Novomatic in der Krise: Neuorientierung außerhalb Europas geplant
Der österreichische Glücksspiel-Riese Novomatic steckt in der Krise und plant daher eine Neuorientierung der Geschäfte. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Exklusivbericht des US-amerikanischen Wirtschaftsmagazins Bloomberg hervor [Seite auf Englisch].
Das Magazin berufe sich nach eigener Aussage auf offizielle Gerichtsakten über Novomatic sowie auf Interviews mit mehr als 25 Geschäftspartnern, Investoren, Anwälten, Bankiers und ehemaligen Angestellten des Konzerns.
Schulden und hohe Umsatzverluste aufgrund der Corona-Pandemie gefährdeten derzeit Novomatics Kreditrating. Laut Patrick Janssen, eines Analysten der internationalen Kreditrating-Agentur S&P, müsse das Unternehmen seine Schulden senken, um eine weitere Verschlechterung seines Ratings zu verhindern.
Der Glücksspielkonzern und Spielautomatenhersteller Novomatic wurde im Jahr 1980 von dem Österreicher Johann Graf gegründet. Laut dem Bloomberg Billionaires Index ist der Novomatic-Gründer damit heute mit einem Vermögenswert von 6,6 Mrd. USD der zweitreichste Unternehmer Österreichs. Auf der Forbes-Liste der reichsten Milliardäre 2020 befindet sich Graf auf Platz 230.
Bereits im letzten Jahr habe die Agentur Novomatic auf das Rating „spekulativ“ heruntergestuft. In den nächsten Monaten müsse Novomatic zunächst Schulden in Höhe von 450 Mio. Euro tilgen. 2023 werde dann eine weitere Anleihe von 500 Millionen fällig.
Aufgrund der Corona-Pandemie jedoch könnten die Unternehmensumsätze um knapp 20 % einbrechen, der operative Gewinn sogar um bis zu 40 %.
Ibiza-Video lastet schwer
Neben der Corona-Krise habe Novomatic noch immer mit den lawinenartigen Folgen der „Ibiza-Affäre“ zu kämpfen. Obwohl Österreichs ehemaliger Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache seine Aussage „Novomatic zahlt alle“ zurückgezogen habe, hallten die Worte in den laufenden Ermittlungen des Ibiza-U-Ausschusses noch immer nach.
Der CEO des Novomatic-Investoren 3 Banken-Generali-Investment, Alois Woegerbauer, habe zusammengefasst:
Es [Novomatic; Anm. d. Verf.] arbeitet nicht nur in einem delikaten Sektor, sondern sieht sich auch mit mehreren Schwierigkeiten gleichzeitig konfrontiert. In Anbetracht der schwächeren Verkaufsprognose und der rechtlichen Angelegenheiten werden die nächsten Monate entscheidend sein, um zu sehen, in welche Richtung Graf und das Unternehmen gehen werden.
Novomatics Investoren seien daher der Ansicht, dass das Unternehmen seine Präsenz auf dem österreichischen Markt insgesamt reduzieren müsse. Dies sei auch der Fall, wenn aus den Ermittlungen des U-Ausschusses keine Anklage resultiere.
Eine bessere Zukunft außerhalb Europas?
Auf dem Plan stehe daher eine weitere Expansion auf den Märkten in US-Amerika, Latein-Amerika, Australien und Afrika. Sowohl das landbasierte als auch das Online-Glücksspiel dort solle Novomatic nach Corona zum Aufschwung verhelfen.
Novomatic habe bereits bestätigt, in den USA beispielsweise in Bars, Cafés und Tankstellen Spielautomaten aufzustellen, sofern die jeweiligen Bundesstaaten dies erlaubten.
Drastischere Maßnahmen zur Verlustminderung hingegen könnten im Abbau von Arbeitsplätzen auf bestimmten Märkten oder dem Verkauf des Novomatic-Gebäudes in Wien bestehen. Graf selbst habe sich zur Angelegenheit öffentlich nicht äußern wollen.