Mittwoch, 27. November 2024

Fachtagung Glücksspiel­sucht: Spielsucht als Nebenwirkung von Medikamenten

Medikamente

Gestern hat Dr. Felix Wedegärtner auf der 32. Tagung des Fachverbandes Glücksspielsucht e. V. über die Spielsucht als Nebenwirkung von Medikamenten gesprochen. Dr. Wedegärtner, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, betonte, dass Spielsucht vor allem als Nebenwirkung von Parkinson-Medikamenten auftreten könne. Dies könne jedoch keinesfalls verallgemeinert werden.

Glücksspielsucht als komplexe Störung

Glücksspielsucht sei laut Dr. Wedegärtner ein komplexes Phänomen, das mit Elementen einer Zwangsstörung, einer Impulskontrollstörung sowie einer stoffgebundenen Sucht einhergehe. Typisch sei dabei die verminderte Kontrolle über das Spielen, die überwiegende Priorisierung des Spielens sowie dessen Eskalation trotz negativer Konsequenzen. Generell handele es sich um eine Krankheit, die sehr heterogen und wenig verstanden sei.

Häufig seien Entstehung und Verlauf nicht eindeutig nachvollziehbar. Dies sei mitunter auch dann der Fall, wenn die Spielsucht unter Einwirkung bestimmter Medikamente entstehe. Zusammenhänge zwischen Medikamenten und der Entstehung der Glücksspielsucht seien daher häufig nicht eindeutig nachweisbar.

Sicher sei dies nur bei dopaminergenen Medikamenten, wie sie bei Parkinson-Erkrankungen eingesetzt würden, nachweisbar. Dabei seien die Zusammenhänge jedoch komplizierter als häufig in den Medien dargestellt.

Der in der Fachzeitschrift Der Nervenarzt erschienene Artikel „Reversible Glücksspielsucht unter Pramipexol“ beschreibt mehrere Fälle, die möglicherweise einen Zusammenhang zwischen der Glücksspielsucht und der Einnahme von Parkinson-Medikamenten wie Pramipexol aufzeigen. So sei der Fall einer 64-jährigen Parkinson-Patientin bekannt, die eine Spielsucht entwickelt habe, nachdem sie eine wirksame Dosis des Medikaments erhalten habe. Nach Absetzen des Medikaments sei auch die Spielsucht wieder verschwunden.

Dass Spielsucht als Nebenwirkung der Parkinson-Medikation auftreten könne, habe zum Beispiel die italienische Studie „Drugs-Induced Pathological Gambling: An Analysis of Italian Spontaneous Reporting System” bei 120 von 127 untersuchten Fällen nachgewiesen.

Dr. Wedegärtner wies darauf hin, dass jedoch nicht nur Parkinson-Medikamente, sondern auch die Krankheit selbst eine Glücksspielsucht auslösen könne:

Aber: M. Parkinson geht selber mit einer Dysregulation des Dopaminsystems einher, pathologisches Spielen, Kaufen und Essen und Veränderungen der Impulskontrolle sind in der Frühphase ebenfalls als nicht-motorische Systeme der Erkrankung beschrieben worden.

Nicht so eindeutig wie bei Parkinson-Medikamenten wie Pramipexol seien Zusammenhänge zwischen diversen Antidepressiva und Glücksspielsucht nachweisbar. Zwar seien Fälle unter Einwirkung von Aripiprazol berichtet worden, dies sei jedoch nicht für alle Antidepressiva zu verallgemeinern.

Medienberichte diesbezüglich seien laut Dr. Wedegärtner mit äußerster Vorsicht zu genießen. Diesem weitführenden Thema solle, wie die Organisatoren am Ende des Vortrages ankündigten, bei der Fachtagung Glücksspielsucht im nächsten Jahr mehr Zeit gewidmet werden.