Software dann eine automatische Meldung an die Verantwortlichen der Betriebsstätten geben, die dem Spieler den Eintritt verwehren sollen.
Japan fasst weitere Suchtpräventionsmaßnahmen ins Auge
Gesichtserkennung auf Pferderennbahnen und in Pachinkoläden sind nicht die einzigen Suchtpräventionsmaßnahmen, die derzeit in Japan diskutiert werden.
Die Regierung plant zudem Geldautomaten aus Glücksspieleinrichtungen zu entfernen. Das Vorgehen soll Spieler vor hohen Verlusten schützen.
In Tokios Ausgehbezirk Shibuya finden sich viele Pachinkoläden (Quelle: Maxpixel.net)
Geplant ist überdies ein Verbot von Geldautomaten bei Fahrrad- und Speed-Boot-Rennen.
Auch im Bereich Online-Wetten soll sich einiges ändern. Ab 2020 ist ein System vorgesehen, durch das suchtgefährdete und suchtkranke Spieler die Möglichkeit haben werden, einen festen Maximaleinsatz für Wettscheine festzulegen.
Um Menschen mit Spielsucht zu helfen, beabsichtigt das japanische Sozialministerium darüber hinaus in allen Präfekturen Informationsbüros einzurichten, die sich den Belangen der Spieler widmen.
Kinder sollen schon in Schulen über die Folgen von Spielsucht aufgeklärt werden.
Neue Werberegularien
Nachdem in Deutschland schon länger eine Diskussion um die Auswirkungen von Glücksspielwerbung geführt wird und die Landesmedienanstalten neuerdings sogar deutsche Privatsender zur Einhaltung des Glücksspielwerbeverbotes auffordern, scheint die Debatte um Glücksspielwerbung nun auch in Japan an Fahrt aufzunehmen.
Die Regierungsverantwortlichen wollen neue Werberichtlinien einführen, die Spieler vor den negativen Auswirkungen des Spielens schützen.
Obwohl bisher keine konkreten Maßnahmen genannt wurden, sollen die zukünftigen Werberegularien dafür sorgen, dass das Spielverlangen der Bevölkerung nicht geschürt wird.
Die Prüfung des Systems
Um die Effektivität ihres neuen Suchtpräventionsprogrammes zu prüfen, planen die Entwickler im Jahre 2020 eine landesweite Studie durchzuführen.
Sie soll nicht nur das Thema Glücksspiel behandeln, sondern auch Verschuldung, Verarmung, Selbstmord und Verbrechen mit Glücksspielbezug ins Auge fassen.
Sollten die neu eingeführten Methoden nicht helfen, die Suchtprävention zu stärken, wolle man nach drei Jahren Anpassungen am System vornehmen.
Begründete Ängste?
Bei aller Vorsicht, mit der sich die japanische Regierung dem Thema Spielsucht widmet, stellt sich die Frage, ob die Ängste tatsächlich berechtigt sind.
Bisher gibt es nur wenige Studien, die sich landesspezifisch mit der Materie befassen. Eine dieser Untersuchungen wurde im Jahre 2008 von Graham Brooks, Tom Ellis und Chris Lewis veröffentlicht.
Sie befasst sich explizit mit den Folgen von Pachinko, einem legalen und populären Glücksspiel in Japan.
Was ist Pachinko?
Pachinko ist ein japanisches Spiel, bei dem Metallkügelchen in einen Automaten geworfen werden, der aus einer zufälligen Anordnung von Klappen und Stiften besteht.
Die Kügelchen fallen nach Einwerfen durch das „Labyrinth“ und können, treffen sie auf gewisse Spezialstellen, dafür sorgen, dass der Automat neue Kugeln ausgibt oder sich das Labyrinth verändert.
Da Geldpreise an japanischen Spielautomaten nicht ausgegeben werden dürfen, können die Spieler die gewonnen Kugeln nach Spielende im Pachinkoladen gegen Sachpreise oder Edelmetalle eintauschen.
Laut dem Report spielten in Japan bis 2005 jährlich geschätzte 17,1 Millionen Spieler an Pachinko-Automaten und bescherten der Glücksspielbranche Umsätze von sage und schreibe 250 Milliarden US-Dollar (ca. 222 Milliarden Euro).
Die Verfasser geben im Zusammenhang mit dem Spiel nicht die genau Zahl der suchtkranken Pachinko-Spieler an, verweisen aber auf die gesellschaftlichen und sozialen Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem Glücksspiel ergaben.
So konnten Pachinkoläden in der Vergangenheit beispielsweise mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung gebracht werden.
Eine Regierungsumfrage aus dem Jahre 2017 förderte in Bezug auf die Zahl suchtkranker japanischer Spieler schließlich konkrete Zahlen zutage.
Eine moderne Pachinkomaschine. (Quelle: Wikipedia)
Laut der Umfrage, an der 10.000 Japaner im Alter zwischen 20 und 74 teilnahmen, wiesen 3,6 % der Befragten Anzeichen von Spielsucht auf. Der Großteil der Spieler gab sein Geld in Pachinkoläden aus.
Übertragen auf die Gesamtzahl der japanischen Bevölkerung hieße dies, dass geschätzte 3,2 Millionen Japaner Symptome von Spielsucht trägen. Eine enorme Zahl.
Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lag die Zahl der Problemspieler 2018 bei gerade einmal 0,56 %, die Zahl der pathologischen Spieler bei 0,31 %.
Dass die Regierungsverantwortlichen deshalb innovative Maßnahmen zum Spielerschutz finden wollen, scheint nachvollziehbar.