Ist Österreichs privates Glücksspiel-Monopol ein lebensfremdes Modell?
Die Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) hat sich schon mehrmals gegen das partielle Glücksspiel-Monopol des Landes ausgesprochen. In einem gestern veröffentlichten Interview mit Sport & Marke hat Geschäftsführerin Raffaela Zillner das österreichische Modell als „veraltet“ betitelt und dabei verschiedene Probleme genannt, die ihrer Ansicht nach von dem Monopol ausgingen.
Die Regulierung des österreichischen Glücksspielmarktes ist europaweit einzigartig. Während der Sportwetten-Sektor je nach Bundesland individuell geregelt wird, herrscht im Casino- und Online-Glücksspiel-Sektor weiterhin ein Monopol. Dieses wird jedoch heute nur in Teilen staatlich betrieben. Mehrheitseignerin des Casino-Monopolisten Casinos Austria ist derzeit mit 55,48 % die tschechische SAZKA Group; die österreichische Staatsholding ÖBAG hält 33,2 % der Anteile. Die Casinos Austria AG wiederum ist 74-prozentige Eigentümerin der Österreichischen Lotterien. Beide Konzerne betreiben gemeinsam die Online-Glücksspiel-Plattform win2day.
Laut OVWG seien Monopole im Glücksspiel heute grundsätzlich „aus der Zeit gefallen“. Doch der Staat halte weiterhin am Modell fest und plane darüber hinaus sogar, das Monopol im Rahmen einer Glücksspielreform zu festigen. Angedacht seien insbesondere Netzsperren, die den Zugang zu nicht lizenzierten Online-Glücksspiel-Webseiten aus dem Ausland erschweren sollen.
Wie Zillner erklärt, sei diese Maßnahme in mehrerlei Hinsicht wirkungslos. Zum einen könne jeder Technik-Laie die Sperren in wenigen simplen Schritten umgehen. Zum anderen sei es „lebensfremd“ anzunehmen, dass die Spieler nur aufgrund von Netzsperren allesamt zur einzig legalen Plattform win2day überwechseln würden.
Stattdessen würden nämlich all jene Online-Casinos Zulauf erhalten, die von der Netzsperre nicht erfasst würden. Das seien höchstwahrscheinlich Anbieter außerhalb der EU, bei denen die Standards für Spielerschutz, Anti-Geldwäsche und Datenschutz nicht erreicht würden. „Seriöse Anbieter, die bereits Lizenzen aus anderen EU-Mitgliedstaaten haben“, würden damit vom Markt gedrängt und Spieler auf den wahren Schwarzmarkt getrieben.
Appell an die Regierung: Österreich sollte Sondermodell aufgeben
Nach Ansicht der OVWG sollte die Regierung die diskutierten Maßnahmen daher noch einmal überdenken. Sinnvoller für den österreichischen Markt sei ein Lizenzsystem, wie es die meisten anderen europäischen Länder längst eingeführt hätten.
Konkret fordern wir ein Lizenzmodell, bei dem die Lizenzen nicht mengenmäßig begrenzt, sondern an die Einhaltung qualitativer Standards geknüpft sind. Jeder Anbieter, der die hohen inhaltlichen Hürden überspringen kann, sollte eine Lizenz bekommen. Alles andere hätte immer einen willkürlichen und intransparenten Beigeschmack: Denn was rechtfertigt, dass es genau 5, 10, 15 oder 20 Lizenzen gibt?
Dieses Modell habe sich in anderen Ländern, z.B. Dänemark bereits bewiesen. Dort sei eine Kanalisierung von mehr als 90 % gelungen. In Österreich nutzten lediglich 30 % der Spieler die win2day-Plattform des Monopolisten.
Darüber hinaus sei es laut der Vereinigung auch ratsam, den Sportwetten-Sektor auf Bundes- statt auf Landesebene zu regulieren. Das aktuelle Modell sei weder zeitgemäß noch einheitlich. Ob die Regierung diesen Forderungen nachgehen wird, bleibt jedoch fraglich.