Bilanz: Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 nach einem Jahr
Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags ist es an der Zeit für eine Rekapitulation. (Bild: pixabay.com)Der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ist vor einem Jahr, am 1. Juli 2021, in Kraft getreten. Das einjährige Bestehen des GlüStV ist für Vertreter der Branche und der Medien Anlass, Bilanz zu ziehen. Dabei stehen die Einrichtung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL), die schleppende Lizenzvergabe sowie die Spieleinsatzsteuer im Fokus.
Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hat seine Arbeit vor einem Jahr aufgenommen und das Referat „Glücksspielrechtliche Übergangsaufgaben“ gestartet. Zu den Aufgaben gehörten die Erteilung von Lizenzen für den Betrieb von virtuellen Automatenspielen.
Für das virtuelle Automatenspiel und Online-Poker seien laut der Behörde 71 Anträge gestellt worden. Davon hätten die Anbieter acht Anträge wieder zurückgezogen, unter anderem der Glücksspiel-Konzern Kindred mit seiner Flaggschiff-Marke Unibet.
Das Glücksspielkollegium habe inzwischen ihre Zustimmung für 12 weitere Lizenzen erteilt, davon seien drei zugestellt und in die White List aufgenommen worden, während ein Antrag abgelehnt worden sei.
Lizenzierungsprozess geht nur schleppend voran
Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des GlüStV sind erst drei Lizenzen für das virtuelle Automatenspiel erteilt worden. Für Online-Poker und das klassische Casinospiel wurden noch keine Konzessionen vergeben.
Auch die Einrichtung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) in Halle (Saale) ist noch nicht abgeschlossen. Die GGL wolle eigenen Aussagen zufolge ab dem 1. Juli 2022 erste Aufgaben übernehmen und diese ab kommendem Jahr ausbauen.
Einige Unternehmen warten bereits seit über einem Jahr auf ihre Lizenz. (Bild: pixabay.com)
Branchenbeobachtern zufolge sei es jedoch fraglich, ob die GGL ihren Zeitplan einhalten könne. Es sollen Mutmaßungen laut geworden sein, die davon ausgehen, dass die Behörde erst ab 2028 voll einsatzbereit sein werde.
Dennoch bewertet der Präsident des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt Thomas Pleye die bisherige Arbeit seiner Behörde als positiv. Die Aufgaben seien auf einen guten Stand gebracht worden, an den die Glücksspielbehörde nach dem 31. Dezember 2022 anknüpfen könne.
Pleye sagte weiter:
Hohe Besteuerung befeuert den Schwarzmarkt
Der Glücksspielstaatsvertrag sollte für Rechtssicherheit der Betreiber und den Schutz der Spieler sorgen. Wurde der GlüStV mit seinen restriktiven Regularien bereits nach seinem Inkrafttreten vor einem Jahr heftig kritisiert, scheinen diese Stimmen nun lauter zu werden.
Für die Skepsis der Branchenexperten sorge nicht nur die extreme Verzögerung des Lizenzierungsprozesses. Vor allem die Spieleinsatzsteuer von 5,3 % bereitet Beobachtern und Anbietern Kopfschmerzen.
So schrieb Prof. Dr. Justus Haucap vom Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in einem Gutachten, dass es die Spieleinsatzsteuer legalen Online-Casinos unmöglich mache, den Spielern ein wettbewerbsfähiges Spielangebot zu unterbreiten.
Der Wissenschaftler äußerte die Befürchtung, dass das Spielangebot für die Spieler so unattraktiv sein könne, dass sie auf unregulierte Angebote ausweichen könnten. Das zentrale Anliegen des GlüStV, nämlich der Spielerschutz, werde damit geschwächt.
Im Kampf gegen illegales Glücksspiel scheint das Landesverwaltungsamt auf rigide Maßnahmen zu setzen. So seien bis dato 871 Webseiten überprüft worden. In den meisten Fällen habe es sich um Anbieter gehandelt, die ihren Sitz außerhalb der EU hätten. Bisher habe die Behörde vier Untersagungsverfügungen erlassen.
IP- und Payment-Blocking sollen gegen illegale Webseiten eingesetzt werden. (Bild: pixabay.com)
Ab dem 1. Juli 2022 sollen die Glücksspielaufsicht und die Ergreifung von Maßnahmen zur Sperrung unerlaubter Glücksspielangebote an die GGL übergehen. Unter der Federführung der Juristin und Expertin Expertin Nadja Wierzejewski solle die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels mit Instrumenten wie IP-Blocking und Payment-Blocking erfolgen.
Prof. Dr. Haucap schlug stattdessen die Einführung einer Besteuerung des Bruttospielertrags vor. Auf diese Weise könnten die Anbieter den Kunden bessere Auszahlungsquoten bieten, was gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Betreiber stärke.
Vor einem Jahr hat der europäische Glücksspielverband EGBA eine Beschwerde gegen die deutsche Online-Glücksspielsteuer bei der EU-Kommission eingereicht. Diese soll nun entscheiden, ob die Besteuerung dem EU-Recht widerspreche. Das Urteil steht allerdings noch aus.