Großbritannien: Ehemalige pathologische Spieler berichten im House of Lords
Das House of Lords Select Committee hat im Oktober in London vier ehemalige pathologische Spieler zu ihren Erfahrungen mit Glücksspielen befragt. In der vergangenen Woche lud Lord Michael Grade aus Yarmouth, der Leiter des Select Committees, die vier Spieler erneut ein, damit diese ihren Weg zum Problemglücksspiel detailliert erläuterten.
Das im Juli dieses Jahres gegründete House of Lords Select Committee wurde von der Regierung damit beauftragt, einen Bericht über die Glücksspielkosten für die britische Gesellschaft zu verfassen. Der Bericht könnte sich auf die künftige regulatorische Entwicklung des Glücksspielsektors auswirken.
In den Aussagen der ehemaligen Spieler wurde ebenso das Versagen des Systems hinsichtlich des Schutzes gefährdeter Verbraucher detailliert erläutert. Die gesamte Anhörung kann hier [Video auf Englisch] abgerufen werden.
Erfahrungen Betroffener des pathologischen Glücksspiels
Das Gremium des House of Lords erhielt durch die Berichte [Seite auf Englisch] der ehemaligen Spielsüchtigen vernichtende Erkenntnisse hinsichtlich des Glücksspiels in Großbritannien.
Lord Grade of Yarmouth befragte pathologische Spieler. (Bild: wikipedia.org/by Chris McAndrew)
Das Komitee begann die Anhörung mit der Frage nach den ersten Spielerfahrungen. Die betroffenen Spieler sagten, dass sie bereits als Jugendliche mit Spielautomaten oder durch Wetten mit Freunden oder Familienmitgliedern mit dem Glücksspiel in Berührung gekommen seien.
Anschließend teilten die Befragten ihre Erfahrungen mit, die sie im Erwachsenenalter gemacht hätten. Dabei hätten sie eine Zunahme ihres pathologischen Spielverhaltens beobachten können.
Unkomplizierte Aufnahme von Krediten
Als Erwachsener sei der Zugang zu Krediten einfach. Ein Betroffener, ein ehemaliger Polizeibeamter, berichtete, dass er mit dem Smartphone innerhalb von nur fünf Minuten einen Kredit in Höhe von 5.000 Pfund Sterling habe aufnehmen können.
Basierend auf dieser Aussage werde das Komitee die Möglichkeit der Aufnahme von Krediten zur Finanzierung des pathologischen Glücksspiels einer eingehenden Prüfung unterziehen.
Die Betroffenen hätten ausführlich darlegen können, dass sie sofortigen Zugang zu Geldmitteln gehabt hätten, obwohl die Transaktionshistorien Hinweise darauf gegeben hätten, dass die Kreditnehmer sogenannte „Zahltag-Spieler“ sein könnten.
Expresskredite häufig für Glücksspiel verwendet
Im angelsächsischen Raum sind die sogenannten „Payday Loans“ weit verbreitet. Dabei handelt es sich um Kurzzeitkredite mit recht hohen Zinsen, die auf Grundlage des Einkommens des Kreditnehmers und des Kreditprofils gewährt werden. Da ein Teil des Kredits am nächsten Zahltag fällig wird, bezeichnet man diese Kredite auch als „Zahltag-Kredite (Payday-Loans).
Pathologische Spieler kommen leicht an Kredite. (Bild: pixabay.com)
Diese Darlehen können in Notfällen nützlich sein. Allerdings werden diese Kredite recht häufig auch von pathologischen Spielern beantragt, die das Geld dann nicht mehr zurückzahlen können.
Keine Bonitätsprüfungen seitens der Glücksspielanbieter
Ein weiterer Aspekt, der für das Gremium von Interesse gewesen sei, sei die Frage, wie die Spieler die Sicherungssysteme der Casinos hätten umgehen können, um noch mehr zu spielen.
Dazu sagte eine Spielerin:
„Nur eines der neun Unternehmen hat eine Bonitätsprüfung durchgeführt, nachdem ich 440.000 Pfund Sterling ausgegeben hatte.“
Ein weiterer Spieler erläuterte, dass er im Jahre 2015 zum ersten Mal eine Bestätigung zur Herkunft der Geldmittel habe vorlegen müssen, nachdem er insgesamt 1,8 Millionen Pfund Sterling für Glücksspiele aufgewendet habe. Dieses Geld habe er auch nicht auf legale Art und Weise erhalten.
Bezüglich der in den Online Casinos angebotenen VIP Programmen sagten die Spieler, dass der Zugang ohne vorherige Prüfung gewährt würde. Kein Anbieter führe Prüfungen durch, wenn übermäßig hohe Geldbeträge verspielt würden.
Selbstausschluss-Mechanismen nur unzureichend
Auch die Selbstausschluss-Programme stehen in der Kritik. So sagten die Spieler, dass GamStop nur die Option biete, sich für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren auszuschließen. Ein dauerhafter Ausschluss sei nicht möglich.
Obwohl jeder der anwesenden Spieler sich selbst ausgeschlossen habe, sei es ihnen immer noch möglich, mit den Glücksspielanbietern unter Verwendung anderer Identitäten in Kontakt zu treten. Außerdem seien sie weiterhin der Glücksspielwerbung durch Marketing-Webseiten und Fernsehwerbung ausgesetzt.
Mangelnde Unterstützung seitens der Glücksspiel-Kommission
Die britische Glücksspielkommission gab ebenfalls Anlass zur Kritik. Ein Spieler, der bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten war, erklärte, er habe der Aufsichtsbehörde mitgeteilt, dass er 1,8 Millionen Pfund Sterling gestohlen habe.
Die Behörde soll ihm allerdings geantwortet haben, dass ihm keine Hilfe zuteilwerden könne, da er sich im Ausland aufhalte.
Er führte aus:
„Sicherlich hätte die Glücksspielkommission dies allen anderen Betreibern mitteilen können, dann wäre vielleicht kein größerer Schaden entstanden. Ich halte sie zwar nicht für voll verantwortlich, aber ich sollte nicht in der Lage sein, einen Anbieter auszutricksen.“
Er sagte weiterhin, dass er davon ausgegangen sei, dass die Glücksspielkommission bei Problemen eingreife, dies geschehe aber nicht. Der Spieler kommentierte weiter, dass man sich nirgendwohin wenden könne, wenn man kein Geld für einen Anwalt habe.
In Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen erklärte das House of Lords Select Committee, dass die UKGC nicht rechenschaftspflichtig sei und bei Streitigkeiten zwischen Spielern und Glücksspielanbietern nicht interveniere. Das Auswahlkomitee werde nun prüfen, ob die britischen Glücksspielgesetze hinsichtlich der aufgeführten Fälle aktualisiert werden müssten.