Graciano Rocchigiani bei Autounfall ums Leben gekommen
Die 54 Jahre alte Boxlegende Graciano „Rocky“ Rocchigiani wurde laut Polizeibericht am Montagabend zu Fuß auf einer Straße bei Catania in Sizilien von einem Auto erfasst. Der Aufprall sei so heftig gewesen, dass Rocchigiani noch am Unfallort starb.
Rocchigiani soll zu Fuß auf der Straße unterwegs gewesen sein. Es gab keinen Gehweg an der zweispurigen Straße, an den Seiten boten hohe Leitplanken keine Möglichkeit auszuweichen und der Smart erfasste ihn. Am Steuer soll ein 29-Jähriger aus Catania gesessen haben.
Graciano Rocchigiani – vom No-Name zum Champion
Im Leben der Boxlegende ging es turbulent zu. Mal hatte er Millionen auf der Bank, mal lebte er am Existenzminimum von Hartz IV. Rocchigiani hat in seinem Leben alles mitgenommen, bis zu seinem Tod.
Der Sohn eines Eisenbiegers aus Sardinien und einer Berlinerin wurde am 29. Dezember 1963 in Rheinhausen geboren. Als Jugendlicher begann er in Westberlin bei den Neuköllner Sportfreunden mit dem Boxsport und wurde 1982 Deutscher Meister im Halbmittelgewicht.
Er wechselte daraufhin zum Profisport und schaffte es zweimal, sich bis an die Spitze der Weltrangliste zu kämpfen.
Er galt als der beste deutsche Profiboxer, ist aber auch durch seine flotten Sprüche aufgefallen. Dennoch wurde er Anfang 2018 als Experte beim Fernsehsender Sport1 angeheuert.
Auch sein Kommen hat der 54-Jährige mit einem frechen Spruch angekündigt:
„Es wird Zeit, dass mal wieder ein bisschen frisches Blut in die ganze Box-Geschichte kommt.“
In der „Ritze“, einem Boxclub mit Kneipe in Hamburg, war Rocchigiani häufig anzutreffen. Bekannte Namen des Boxsports wie René Weller, Dariusz Michalczewski, die Klitschko-Brüder, Eckhard Dagge und Henry Maske haben ebenfalls dort trainiert.
Seinen ersten Weltmeistertitel im Schwergewicht holte sich Rocchigiani im Jahre 1988, als der damals 26-Jährige in Düsseldorf gegen den US Amerikaner Vincent Boulware antrat und gewann.
Über Nacht stieg er zum Champion auf. Somit war er nach Max Schmeling und Eckhard Dagge der dritte deutsche Weltmeister. Diesen Titel konnte er dreimal erfolgreich verteidigen.
Im März 1998 trat Rocchigiani in der Max-Schmeling-Halle in Berlin gegen den US Amerikaner Michael Nunn und holte sich zum zweiten Mal den WM Titel.
Sein Leben war eine Achterbahn
Allerdings folgte daraufhin ein Eklat durch das World Boxing Council (WBC) [Seite auf Englisch]. Dort wurde plötzlich der US Amerikaner Roy Jones als Champion betitelt, da es Jones versäumt hatte, den Titel offiziell abgegeben hatte. Das WBC hatte trotzdem den Kampf zwischen Rocchigiani und Nunn um den vermeintlich vakanten Titel ausgelobt.
Rocchigiani war zweimal Weltmeister (Bild: wikipedia.org)
Rocchigiani zog vor Gericht und gewann. 31 Millionen US Dollar Schadensersatz wurden ihm zugesprochen. Doch da dem WBC im Falle einer so hohen Auszahlung der Konkurs gedroht hätte und Rocchigiani gar keine Entschädigung erhalten hätte, einigten sich Rocchigiani und das WBC auf einen Vergleich und der deutsche Champion erhielt 4,5 Millionen US Dollar.
Der Weltmeister Rocchigiani war zwar ein sehr guter Boxer, doch mit Geld umgehen konnte er nicht. 2012 war sein Vermögen aufgebraucht und er musste Hartz IV beantragen.
Auch musste er mehrere Haftstrafen verbüßen. Er wurde mehrfach wegen Alkohol am Steuer und Fahrens ohne Führerschein aufgegriffen und angeklagt. Doch in letzter Zeit schien Rocchigiani sein Leben in den Griff bekommen zu haben.
Er lebte als Familienvater auf Sardinien und arbeitete an einer Box-Castingshow auf Sport1 mit dem Titel „The Next Rocky“, die am 1. August 2018 begann. Rocchigiani sollte die besten Bewerber begleiten und trainieren.
Reaktionen auf Rocchigianis Tod
Rocchigiani lebte in Sardinien mit seiner Partnerin und zwei Kindern, kam aber regelmäßig nach Berlin.
Seine betagten Eltern in Berlin sind untröstlich:
„Er war so glücklich dort unten. Er lebte dort mit seiner Freundin und zwei kleinen Kindern. Wir selbst konnten nicht mehr dorthin reisen. Ich habe eine neue Hüfte, kann nicht mehr so lange sitzen im Flieger. Und meinem Mann geht es nicht sehr gut.“
Heute soll Rocchigianis älteste Tochter Janine nach Sizilien geflogen sein, um sich um die Überführung der sterblichen Überreste zu kümmern, denn es sei ein Wunsch der Eltern, dass Rocchigiani in Berlin beerdigt werde. Berlin sei seine Heimat und er solle dort auch in Frieden ruhen.
Über den plötzlichen Tod des großen Boxers waren Freunde und Familie bestürzt.
Wilfried Sauerland, Manager von Rocchigiani, sagte:
„Wir sind bestürzt und fassungslos. Rocky hat nicht nur unseren Boxstall mit seinen Kämpfen geprägt, sondern auch ein großes Publikum mit seinen Kämpfen begeistert. Es hat auch manches Mal zwischen uns gekracht, aber am Ende haben wir immer einen Konsens gefunden.“
Andreas Erichson vom Pokerclub Black Bullets Berlin hat ihn persönlich gekannt und sagte auf Facebook:
„R.I.P mein Freund…
Es war mir eine Ehre, Dich gekannt zu haben
Ein ehrlicher Typ, ein guter Freund, eine Legende & ein toller Boxer!!!
Der Familie wünsche ich in der Zeit der Trauer ganz viel Kraft…
Ciao Rocky
Geh weiter Deinen Weg“
Den ehemaligen Boxer Henry Maske und Rocchigiani verband, wie Maske sagte, „Respekt begleitet von einer gewissen Freundschaft“. Allerdings seien sie laut Maske grundverschieden gewesen. Es habe aber immer eine Ebene gegeben, die sie verbunden habe.
Michael Müller, der Regierende Bürgermeister von Berlin, beschrieb Rocchigiani als „Urberliner Type, der Schnauze mit Herz verband“. In seinem Leben sei nicht alles so gut gelaufen wie im Ring. Dennoch hätten ihn die Berliner ins Herz geschlossen, wegen seiner kantigen, manchmal rauen Art. Er trauere um einen Boxer mit großem Herz.