Dienstag, 26. November 2024

Aufzeichnungen aus der Unterwelt: Doku über Glücksspiel im Wiener Rotlichtmilieu

Kurt Girk Alois Schmutzer|Kurt Girk Alois Schmutzer

„Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ ist ein neuer Dokumentarfilm von Tizza Covi und Rainer Frimmel, in dem die „Wiener Unterwelt“ rund um das illegale Glücksspiel der 1960er Jahre thematisiert wird. Der Wienerlied-Sänger Kurt Girk und der „König der Unterwelt“ Alois Schmutzer erzählen in der Doku Anekdoten, die von den Regisseuren mit alten Filmaufnahmen illustriert werden.

Kurt Girk und Alois Schmutzer sind die beiden Hauptfiguren im Dokumentarfilm über die Wiener Unterwelt. Der Wienerlied-Sänger Kurt Girk, der als „Frank Sinatra von Ottakring“ in Wien bekannt war, und Alois Schmutzer, der „König der Unterwelt“, seien eng befreundet gewesen.

Alois Schmutzler war einer der „Stoß-Könige“ in Wien

Die Brüder Alois und Norbert Schmutzler, bekannt und berüchtigt als „Schmutzer-Buam“, seien in den 1960er Jahren die „Stoß-Könige“ in Wien gewesen. Das Kartenspiel Stoß sei laut der deutschen Wochenzeitung Zeit damals im Rotlichtmilieu sehr populär gewesen. Bei den Spielen sei es oft um große Beträge gegangen.

Stoß ist ein einfaches Kartenspiel, das mit 32 Karten gespielt wird. Es weist Ähnlichkeiten mit dem Kartenspiel Pharo auf und wird mit französischen oder doppeldeutschen Karten gespielt. Das Stoßsspiel kann auch als Abwandlung der Kartenspiele Landsknecht und Bassette betrachtet werden.

In der „Zeit“ wird Franz Kases, der Besitzer des damals beliebten Café Kases, zitiert:

Stoß war das schlimmste Glücksspiel. Da gab es überhaupt keine Taktik – außer geschliffene Karten.

Die Spieler seien mit manipulierten Glücksspielen ausgenommen worden.

Auseinandersetzungen am Spieltisch seien nicht selten außerhalb der Lokale gelöst worden. Im Jahr 1964 hätten Josef „Notwehr-Krista“ und Josef „der G’schwinde“ Angerler aufeinander geschossen, aber keiner habe getroffen. Auch diese Anekdote wird in „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ erzählt.

Quelle: Vento Film (Youtube)

Alois Schmutzer wurde im Jahr 1968 laut „Zeit“ zu zehn Jahren Haft verurteilt. Im selben Jahr sei sein Bruder Norbert vor dem Cafè Bergheim erschossen worden. Nach der Haftstrafe, bei der Alois seinem Ruf als gewalttätiger Kraftprotz gerecht geworden sei, habe sich der ehemalige Unterweltkönig nur noch an kleinen Straftaten beteiligt. Mit dem Glücksspiel Stoß habe er nichts mehr zu tun gehabt. Als Betreiber eines kleinen Cafés habe Schmutzer später mit seiner kriminellen Vergangenheit abgeschlossen.

Die Uraufführung von „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ fand bei der Berlinale 2020 statt. Der Dokumentarfilm erhielt beim renommierten Filmfestival eine lobende Erwähnung. Bei der Romy-Verleihung 2020 wurde „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ als „Beste Kino-Doku“ und „Beste Produktion Kinofilm“ ausgezeichnet. Bei der Diagonale erhielten Tizza Covi und Rainer Frimmel den „Kodak Analog-Filmpreis“ und wurden für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Wienerlied-Sänger Kurt Girk – mitten in der Wiener Unterwelt

Der leidenschaftliche Sänger Kurt Girk sei laut ORF berühmt gewesen für seine eleganten Anzüge, seine prägnanten Gesichtszüge und seine pointierten Darbietungen der Wiener Lieder. Zusammen mit Alois Schmutzer wurde Girk wegen Postraubs verurteilt. In „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ wird diese Tat „a Briaftaub mochn“ genannt. Im Film bestreiten Girk und Schmutzer, die Tat begangen zu haben.

In „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ werden mehrere Auftritte von Kurt Girk gezeigt, so dass sich der Zuschauer einen Eindruck von den Fähigkeiten und dem Charisma des Wienerlied-Sängers machen kann. Im Film wird erwähnt, dass die Wienerlied-Sänger vom Glücksspiel regelmäßig profitiert hätten, ohne selbst an Spielen beteiligt gewesen zu sein. Aber es sei üblich gewesen, dass die Sänger bei großen Gewinnen ein ordentliches Trinkgeld bekamen.

Die beiden Hauptdarsteller des Films sind vor der Premiere des Films verstorben. Alois Schmutzer konnte laut ORF den Film kurz vor seinem Tod noch sehen. Kurt Girk sei dies nicht vergönnt gewesen. Der Kinostart von „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ mit vielen interessanten Geschichten aus einer längst vergangen Welt des illegalen Glücksspiels war am 10. September 2021.