Donnerstag, 21. November 2024

China verbannt Fortnite und Co. wegen ethischer Verfehlungen

Peking|Fortnite|eSports|WeChat-Logo

Auch in China gehören Games wie League of Legends (LoL) oder Fortnite zu den beliebtesten Onlinespielen. Nun hat die staatliche Aufsichtsbehörde diesen eSports-Klassikern eine deutliche Warnung zukommen lassen, weil sie ihrer Auffassung nach gegen ethische und soziale Standards verstoßen.

Die Verwarnung für die in China täglich millionenfach gespielten Games wurde durch das Online Ethics Review Committee veranlasst. Dieses war erst Anfang des Monats von der chinesischen Regierung gegründet worden. Hauptzweck der neuen Behörde ist die Prüfung von Onlinespielen in Bezug auf die Einhaltung bestimmter „ethischer und sozialer Werte“.

eSports

In China ist eSports sehr populär (Bild: Wikipedia)

Bei einer ersten Kontrolle wurden insgesamt 20 Games untersucht. Berichten zufolge fielen elf von ihnen durch eine Missachtung der Maßstäbe auf. Diese wurden von dem Komitee erneut geprüft und zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Die Spielehersteller von Blizzard Entertainment traf es besonders, denn es wurden Verfehlungen bei ihren Bestsellern Overwatch, Diablo und World of Warcraft festgestellt. Blizzard und die Entwickler von LoL und anderen eSports-Bestsellern müssen nun auf Verlangen der Behörde geeignete Schritte unternehmen, um ihre Games den Bestimmungen anzupassen.

Was stört die Behörde besonders?

Der Forderungskatalog des Prüfungskomitees ist nicht öffentlich, weshalb praktisch jedes Onlinespiel verwarnt werden kann. Aus den Mitteilungen der Behörde an die Entwickler lässt sich herauslesen, dass beispielsweise bei LoL die allzu freizügige Darstellung von weiblichen Charakteren angemahnt wurde. Außerdem missfiel den Prüfern ein Chatroom des Spiels, in dem die Spieler miteinander zu „unanständig“ kommunizierten.

Fortnite

Fortnite wurde gleich ganz geblockt (Bild: Wikipedia)

Wie es scheint, sind den Zensoren insbesondere die Livechats ein Dorn im Auge. In ihnen würden sich die Gamer „vulgär und politisch inkorrekt“ ausdrücken. Blizzard Entertainment zufolge wurden auch bei den anderen Spielen des Herstellers die offenen Chaträume kritisiert.

Allerdings stoßen die Ermittler sich auch an den Spielverläufen der Games. So transportierten Szenen aus Overwatch „nicht soziale Werte“, während bei Diablo einzelne Spielzüge zum Betrug auffordern würden.

Fortnite und andere wurden sogar gesperrt

Dass es für Hersteller und Fans der Games noch schlimmer kommen kann, zeigen abschreckende Beispiele wie Fortnite oder Player Unknown’s Battlegrounds (PUBG). Diese und sieben weitere Spiele wurden wegen schwerer Verstöße gleich ganz gesperrt und sind für chinesische Gamer nicht mehr nutzbar.

eSports in China
Das harte Vorgehen der Regierung verwundert, da eSports in China zu einem Milliardenmarkt herangewachsen ist, in dem auch chinesische Firmen eine bedeutende Rolle spielen. Experten schätzen, dass die Umsätze mittlerweile bei über 25 Milliarden Euro im Jahr liegen.

Kein Wunder, dass chinesische Spieler inzwischen zu den weltbesten Gamern bei LoL oder Fortnite zählen. Für noch professionellere Bedingungen werden in dem Land für Milliardensummen ganze eSports-Städte hochgezogen.

Bei den gesperrten Games ist es die massive Darstellung von Blut und Gewalt, die nach Auffassung der Behörde nicht tolerierbar sei, da sie gegen die ethischen und sozialen Normen von Chinas Gesellschaft verstießen. Da bei ihnen jedes tolerierbare Maß gesprengt würde, müssten die Games in China geblockt werden.

Kritiker fragen sich jedoch, ob nicht noch mehr hinter der offiziellen Begründung steckt. Als Beispiel gilt ihnen Fortnite, bei dem dank des comichaften Designs die Brutalität merklich in den Hintergrund tritt. Ob die Zensoren stattdessen darauf abzielen, das gesamte Genre zu attackieren, wird sich aufgrund des undurchsichtigen Vorgehens der Behörde allerdings nur schwerlich belegen lassen.

Wie können die Hersteller reagieren?

WeChat-Logo

Auch WeChat gehört zu Tencent (Bild: wechat)

Es scheint für Blizzard und Co. nicht damit getan, einfach den Chaträumen den Stecker zu ziehen. Zum einen würden sie sich mit diesem Schritt den Zorn der Spieler zuziehen, die sich gerne und viel über diese Räume austauschen. Zum anderen kritisierte das Komitee ganze Spielzüge und Charaktere, die von den Unternehmen manuell aus den Games entfernt werden müssten.

Noch schwieriger dürfte den Machern von Fortnite und den anderen verbannten Games die Reaktion fallen, da bei ihnen die gesamte brutale Struktur geahndet wurde. Hinzu kommt, dass derzeit überhaupt nicht klar ist, was die Behörde mit den von ihr angemahnten „ethischen Werten“ meint, da sie keine Definition darüber abgibt.

Firmen aus den USA und China gleichermaßen betroffen

Wer angesichts des scharfen Vorgehens der chinesischen Beamten an einen Angriff auf US-Unternehmen als Antwort auf die Sanktionen der USA gegen Chinas Exportwirtschaft denkt, täuscht sich gewaltig.

Tatsächlich gehört der chinesische Internetkonzern Tencent zu den größten Verlieren. Dem Unternehmen gehören diverse Onlinemedien und mit WeChat der meistverbreitete Chat-Dienst der Volksrepublik. Daneben betreibt Tencent populäre Shoppingportale und ist einer der führenden Anbieter von Onlinegames. Zu den erfolgreichsten eSports-Produkten gehören PUBG und LoL, die sich ebenfalls auf der Liste wiederfinden oder sogar schon blockiert wurden.

Die Hersteller und Fans rätseln nun gleichermaßen, ob und wann die Behörde Informationen dazu preisgibt, wie es mit den beliebten Spielen weitergeht. Bis dahin sind viele der verbreitetsten Games in der Volksrepublik erst einmal offline.