Glücksspiel in Großbritannien: Mehr Wettbüros in ärmeren Städten
In Großbritannien gibt es nach Angaben staatlicher Stellen über 7.500 Wettbüros. Einer neuen Studie [Seite auf Englisch] zufolge sind diese im Land jedoch höchst ungleich verteilt. So fänden sich Forschern der Universität Bristol zufolge in ärmeren Städten überproportional viele Geschäfte der Sportwetten-Anbieter.
Die Wissenschaftler stellten bei ihrer Untersuchung fest, dass mit 18 % knapp ein Fünftel aller Wettbüros in den ärmsten 10 % der britischen Städte anzutreffen seien. Demgegenüber befänden sich lediglich 2 % der Shops im Bereich des wohlhabendsten Zehntels der britischen Regionen. Damit sei die Wahrscheinlichkeit, in armen Gemeinden auf ein Wettbüro zu treffen, zehnmal höher als in den finanziell bessergestellten Teilen des Landes.
Doch nicht nur Wettbüros seien in den armen Regionen überrepräsentiert. Darüber hinaus lägen im ärmsten Zehntel 29 % der britischen Spielhallen, 34 % aller Spiele-Arkaden sowie 30 % der Bingo-Hallen.
Die Forscher deckten ebenfalls auf, dass sich im Umfeld von 10 % aller britischen Schulen mindestens ein Glücksspielgeschäft im Umkreis von 250 Metern befinde. Noch schlechter sehe es bei Hilfs- und Präventionszentren für Spieler aus. Bei rund der Hälfte von ihnen liege ein Glücksspielgeschäft weniger als fünf Minuten Fußweg entfernt.
Im Vergleich zu diesen Zahlen liege die Versorgung mit Supermärkten in etwa auf Landesniveau. Bei kulturellen Angeboten oder öffentlichen Büchereien hingegen sei das Angebot weitaus geringer als in wohlhabenderen Regionen.
Wettbüros und Co. in Deutschland auch ungleich verteilt
Auch in Deutschland sind Wettbüros und Spielhallen ungleich über Stadtteile und Regionen verteilt. Neben Amüsier- und Bahnhofsvierteln sind die Glücksspielbetriebe hierzulande ebenfalls überproportional häufig in Gebieten mit einer finanziell benachteiligten Bevölkerung anzutreffen.
Die Viertel mit hoher Wettbüro-Dichte verfügten zumeist über einen überdurchschnittlich hohen Anteil an jüngeren Menschen, insbesondere Männern mit Migrationshintergrund. Diese zählten nach Ansicht von Spielerschützern zur bevorzugten Zielgruppe der Anbieter.
Um die ärmere Bevölkerung vor finanziellen Risiken durch das Glücksspiel zu schützen, griffen Richter in Köln vor zehn Jahren zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Im März 2011 verfügte das Kölner Landgericht, dass der Anbieter Westlotto keine Wettscheine von Hartz-IV-Empfängern mehr annehmen dürfe.
Grund war eine Klage des Anbieters Tipico gewesen, der in dem Verkauf an die Betroffenen einen Verstoß gegen Glücksspielstaatsvertrag sah, da laut diesem „Menschen mit geringen Einkünften“ vor den negativen Folgen des Glücksspiels geschützt werden müssten. Der staatliche Lotterie-Betreiber war damals gegen das Urteil vorgegangen, das in einem späteren Verfahren aufgehoben wurde.
Der vermehrte Auftritt von Glücksspielbetrieben ist somit nicht nur ein britisches Phänomen. In Deutschland muss sich zeigen, ob die schärferen Regeln für Mindestabstände zwischen den Geschäften dazu führen, dass deren Dichte in ärmeren Stadtteilen künftig abnimmt.