Bayerischer Fachkongress Glücksspiel: Glücksspielstaatsvertrag lässt viele Fragen offen
Am heutigen Donnerstag fand der von der bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS) veranstaltete 11. Fachkongress Glücksspiel statt. Unter dem Motto „Alles online? Die schöne (?) neue Glücksspielwelt im Faktencheck“ diskutierten Vertreter aus Forschung, Politik, Rechtswesen und von Spielerschutzorganisationen über die Auswirkungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages.
In einem Beitrag erläuterte der Glücksspielrechtsexperte Prof. Dr. Markus Ruttig den langen Weg, der seit Anfang des Jahrtausends zum Glücksspielstaatsvertrag führte. Dabei betonte er, dass trotz umfassender Neuregelungen bei Lotterien, Spielhallen, Sportwetten und Online-Glücksspiel viele Fragen weiterhin ungeklärt seien.
Offene Fragen zu Lizenzen, Umsetzung und Werbung
So bleibe den Bundesländern bei der Lizenzierung des Online-Glücksspiels die Wahl zwischen verschiedenen Konzessionsmodellen. Sie könnten die Genehmigungen in Monopolform an einzelne terrestrische Spielbankbetreiber oder an verschiedene Anbieter vergeben. Er erwarte einen „Flickenteppich“ in Deutschland, da jedes Land auf seine eigene Weise mit dem Thema umgehe
Der Trend zur Liberalisierung, der durch den Staatsvertrag fortgeführt werde, stelle zugleich die Frage, inwieweit Wettbewerb überhaupt umfassend gewollt sei. Freier Wettbewerb sorge für eine ständig steigende Attraktivität des Angebotes und zu vermehrter Nutzung. Ursprüngliche Ziele des Staatsvertrages seien jedoch die Sicherung von Prävention sowie Spieler- und Jugendschutz gewesen, so der Rechtsexperte.
Auch bei der Werbung blieben Fragen offen. So sei nicht klar, wie zeitliche Einschränkungen online funktionieren könnten. Bannerwerbung, bzw. Social-Media-Posts ließen sich nicht beliebig zeitlich an- und abschalten. Zugleich sei unsicher, ob und inwieweit die Tools der erst 2023 umfassend einsatzfähigen Kontrollbehörde funktionierten.
Ist der Vertrag gesetzeskonform?
Die entscheidende Frage sei jedoch, ob das Vertragswerk möglichen Klagen der Glücksspielfirmen standhalte. Wenn Inkohärenz gerichtlich festgestellt werde, falle der gesamte Staatsvertrag in sich zusammen. Ruttig zeigte sich überzeugt, dass Anbieter bei Zweifeln umgehend den Klageweg beschritten. Dies habe die Vergangenheit hinreichend bewiesen.
Dem Juristen zufolge wiesen erste Urteile am OVG Hamburg und dem VG Darmstadt darauf hin, dass die Richter mehrheitlich bisher keine Inkohärenz feststellen. Dies stimme ihn ein wenig optimistisch, dass der Staatsvertrag nicht von einem EU-Gericht zurückgewiesen werde.
Da sich zudem die politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Bedingungen sowie die technischen Voraussetzungen ständig weiterentwickelten, sei davon auszugehen, dass der Glücksspielstaatsvertrag spätestens in wenigen Jahren erneut auf dem Prüfstand stehe. Der Jurist gehe davon aus, dass es sich bei dem Staatsvertrag um ein Werk handele, das kontinuierlich weitergeschrieben werden müsse.