Südtirol: Netzwerk Spielsucht warnt vor Corona-bedingtem Glücksspiel-Anstieg
Ein Zusammenschluss mehrerer Glücksspiel-Beratungs- und Hilfsorganisationen aus Südtirol hat am Dienstag im norditalienischen Bozen zur Pressekonferenz geladen. Die Vertreter des Netzwerks Spielsucht berichteten von einem massiven Anstieg des Glücksspiels in der Region im Jahr 2020. Dieses habe sich aufgrund der Pandemiemaßnamen größtenteils ins Internet verlagert. Gleichzeitig warben die Organisatoren für die vielfältigen Beratungs- und Therapieangebote, die Betroffenen in der Provinz zur Verfügung stehen.
Glücksspiel-Anstieg um 40 % in Südtirol
Im Vergleich zum Vorjahr, so die Zahlen des Netzwerks Spielsucht, sei das Glücksspiel in Südtirol 2020 um 40 % angewachsen. Mittlerweile gebe im Schnitt jeder Einwohner der Provinz jährlich 1.350 Euro in Casinos & Co. aus.
Bemerkenswert sei, so der Psychologe Paolo Belletati, dass der ganz überwiegende Teil „klassischer Glücksspieler“ seine Aktivitäten während der Lockdown-Phasen eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt habe. Es sei davon auszugehen, dass 90 % der Südtiroler Nutzer konventioneller Glücksspiel-Angebote nicht auf das Spiel im Internet umgestiegen seien.
Im Netzwerk Spielsucht haben sich mehrere Akteure zusammengetan, um Südtirolern niedrigschwellige Angebote in Bezug auf Prävention, Beratung und Hilfe zu unterbreiten. Mitglieder des Netzwerkes sind die Dienste für Abhängigkeitserkrankungen Bozen, Brixen, Meran und Bruneck, das Forum Prävention – Fachstelle Sucht, die Schuldnerberatung der Caritas, die Psychosoziale Beratungsstelle Schlanders, der Verein HANDS und das Therapiezentrum Bad Bachgart.
Umso schwerer wiege der Anstieg des Online-Glücksspiels unter den Spielern, die bereits vor der Pandemie auf digitale Angebote zurückgegriffen hätten. Dieser Personenkreis habe während des vergangenen Jahres deutlich mehr Zeit und mehr Geld in das Spiel im Internet investiert.
Diese Entwicklung entspreche dem Trend, dass das Glücksspiel in Krisenzeiten oft Konjunktur habe, so Belletati. So nähre es nicht nur die Hoffnung auf eine Verbesserung der eigenen finanziellen Situation, sondern auch die auf Ablenkung und Glück.
Prävention und Hilfe in Südtirol
Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation rieten die Vertreter des Netzwerkes Betroffenen eindringlich dazu, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Helfen solle hierbei unter anderem eine neuaufgelegte Webseite.
Unter aktion-spielsucht.it stellen die beteiligten Organisationen ihre Angebote vor und informieren zum Thema Glücksspiel und Spielsucht. Unter anderem warnen die Verantwortlichen:
Glücksspiel ist in Südtirol weit verbreitet. Die meisten Personen spielen sporadisch und verantwortungsvoll und die Verluste halten sich in Grenzen. Für einen kleinen Teil der Bevölkerung aber sind Glücksspiele mehr als ein kurzweiliges Vergnügen, sie bestimmen den Alltag und Geldverluste werden zunehmend problematisch.
Ziel des Netzwerkes sei es insbesondere, die Hemmschwelle, sich Hilfe zu suchen, zu senken. Unter anderem bietet das Netzwerk-Mitglied Forum Prävention deshalb zeitnah zwei Live-Talks auf seiner Facebook-Seite an. Hierbei sprechen Experten und Betroffene im Livestream über die Spielsucht und Wege, ihr zu entkommen.