Donnerstag, 21. November 2024

Fragwürdige Nutzer-Profile: Hat Flutter gezielt Problem­spieler angepeilt?

Hand Daten Flutter soll auf Problemspieler-Profile zugegriffen haben (Bild: Pixabay/Gerd Altmann)

Das Tracking von Nutzerdaten ist in der Online-Branche allgegenwärtig. Einem Bericht der Financial Times [Seite auf Englisch] zufolge nutzen Glücksspiel-Konzerne wie Flutter die Technologie, um Profile von Problemspielern zu erstellen und diese gezielt mit Marketingkampagnen anzusprechen. Dies gehe aus einer Beschwerde hervor, die der britischen Datenschutzbehörde Information Commissioner’s Office (ICO) zugegangen sei.

Irreguläre Methoden für maximalen Profit?

Ausgehend von der Beschwerde der Spielerschutz-Organisation Clean Up Gambling habe die ICO eine Untersuchung eingeleitet. Es solle festgestellt werden, inwieweit Glücksspiel-Konzerne die Profile nutzten, um Problemspieler zu identifizieren.

Nach Recherchen von Clean Up Gambling setze Sky Betting dabei auf fragwürdige Methoden. Die Organisation stützt sich dabei auf Untersuchungen des österreichischen  Datenschutzexperten Wolfie Christl, der zu Beginn des Jahres eine Studie über die Datennutzung in der Online-Glücksspiel-Branche veröffentlicht hatte.

Der Clean Up Gambling-Direktor Matt Zarb-Cousin kritisierte:

Dies ist das das Extrembeispiel für Datenmissbrauch. Es geht um Sucht, um Menschen, die riesige Geldsummen verlieren, und um Profiling, das zur Verschärfung dieser Situation genutzt wird.

Sky Betting, ein Tochterunternehmen des weltgrößten Glücksspiel-Konzerns Flutter Entertainment, setze auf ein ausgeklügeltes Netz von Online-Tools zur Analyse der Werbewirkung und Kundendaten. Ziel sei es, aus dem Browserverhalten der Nutzer potenzielle Vielspieler herauszufiltern.

Doch die Spielerschützer wollen nicht nur die Flutter-Tochter untersucht wissen. Ihnen zufolge spreche viel dafür, dass die angeprangerte Technik branchenweit zum Einsatz komme.

Widersprüchliche Aussagen aus der Branche

In einem Statement widersprach Flutter den Anschuldigungen. Ein Vertreter erklärte, dass das Unternehmen und seine Tochterfirmen keinen Zugriff auf die Finanzdaten der Spieler hätten. Zudem würden die Glücksspiel-Marken mithilfe von Dienstleistern ihre Werbung so steuern, dass sie nach Möglichkeit gefährdete Gruppen ausschließe.

Der Online-Marketing-Dienstleister Signal stützte Flutters Aussage. Man habe beim Nutzer-Targeting insgesamt 186 Merkmale zur Messung des Verhaltens festgestellt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse würden unter anderem Sky Betting zur Verfügung gestellt, um Prozesse zu optimieren und mit ihrer Werbung ein verantwortungsvolles Glücksspiel zu promoten.

Allerdings zählten zu den von Signal gesammelten Daten auch Kennzahlen zur Finanzkraft von Spielern, deren Spielpräferenzen und -häufigkeit sowie ihre Kundentreue. Nachdem die Weitergabe dieser Daten an Glücksspiel-Firmen im Februar bekannt geworden war, hatte Signal das Angebot in Großbritannien wegen rechtlicher Bedenken eingestellt.

Wie lukrativ Vielspieler für die Anbieter von Online-Casinos und -Sportwetten sind, zeigen Statistiken der britischen Glücksspielbehörde. Diesen zufolge sind 5 % der Spieler für 60 % der Profite der Glücksspiel-Konzern verantwortlich. Um die ausgabewilligen Spieler für das Angebot zu begeistern, geben die britischen Glücksspiel-Unternehmen rund 1,5 Mrd. GBP (1,8 Mrd. Euro) im Jahr für Werbung aus.

Nach Matt Zarb-Cousin Auffassung sind die von den Betreibern eingesetzten Methoden illegal. Ob dies der Fall ist, muss die Untersuchung der Datenschutzbehörde zeigen.

Im Februar erhielt Flutter bereits einen Vorgeschmack auf mögliche Konsequenzen. Wegen des Versands von Marketing-E-Mails an Nutzer, die zuvor per Opt-out dem Empfang dieser Nachrichten widersprochen hatten, verurteilte die britische Glücksspielbehörde den Konzern zu einer Geldstrafe von 1,7 Mio. GBP.