Das Ende des Sponsorings: Italiens Fußball in der Bredouille
Noch bis Juli dürfen die italienischen Fußballclubs die Namen ihrer Sponsoren aus dem Glücksspielsektor auf Trikots, Leuchttafeln, Banden und Websites tragen. Danach tritt endgültig das Glücksspiel-Werbeverbot in Kraft, welches im Sommer des letzten Jahres von der Regierung verabschiedet wurde. Doch welche Folgen wird dies für den italienischen Fußball haben?
Schonfrist bis Saisonende
Als die italienische Regierung am 12. Juli 2018 das Gesetz „Decreto Dignità“ verabschiedete, deren neunter Artikel das Verbot jedweder Glücksspielwerbung vorsieht, wurde die weitverzweigte Glücksspielwelt des Landes auf den Kopf gestellt.
Mit seiner Aufnahme in die „Gazzetta Ufficiale“, das offizielle Amtsblatt des italienischen Rechts, trat das Gesetz schließlich am 12. August in Kraft, wobei die Durchsetzung des Glücksspielwerbeverbots bis spätestens zum 1. Januar 2019 erfolgen sollte.
Große Sorgen machten sich daher kurz vor Jahresende die italienischen Fußballclubs, deren Sponsoring-Verträge mit Glücksspielanbietern unmittelbar vom Verbot betroffen sein werden.
Am 20. Dezember bat Seria A Boss Gaetano Miccichè zusammen mit der Fußballorganisation „Confindustria del pallone“ daher um eine dringende Klärung des genauen Zeitrahmens, da im Falle laufender Verträge zuvor die Rede von einer einjährigen „Tolleranzfrist“ gewesen sei.
Die in Anbetracht der Umstände positive Nachricht kam nun von der italienischen Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen (Agcom), deren Präsident Angelo Marcello Cardani verkündete, dass die aktuellen Sponsoring-Verträge noch bis zum 14. Juli 2019 in vollem Umfang bestehen dürften. Neue Verträge dürfen hingegen nicht mehr geschlossen werden, selbst wenn deren Gültigkeit nur ein halbes Jahr betragen sollte.
Wer gegen das Gesetz verstößt und in irgendeiner Form Werbung für Glücksspielanbieter macht, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Vorgesehen sind Geldstrafen von 5 % der Werbeausgaben, bzw. 50.000 Euro Mindeststrafe. Das Werbeverbot ist dabei allumfassend und bezieht sich auf alle Online und Offline Glücksspiele, inklusive Sportwetten.
Weitere durch Artikel 9 des Dekrets veranlasste Veränderungen sind die obligatorischen Warnhinweise auf Spielautomaten, dass diese „gesundheitsschädlich“ seien sowie die No-Slot Aufkleber für Bars und andere Einrichtungen, die keine Form des Glücksspiels anbieten.
Ein grober Fehler berichtigt
Über den zuvor festgesetzten Stichtag des 1. Januars hatten sich die italienischen Fußballvereine zurecht empört und in der Tat wurde das Vertragsrecht, unter welches die Sponsoring-Verträge fallen, bei der Verabschiedung des Dekrets nicht berücksichtigt.
In einem Artikel der italienischen Sportzeitschrift Sporteconomy wurde der Regierung daher grobe Nachlässigkeit vorgeworfen, denn schließlich liefen Sponsoring-Verträge grundsätzlich über den gesamten Zeitraum einer Fußballsaison, die eben nicht an Neujahr, sondern im Sommer endet.
Durch das sofortige Werbeverbot würden die Vertragsrechte beider Parteien eines laufenden Sponsoring-Vertrages verletzt, wenn dieser von beiden „nach Treu und Glauben“ und nach zuvor geltendem Recht geschlossen wurde.
Mit dem Einlenken der entsprechenden Ministerien, dass die Verträge wie vorgesehen bei Saisonende auslaufen würden, konnte den Vereinen etwas mehr Zeit verschafft werden.
