Online-Sperrstunde für Gamer: China präsentiert neue Regeln zum Jugendschutz
Die chinesische Regierung will übermäßiges Online-Spiel unter Minderjährigen eindämmen und setzt hierfür auf strenge Regulierung. Deshalb veröffentlichte die staatliche Medienstelle nun eine „Mitteilung zur Verhinderung des Genusses von Online-Spielen durch Minderjährige“. Künftig ist klar geregelt, wer wann und wie lange im Internet spielen darf.
„Schlecht in der Schule und kurzsichtig“
Jugendlichen Gamern in China stehen möglicherweise schwere Zeiten bevor. Dies belegt eine aktuelle Veröffentlichung der staatlichen Stelle für Presse und Publikationswesen Chinas. In einer neuen Verordnung widmet sich die Verwaltungsbehörde explizit dem Thema Online Gaming.
Der offizielle Ansatz: Übermäßiges Online-Spiel verderbe die Jugend. So seien schlechte schulische Leistungen nicht selten auf eine Abhängigkeit im Rahmen des eSports zurückzuführen:
Diese Probleme wirken sich auf die körperliche und geistige Gesundheit von Minderjährigen sowie auf deren normales Lernen und Leben aus.
Im vergangenen Jahr hatte Präsident Xi Jinping Computerspiele zudem mitverantwortlich für einen Anstieg der Kurzsichtigkeit unter Chinesen (Seite auf Englisch) gemacht.
Maximal 90 Minuten am Tag
Das neue Regelpaket beinhaltet unter anderem die Einführung einer Gaming Sperrstunde für Jugendliche. So ist es Plattformen künftig unter anderem verboten, Minderjährigen ihre Angebote zwischen 22 Uhr und 8 Uhr zugänglich zu machen.
Wer wie lange im Netz spielen darf, ist von nun an in China staatlich geregelt (Quelle:flickr.com/nodstrum, licensed under CC BY 2.0)
Unterbunden wird nicht nur das Spiel in der Nacht, denn von nun an dürfen Kinder und Jugendliche an Werktagen maximal 90 Minuten mit dem Spiel im Netz verbringen. An Wochenenden und in den Schulferien sind bis zu drei Stunden am Tag erlaubt.
Weiterhin setzen die Neuregelungen auf Obergrenzen für die Ausgaben der Jugendlichen bei kostenpflichtigen Angeboten. Nach Alter gestaffelt, dürfen Minderjährige ab sofort maximal 200 bis 400 Yuan (umgerechnet bis zu 57 Euro) im Monat in In-Game-Käufe investieren. Kinder unter acht Jahren sind vollständig von den Transaktionen ausgeschlossen.
Die chinesische Führung weist zudem explizit darauf hin, dass sich „schädliche Spielinhalte“ wie Glücksspiel, Pornografie und Gewalt, keinesfalls an Minderjährige richten dürfen.
Sicherheitsministerium mit an Bord
Um die neuen Vorgaben erfüllen zu können, müssen die Anbieter der Games künftig dafür Sorge tragen, dass User ausschließlich unter Angabe ihres Klarnamens und einer offiziellen Identifikationsnummer auf ihren Portalen aktiv sein können.
Laut Mitteilung wird die chinesische Verwaltung mit dem Ministerium für öffentliche Sicherheit zusammenarbeiten, um die allgemeinen Identifikationsprozesse zu verbessern. Dies diene dazu, das Spielverhalten der Minderjährigen besser im Blick zu behalten.
Anbieter, so die Verlautbarung, die gegen die neuen Richtlinien verstoßen, sollen zu Änderungen aufgefordert oder bestraft werden. Die Sanktionen könnten bis zum Entzug der Betriebslizenz führen.
Weiterhin ermahnt die Verfügung Eltern und Schulen, ihre Pflichten in Bezug auf Schutz und Erziehung Minderjähriger wahrzunehmen.
Maßnahmenkatalog keine Überraschung
Für Bevölkerung und Gaming Industrie dürfte der Maßnahmenkatalog der Regierung wenig überraschend kommen. Schließlich sei das rigide Vorgehen der chinesischen Führung gegen mutmaßlich schädliche Auswirkungen von Computerspielen bereits seit längerem bekannt.
Analysten zufolge sei deshalb auch nicht mit negativen Auswirkungen der neuen Maßgaben auf das Geschäft der Branche zu rechnen. So hätten unter anderem die Tech-Giganten Tencent und Netease bereits Limits für Minderjähre auf ihren Plattformen integriert.
Im vergangenen Jahr rief China eine Ethik-Kommission ins Leben, die Spielangebote auf die Einhaltung moralischer und sozialer Standards überprüft. Selbst leise Hinweise auf Themen wie Prostitution, Glücksspiel und Gewalt können zum Ausschluss der Games vom lukrativen chinesischen Markt führen.
Aus diesem Grund setzen mittlerweile diverse Anbieter auf eigens für den asiatischen Markt entwickelte, entschärfte Versionen ihrer Spiele, die den ästhetischen und inhaltlichen Ansprüchen der Aufsichtsbehörden genügen.
Schutz oder Kontrolle?
Kritiker sehen den aktuellen Vorstoß zur weiteren Regulierung des Online-Gamings unter Chinesen mit Sorge. In ihren Augen seien die Maßnahmen, die offiziell dem Jugendschutz dienten, in erster Linie dazu geeignet, die Überwachung der Bevölkerung voranzutreiben.
Der freie Raum und die Vernetzungsmöglichkeiten, die Online-Spiele unter anderem auch durch ihre Chatfunktionen böten, so die Kritik, missfielen der chinesischen Führung. Deshalb bemühe man sich, auch hier auf die Einhaltung enger Rahmenbedingungen zu setzen.
Tatsächlich betreffen die neuen Maßnahmen ausschließlich das jugendliche Spielverhalten im Internet. Offline greifen die Regelungen nicht. Abgesehen von den politisch-gesellschaftlichen Dimensionen der Frage bleibt somit offen, inwieweit ein vernünftiges Maß an Gaming überhaupt staatlich verordnet werden kann, oder ob es nicht doch am Einzelnen und seinem sozialen Umfeld liegt, einen gesunden Umgang mit dem Spiel zu finden.