Sonntag, 24. November 2024

European Gaming Congress 2020: Sind die Ziele des neuen GlüStV umsetzbar?

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Casinoonline.de berichtet vom zweiten Tag beim European Gaming Congress 2020 [Link auf Englisch]. Bei dem virtuellen Event haben Juristen, Marketing-Experten und iGaming-Dienstleister den Status quo des deutschen Glücksspiels diskutiert. Klar wurde dabei, dass die Regelungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) bei Fachleuten und Anbietern noch immer Fragen aufwerfen.

Mögliche neue Einschränkungen für Betreiber und die Umsetzung technischer Anforderungen bis zum Inkrafttreten des GlüStV am 1. Juli 2021 bedeuteten große Herausforderungen für die Branche. Überdies sei unklar, wie es mit Glücksspiel-Partnerprogrammen („Affiliates“) weitergehen werde.

Neue Einschränkungen für Anbieter?

Am 30. September 2020 haben die obersten Glücksspielbehörden der Länder Übergangsregelungen für Online-Glücksspiel-Anbieter veröffentlicht. Sie ermöglichen, dass die Anbieter noch vor dem 1. Juli 2021 ohne Lizenz in Deutschland operieren dürfen, sofern sie die behördlichen Richtlinien befolgen.

Die Duldungsregeln gelten ab dem 15. Oktober und bringen eine Fülle neuer Standards für die Unternehmen.

Beispiele für Richtlinien ab dem 15. Oktober:

  • Monatliches Einzahlungslimit von 1.000 Euro pro Spieler.
  • Einführung einer 24-Stunden-Sperre („Panik-Knopf“).

Ab 15. Dezember gilt:

  • Maximaleinsatz von 1 Euro an virtuellen Spielautomaten.
  • Spieldauer von mindestens 5 Sekunden pro Einsatzrunde an virtuellen Spielautomaten.

Ob die Behörden ihre Forderungen abschließend formuliert haben, ist bislang unklar. Dr. Jörg Hofmann, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Melchers, betonte, dass der bisherige Maßnahmenkatalog noch erweitert werden könnte.

Die gegenwärtigen Übergangbestimmungen seien nicht als gegeben zu betrachten. Man wisse nie, welche Ideen Regulatoren noch hätten, um sie der Liste der Anforderungen hinzuzufügen.

Technische Umsetzung von Richtlinien ist problematisch

Kopfzerbrechen bereite Softwareentwicklern und Online-Glücksspielbetreibern auch die technische Umsetzung der Regeln, sagte Alexander Haberl von Gaming Laboratories International (GLI), einem Dienstleister zur Zertifizierung von Gaming-Produkten. Aufgrund der Situation in Deutschland habe Haberls Telefon seit Wochen nicht mehr stillgestanden.

Die Online-Glücksspielanbieter bemühten sich, die neuen Anforderungen zu erfüllen. Deren Interpretation sei mitunter aber nicht einfach, so Haberl. Einige der Bedingungen aus dem GlüStV, beispielsweise die Einrichtung eines intelligenten Systems zur Früherkennung von problematischem Spielverhalten, seien Neuland:

„Wir sprechen genaugenommen über ein Früherkennungssystem, das auf einem Algorithmus basiert, der das Suchtverhalten von Spielern erkennt. Ein solches System gibt es einfach nicht.“

Normalerweise überprüfe GLI seine Informationen zusammen mit Glücksspielbehörden, um Kunden verlässliche Beratung zu bieten. Dies sei im Fall von Deutschland augenblicklich kaum möglich.

Steht das Affiliate-Marketing in Deutschland vor dem Aus?

Die Experten haben beim European Gaming Congress 2020 auch Negativprognosen für Glücksspiel-Partnerprogramme („Affiliates“) in Deutschland aufgestellt. Jörg Hofmann beschreibt die Situation für Affliliates als „sehr bedrohlich“. Schon während der Übergangsperiode herrsche ein Marketing- und Werbeverbot.

Im Zuge der Neuregelung des Glücksspiels sei Affiliate-Marketing „fast aus dem Spiel.“ Der Grund hierfür: flexible Vergütungsmodelle, abhängig von Umsatz- oder Einsatzhöhen, seien nicht länger gestattet.

Affiliate-Experte Yaroslav Stanev bewertet die Lage ebenfalls ernst. Derzeit gäbe es keinerlei Probleme mit lizenzierten Märkten in Europa. Deutschland könne diesbezüglich aber zum Vorreiter werden.

In den kommenden Tagen wird Casinoonline.de darüber berichten, welchen Wandel die Glücksspielregulierung in Zentraleuropa und der Ukraine vollzieht. Die dynamische Situation in den Regionen war beim European Gaming Congress 2020 ebenfalls Thema.