Gutachten des DOSB: eSports ist kein Sport
Im Streit um die Anerkennung des eSports als reguläre Sportart hat der digitale Sport eine Niederlage hinnehmen müssen: Ein vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Auftrag gegebenes Gutachten lehnt die Anerkennung von eSports als Sport ab.
Fehlende körperliche Aktivität beim e-Sports?
Als Begründung für die Ablehnung wird in dem von der Deutschen Presse Agentur (dpa) veröffentlichten Gutachten die fehlende körperliche Betätigung der Gamer beim eSports aufgeführt. Demgegenüber sei der klassische Sport „durch die langjährige Rechtsprechung im traditionellen Sinne der Anforderungen an die Körperlichkeit konkretisiert.“
Das Konsolenspiel falle nicht darunter und sei deshalb “kein Sport im Sinne des geltenden Rechts“. Aus diesem Grund ist laut Gutachten auch eine Gemeinnützigkeit des eSports abzulehnen.
Nach Veröffentlichung des Gutachtens regte sich sofort Kritik. So sagte der Präsident des E-Sport-Bunds Deutschland (ESBD), Hans Jagnow, gegenüber der dpa:
Viele vom DOSB anerkannte Sportarten wie Sportschießen, Tischfußball oder Darts definieren sich über die Präzision der Bewegung, nicht den Umfang.
Dies sei bei den meisten eSports-Games ebenfalls der Fall, weshalb er vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht verstehen könne, warum eSports in diesem Punkt anders behandelt würde.
Bereits vor einer Woche hatte er zu dem Thema Position bezogen:
E-Sport ist ganz klar Sport. Es gibt insgesamt drei bis vier Millionen E-Sport-Aktive, und immerhin ein Viertel davon kann sich vorstellen, auch in E-Sport-Vereinen aktiv zu werden. Wenn man sich anschaut, was dabei allein auf motorischer Ebene passiert: E-Sportlerinnen und E-Sportler klicken pro Minute bis zu 400 Mal die Tasten von Keyboard und Controller.
In einem Punkt kann sich Hans Jagnow von dem Gutachten bestätigt sehen: Es weist die aktuelle Unterscheidung des DOSB zwischen „virtuellen Sportarten“ wie FIFA und den mit „E-Gaming“ bezeichneten anderen Spielen (wie beispielsweise Fortnite, League of Legends oder Counter-Strike) zurück. Diese Differenzierung ist nach Aussage der Gutachter rechtlich nicht belastbar.
Hans Jagnow äußerte sich der dpa gegenüber auch dazu:
Das ist das Ende von E-Gaming als realitätsferner Wortschöpfung zur Spaltung der E-Sport-Bewegung.
Gutachten bestätigt Position des DOSB-Präsidiums
Die Meinung der Gutachter dürfte das Präsidium des DOSB in seiner ablehnenden Haltung gegenüber eSports bekräftigen. Die Verbandsspitze weiß dabei einen Großteil der DOSB-Mitglieder hinter sich. Diese hatten bei einer Mitgliederversammlung im letzten Dezember betont, dass eSports kein Sport im eigentlichen Sinne sei.
DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch hatte damals in einem Interview seine Ablehnung kurz und knapp erklärt:
Weil es für mich kein Sport ist. Ganz einfach. (…) Diese Daddelei vor dem Fernseher.
Aufgrund seiner harschen Aussage hatte der Vizepräsident jedoch nicht nur in der eSports-Szene, sondern auch in den eigenen Reihen Kritik erfahren.
eSports hat sich längst etabliert
Es stellt sich zudem die Frage, inwieweit die boomende eSports-Szene überhaupt Wert auf die Anerkennung einer traditionellen Institution wie dem DOSB Wert legt. Den Millionen der zumeist jungen Fans dürfte es beim Gamen letztendlich egal sein, ob ihr Spiel offiziell als Sport anerkannt ist.
Zumal der DOSB nicht für alle Sportarten spricht. So ist das populäre FIFA-Spiel längst im offiziellen Fußball angekommen. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Clubs der 1. und 2. Bundesliga längst eigene eSports-Teams unter Vertrag, die um die Meisterschaft in der Virtual Bundesliga kämpfen.
Auch bei der Vermarktung drängt eSports längst in neue Dimensionen vor. So wurden allein innerhalb der letzten vier Wochen bei zwei Dota 2- und Fortnite-Turnieren insgesamt über 34 Millionen US-Dollar verteilt – Summen, die in den klassischen Olympischen Sportarten unvorstellbar sind und selbst bei Tennis, Golf oder Fußball nur äußerst selten erreicht werden.
Neben der vom DFB anerkannten eSports-Liga gibt es beim FIFA-Game mittlerweile auch ein deutsches Nationalteam, das beim vom Fußballweltverband offiziell veranstalteten FIFA eNations Cup um den Weltmeistertitel mitkämpfte. Dies zeigt, dass der DFB bei der Anerkennung des eSports eine sehr viel entspanntere Haltung als der DOSB einnimmt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die kontroverse eSports-Debatte bei den Olympiaverbänden weiterentwickeln wird.