Unfairer Wett-Vorteil? Britische Pferderennbahnen kämpfen gegen Drohnen
Das Fliegen von Drohnen ist zu einem beliebten Hobby vieler Menschen geworden. Einige Drohnen-Besitzer nutzen die fliegenden Aufzeichnungsgeräte jedoch dazu, sich bei Live-Sportevents Vorteile beim Wetten zu verschaffen. Wie das britische Tech-Magazin Wired am Dienstag berichtete [Seite auf Englisch], sorge dies seit einiger Zeit für Streit zwischen den Inhabern von Pferderennbahnen und den Drohnen-Piloten.
Sekunden Vorteile gegenüber TV-Übertragung
Immer wieder ertappten die Veranstalter von Pferderennen Personen außerhalb der Rennstrecke dabei, wie sie während Live-Pferderennen Drohnen über das Gelände fliegen ließen und das Event live streamten. Wer den Drohnen-Live-Stream verfolgte, habe dabei Vorteile gegenüber den Zuschauern der kommerziellen TV-Übertragungen.
Klassische TV-Live-Übertragungen erfolgten nämlich in der Regel mit bis zu drei Sekunden Verzögerung vom tatsächlichen Geschehen. Bei privaten Live-Streams gebe es nur den Bruchteil einer Sekunde Verzögerung. Die Kunden der Buchmacher könnten dies zu ihrem Vorteil nutzen:
Insbesondere bei Pferderennen könne sich der Verlauf des Turniers innerhalb einer Sekunde drastisch verändern. Dank der kaum zeitversetzten Drohnen-Streams könnten Wettkunden kleinste Nuancen noch vor den Buchmachern wahrnehmen und somit Tipps abgeben, bevor die Wettanbieter ihre Quoten anpassten.
Für den Besitz und das Fliegen von Drohnen gibt es Deutschland und den anderen EU-Staaten strenge Auflagen. Seit dem 1. Januar 2021 gilt die EU-Drohnenverordnung, welche vorsieht, dass alle Drohnen registriert sein und alle Piloten einen spezifischen Drohnen-Führerschein machen müssen. Das Mindestalter ist dabei auf 16 Jahre festgelegt. Auch müssen Drohnen-Besitzer eine gesonderte Drohnen-Haftpflichtversicherung abschließen, bevor sie sie steuern dürfen.
In Deutschland gibt es zudem zahlreiche nationale Auflagen dazu, wo Drohnen nicht fliegen dürfen. Zu den verbotenen Flugzonen zählt der unmittelbare Luftraum über Wohngrundstücken, Naturschutzgebieten, Flugplätzen, Menschenansammlungen, Krankenhäusern, Unglücksorten, Gefängnissen, Militäranlagen, Energieanlagen sowie Autobahnen und Bundesstraßen.
Ein neues Nischen-Geschäftsmodell?
Einige Briten hätten das Drohnen-Wetten in den letzten paar Jahren zu ihrem Beruf gemacht. Ein Beispiel sei Michael McCool, der mit seinen Drohnen kaum ein Pferderenn-Event auslasse. Der ehemalige Windhund-Trainer nutze seine Drohnen sowohl zum Live-Streamen der Events als auch für seinen persönlichen Wettvorteil. Mittlerweile habe er sogar Leute angestellt, die die „Arbeit“ mit ihm verrichteten.
Jede Woche setze er knapp 30.000 GBP bei Live-Wetten. Abzüglich der laufenden Kosten für die Instandhaltung der Drohnen und der Anteile für seine Mitarbeiter springe für ihn in der Regel ein durchschnittlicher Profit von 200 GBP pro Tag heraus, erklärt er gegenüber der Presse.
Bei den Rennstrecken-Besitzern sei McCool seit 2019 bekannt. Diesen sei er ein Dorn im Auge, erklärt er. Viel ausrichten könnten diese jedoch nicht, denn er handle nicht gesetzeswidrig. Auch die britische Glücksspielaufsicht UKGC spricht sich nicht gegen diese Form der Vorteilsverschaffung aus. Auf der Webseite der Behörde heißt es:
Wir erachten es nicht für notwendig einzuschreiten, um einige Spieler davon abzuhalten, Technologien zu nutzen, um sich einen Vorteil in Bezug auf die Informationsgeschwindigkeit zu verschaffen, sofern allen Spielern gegenüber deutlich gemacht wird, dass derartige Möglichkeiten existieren.
Mit der Polizei sei McCool im Zusammenhang mit der Drohnen-Nutzung bereits mehrmals in Kontakt gekommen. 2019 habe der Besitzer der Rennstrecke in Wakefield die Beamten gerufen, um den Drohnen-Flieger zu stoppen. Tatsächlich habe die Polizei die Drohne an dem Tag konfisziert und es sei zu einer Anzeige gekommen.
Der Vorwurf: McCool habe die Drohne in gefährlicher Weise über einer Menschenmasse fliegen lassen. Bei der anschließenden Gerichtsverhandlung im März 2020 sei die Anklage gegen McCool jedoch mangels Beweisen fallen gelassen worden.
Rennstrecken-Besitzer hätten die Polizei immer wieder involviert, wenn McCool vor Ort gewesen sei. Konsequenzen habe es jedoch seit dem Urteil nie wieder gegeben.
Eine Gefahr für die Rennpferde und den Sport selbst?
Waffenstillstand zwischen den Betreibern der Rennbahnen und McCool und seinem Team gebe es jedoch nicht. So erwirkten die Veranstalter immer wieder allgemeine Flugverbote am Tag eines Rennens. Der Drohnen-Pilot ignoriere diese jedoch, da die Verbote rein rechtlich lediglich als Warnung zu verstehen seien, erklärt er.
Die Besitzer der Rennstrecken störten sich jedoch nicht nur an dem ihrer Ansicht nach unfairen Wettvorteil, sondern äußerten auch Bedenken in Bezug auf die Sicherheit der Rennpferde. Ein Sprecher des größten britischen Rennveranstalters, der Arena Racing Company (ARC), erklärt:
Es gibt diesbezüglich eine Reihe von Bedenken, allen voran die Sicherheit der Teilnehmer, sowohl die der Menschen als auch die der Pferde. Man kann nie wissen, wo und von wem die Übertragungen genutzt werden. In Zeiten, wo Glücksspiel und Glücksspiel-Kontrollen unter strenger Beobachtung stehen, kann es nicht richtig sein, dass diese Anbieter so einfach Schlupflöcher ausnutzen können.
Die Veranstalter von Sportevents verlören unweigerlich die Kontrolle über ihr eigenes Geschäft und die daraus hervorgehenden Wetten. Auch gefährdeten die Drohnen-Streams langfristig die gesamte Industrie. Diese finanziere sich nämlich zu großen Teilen durch TV-Übertragungsrechte.