Erfolg für Jungparteien: Schweizer stimmen im Juni über Netzsperren ab
Die Schweizer Stimmbürger entscheiden am 10. Juni über das Geldspielgesetz. (Bild: zeit.de)
Das neue Schweizer Geldspielgesetz ist eine der kontroversesten Gesetzesinitiativen der letzten Monate. Die Schweizer Regierung verfolgt mit dem Entwurf die Abschottung des nationalen Marktes gegen Konkurrenz von außen, namentlich gegen ausländische Glücksspielanbieter, die ihre Dienste über das Internet anbieten. Wer keine Schweizer Lizenz vorweisen kann, dessen Internetpräsenz wird gesperrt. Über Lizenzen verfügen lediglich Schweizer Spielbanken.
Nachdem mehrere Schweizer Jungparteien bereits im letztem Jahr das „Komitee gegen Internet-Zensur und digitale Abschottung“ gegründet, Unterschriften gesammelt und die erforderlichen 50.000 Stimmen erreicht und eingereicht haben, hat der Bundesrat nun grünes Licht für die angestrebte Volksabstimmung über das Geldspielgesetz gegeben. Am 10. Juni sind die Schweizer Wahlberechtigten aufgefordert, ihre Stimme für oder gegen die Netzsperren für ausländische Anbieter abzugeben. Mit rund 60.000 Unterschriften konnten die Aktivisten sogar 10.000 Stimmen mehr als das geforderte Minimum von 50.000 Personen erzielen.
Wichtiger Zwischensieg für das Komitee
Die Entscheidung des Bundesrats, das Geldspielgesetz zur Volksabstimmung freizugeben, ist ein großer Erfolg und wichtiger Meilenstein für die Schweizer Jungparteien und ihr Komitee. Andri Silberschmidt, Vorsitzender der Jungfreisinnigen Schweiz und Vize-Präsident des Komitees, erklärte in einer Pressemeldung:
„Damit ist ein Zwischenziel erreicht. Jetzt kann das Volk die vom Parlament verordnete Internet-Zensur und die gefährliche Entwicklung hin zu einer digital abgeschotteten Schweiz abwenden.“
Unterstützt wird Andri Silberschmidt von seinen Kollegen Anaïs Grandjean, Vize-Präsidentin der Jungen Grünliberalen, und Benjamin Fischer, dem Präsidenten der Jungen Schweizerischen Volkspartei.
Unterstützung aus der Wirtschaft
Kampagne des Komitees gegen Internetzensur. (Bild: internet-zensur-nein.ch)
Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft Economiesuisse hat bereits angekündigt, gegen das Gesetz zu stimmen. Der Verband vereint rund 100.000 Schweizer Unternehmen mit 2 Millionen Mitarbeitern unter seinem Dach und agiert als Interessenvertreter der Schweizer Wirtschaft im In- und Ausland. Er vertritt dabei einen liberalen Ansatz, der Werte wie Freihandel, Eigenverantwortung und weniger staatliche Eingriffe propagiert.
Die Organisation ICTswitzerland, ein Zusammenschluss von Verbänden und Unternehmen aus der Branche für Informations- und Kommunikationstechnologien, hat ebenfalls sein Nein zum Gesetz erklärt. Weitere Unterstützer der Gesetzesgegner sind die Verbände Simsa und Swico sowie eine Gruppe internationaler Geldspielanbieter. Während der Unterschriftensammlung und Kampagnenarbeit der Jungpolitiker im letzten Jahr hatten sich die Verbände hingegen noch bedeckt gehalten. Mit Zusage der Volksabstimmung seitens des Bundesrats herrschen nun jedoch genügend Sicherheit und ausreichende Erfolgsaussichten.
Finanziell unterstützen will die Wirtschaft das Referendum und die Arbeit des Komites allerdings nicht. Dieses war zuletzt in die Kritik geraten, als bekannt wurde, dass ausländische Online Glücksspielanbieter die Nachwuchspolitiker mit Geldern unterstützt hatten.
Die Schweiz teilt sich in zwei Lager
Zu den wichtigsten Gründen für den Kampf und Protest gegen das Geldspielgesetz gehören zum einen die leichte Umgehbarkeit der Sperren und zum anderen ein mögliches Überschwappen auf andere Geschäftsbereiche. Darüber hinaus wird am 10. Juni eine wesentlich grundsätzlichere Entscheidung getroffen: Wie wichtig ist den Schweizern ihre Freiheit und die des Internets?
Weitere Argumente gegen das Gesetz, die sich auf der Internetseite des Komitees finden, sind:
Zensur
Bevormundung
Digitale Abschottung
Bestätigung des Casino-Monopols
Das Gesetz lässt wichtige Punkte des Spielerschutzes außen vor
Im Gegensatz dazu führt das Parlament die folgenden beiden Hauptgründe für das Gesetz ins Feld:
Nicht in der Schweiz lizenzierte Internetanbieter zahlen keine Abgaben im Land
Online Casinos können leichter die Vorschriften zum Spielerschutz umgehen
Illegale Anbieter können bekämpft werden
Das Schweizer Parlament strebt mit dem Geldspielgesetz zum ersten Mal gesetzlich festgeschriebene Zugangssperren für bestimmte Websites an. Unterstützt wird es dabei von dem Casinoverband und den Kantonslotterien in der Schweiz. Diese tragen das Bestreben nach Netzsperren für ausländische Konkurrenten und sehen darin die Festigung ihrer Vormachtstellung im Land. Die Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz (FDKL) wirbt auf ihrer Webseite so für das Geldspielgesetz:
„Das neue Bundesgesetz für Geldspiele verbessert den Schutz vor Spielsucht, Geldwäscherei, Betrug und Wettkampfmanipulation. Die Abgaben für AHV/IV (Spielbankenbereich) und die vollumfängliche Gewinnverwendung für gemeinnützige Zwecke (Lotterie- und Sportwettenbereich) bleiben bestehen.“
Auch die Kantone befürworten das Geldspielgesetz. Für sie stehen die Einnahmen aus der Glücksspielabgabe der landbasierten Casinos im Vordergrund. Diese Gelder werden in der Schweiz von den Kantonen für kulturelle, sportliche und andere gemeinnützige Zwecke verwendet.
Im Parlament sind ebenfalls zwei Lager entstanden: SP, SVP und sogar FDP haben sich für das Geldspielgesetz ausgesprochen, während lediglich die Grünliberalen dieses klar ablehnen.