Selbstausschluss und Limits: Ausreichende Werkzeuge für den Spielerschutz?
Spielerschutz-Tools wie Einsatzlimits und Selbstausschlüsse sind derzeit eines der zentralen Themen im Online-Glücksspiel. Wie der europäische Glücksspiel-Verband EGBA am Mittwoch berichtete, würden die verfügbaren Technologien von Online-Casino-Kunden aktuell mehr genutzt als je zuvor. Laut einem gestern veröffentlichten Bericht der britischen Spielerschutz-Organisation BeGambleAware seien die Tools jedoch längst nicht ausreichend und oft mit einem Stigma behaftet.
EGBA: 75 % der Spieler nutzen Kontroll-Tools
Auf den lizenzierten Glücksspiel-Märkten Europas sind Online-Casinos und Buchmacher in der Regel dazu verpflichtet, all ihren Kunden eine Reihe von Spielerschutz-Technologien zur Verfügung zu stellen. Laut der EGBA [Seite auf Englisch] nähmen die Kunden die Tools mittlerweile mit großer Mehrheit an.
Im Jahr 2020 sei bei mindestens 75 % der Online-Glücksspieler mindestens ein Spielerschutz-Tool zur Anwendung gekommen. Im Jahr 2019 habe der Anteil noch bei 63 % gelegen, 2018 nur bei 37 %.
Bei 33 % der Spieler sei die jeweilige Technologie im letzten Jahr auf eigenen Wunsch hin aktiviert worden. Am meisten genutzt worden sei mit 22 % ein selbst wählbares Einsatzlimit. Zeitlimits oder zeitlich begrenzte Selbstausschlüsse seien jeweils von 5 % der Spieler aktiviert worden.
Die Mitglieder des Glücksspiel-Verbandes bezeichnen diese Entwicklung als erfreulich. In einer gemeinsamen Erklärung der CEOs von bet365, Betsson, Entain, Kindred und Wlliam Hill heißt es dazu:
Wir sind der Ansicht, dass es in unserer Verantwortung liegt, die Kunden mit Informationen und innovativen Tools zu versorgen, die ihnen dabei helfen, sicher zu spielen. Vor allem streben wir danach, all jene Kunden zu unterstützen, die Probleme damit haben, ihr Glücksspiel zu kontrollieren. Mit dem Wissen, das wir heute haben, sind wir in einer besseren Position denn je, um dafür zu sorgen, dass das Glücksspiel für alle unterhaltsam bleibt.
Auch EGBA-Generalsekretär Maarten Haijer begrüße die gestiegene Verfügbarkeit und Nutzung der Spielerschutz-Tools. Das Engagement der CEOs sei „ermutigend“ und zeige, dass das oft geäußerte Bestreben, die eigenen Kunden zu schützen, auch tatsächlich in die Tat umgesetzt werde.
Britische Studie liefert erstaunliche Ergebnisse
Die britische Spielerschutz-Organisation BeGambleAware sieht die Wirksamkeit der verfügbaren Technologien deutlich kritischer. Um herauszufinden, wie Anbieter dafür sorgen könnten, dass möglichst viele Kunden Einsatzlimits festlegen, hat die Organisation in Kooperation mit dem britischen Glücksspiel-Konzern bet365 eine Untersuchung durchgeführt. Diese hat jedoch überraschende Ergebnisse geliefert.
Für die Studie wurden knapp 23.600 Kunden des Unternehmens herangezogen, die bis dato keinerlei Einsatzlimits festgelegt hatten. Die Kunden wurden in drei Gruppen unterteilt und auf verschiedene Art und Weise dazu motiviert, sich für ein Einsatzlimit zu entscheiden.
Die erste Gruppe sei einmal aufgefordert worden, aus einem Drop-Down-Menü ein Einsatzlimit auszuwählen, und anschließend nicht mehr kontaktiert worden. Die zweite Gruppe, die sogenannte „Selbst-Überzeugungs-Gruppe“, sei nicht nur aufgefordert worden, ein Limit zu wählen, sondern auch, eine kurze allgemeine Empfehlung für andere Kunden zu verfassen.
Diese eigene Empfehlung sei ihnen dann einige Tage später, sowie beim Versuch, das Einsatzlimit zu erhöhen oder auszuschalten, erneut angezeigt worden. Die dritte Gruppe sei dazu aufgefordert worden, ein Einsatzlimit zu setzen und anschließend aus einer vorgefertigten Liste ihren Grund für das gewählte Limit anzugeben.
Entgegen den Erwartungen von BeGambleAware sei die erste Gruppe, die weder zur Angabe von Gründen, noch zur Selbstreflexion aufgefordert worden sei, am häufigsten (in 4,4 % der Fälle) der Aufforderung nachgekommen, sich ein Limit zu setzen.
In der zweiten Gruppe hätten 3,6 % und in der dritten Gruppe nur 2,9 % der Kunden ein Einsatzlimit aktiviert. Wie die Organisation erklärt, könne es also „nach hinten losgehen“, wenn Anbieter ihre Kunden zu sehr drängen, ein Limit zu wählen.
Während es weiterer Studien zum Thema bedürfe, um die genauen psychologischen Mechanismen hinter dieser „Trotzreaktion“ zu verstehen, lasse sich ein Problem bereits klar erkennen:
Spielerschutz-Tools seien zum Teil mit einem Stigma behaftet und würden daher nicht als Standart-Ausrüstung für jedermann wahrgenommen. Hier könnten Anbieter beispielsweise ansetzen, und in ihrer Kunden-Kommunikation von einem „Sicherheitsnetz“ statt von Limits oder Einschränkungen sprechen.