Verluste für die Clubs
Einem aktuellen Bericht des italienischen Ablegers der Online Zeitung IMG Press zufolge hätten die Wettanbieter allein in der aktuell laufenden Saison der Seria A gut 30 Mio. Euro im Rahmen von Sponsorenverträgen in den Fußball investiert. 15 der 20 Mannschaften hätten von den Geldern profitiert.
Der Wegfall dieser Gelder wird die Clubs ohne Zweifel hart treffen. Für den derzeit viertplatzierten Club Lazio fällt beispielsweise der Hauptsponsor MarathonBet weg und beim FC Torino und Chievo Verona die Sponsoren Eurobet und SportPesa.
Roms Sponsoringvertrag mit Betway frühzeitig beendet (Bild: CasinoOnline)
Auch der AS Roma, der erst im letzten Jahr einen Sponsoring-Vertrag mit Wettanbieter Betway eingegangen war, wird diesen nun im Sommer frühzeitig beenden müssen. Vorgesehen war der Vertrag ursprünglich für 3 Jahre, bis zum Ende der Saison 2021.
Einige Vereinsbosse äußerten sich entsprechend negativ über den Gesetzesbeschluss. Bologna Chef Fenucci bezeichnete das Dekret schlicht als „Wahnsinn“, während Roms Clubchef Mauro Baldissoni prophezeite, dass der Schwarzmarkt für Sportwetten dadurch aufblühen werde.
Was die Seria A jedoch am meisten zu beunruhigen scheint, ist der potentielle Rückfall hinter alle anderen großen europäischen Ligen, basierend auf deutlich verringerten finanziellen Mitteln.
Wie die italienische Zeitung Il Messaggero [Seite auf Italienisch] erläuterte, erhielten die Teams In Frankreich beispielsweise nicht nur durch direktes Sponsoring große Geldsummen aus dem Glücksspielsektor, sondern auch durch die Umverteilung der Steuereinahmen von den Wettanbietern.
Italien könne in Bezug auf den Umfang des Sponsorings ohnehin mit den Ligen Frankreichs, Spaniens oder England nicht mithalten. Durch das komplette Verbot würde die Seria A daher unweigerlich noch mehr an Bedeutung verlieren.
Rekordwerbung in UK und Spanien
Im direkten Vergleich mit der englischen Premier League und der Spanischen La Liga erhält die Seria A in der Tat vergleichsweise geringe Geldsummen aus Sponsoren-Verträgen mit Glücksspielanbietern.
In der Premier League tragen 45 % der Teams auf ihren Trikots die Namen von Wettanbietern. In den beiden unteren Ligen Championship und League 1 kommen weitere 16 Clubs hinzu.
Kein Premier League Spiel ohne Glücksspielwerbung (Bild: Flickr)
Noch umfangreicher ist dabei die Werbung auf den Banden und LED Tafeln innerhalb der Stadien. Denn aktuell wird dort in 100 % aller Premier League Spiele für verschiedene Glücksspielfirmen geworben. Fernsehwerbespots für diese Anbieter gibt es darüber hinaus in 95 % aller Premier League Werbeblocks.
Was Glücksspiel und Sportwetten anbelangt, ist Großbritannien generell europaweit der Vorreiter, doch in puncto Sponsoring bricht die spanische La Liga alle Rekorde. Hier werden ganze 19 der 20 Teams von Sportwettenanbietern gesponsert.
Bet365 ist beispielsweise auf den Trikots von 10 Vereinen vertreten. Weitere treue Sponsoren sind Betway, Befair, Bwin und Marathonbet. Genaue Zahlen über die jährlichen Gesamteinnahmen durch Sponsoring-Verträge liegen nicht vor, doch Schätzungen zufolge müssten diese im dreistelligen Millionenbereich liegen.
Für die Ligen bedeuten diese großen finanziellen Mittel natürlich enorme Vorteile und ohne Zweifel werden diese daran festhalten. Sollten andere Länder Italiens Werbeverbot folgen, wäre die Empörung sicherlich groß. Doch für die Italiener ist das wenig Trost und die Uhr bis zum Ablauf der Schonfrist tickt.