Studie in Großbritannien: Spielsucht-Rate höher als angenommen?
Eine neue Studie in Großbritannien hat ergeben, dass Spielsucht möglicherweise stärker verbreitet ist als bisher angenommen. Das hat die Zeitung The Guardian am Montag berichtet [Seite auf Englisch]. Die Hälfte der Betroffenen nehme zudem nicht die Hilfe in Anspruch, die sie bräuchten.
Den Ergebnissen der Studie zufolge seien 2,7 % der erwachsenen Briten Problemspieler. Dies entspricht etwa 1,4 Millionen Menschen.
Die Erhebung wurde vom Verein GambleAware beauftragt und von der Forschungsgruppe YouGov durchgeführt. 16.000 Menschen sind für die Studie befragt worden.
Als Problemspieler gilt eine Person, die einen sogenannten Problem Gambling Severity Index (PGSI) von mindestens 8 erreicht. Dieser kann anhand eines kurzen Test mit 9 Fragen zum Spielverhalten ermittelt werden.
Die Studie habe weiterhin ergeben, dass 7 % (3,6 Millionen) der britischen Bevölkerung von der Spielsucht einer anderen Person negativ betroffen seien. Insgesamt seien damit fast 5 Millionen Briten passiv oder aktiv durch die Folgen von Spielproblemen beeinflusst worden.
Zweifel an den Zahlen
Experten mahnten unterdessen zur Vorsicht im Umgang mit den Zahlen und gaben an, dass sich die tatsächliche Rate eher dem Ergebnis der Gesundheitsstudie von NatCen Social Research aus dem Jahr 2016 in Höhe von 0,7 % annähern dürfte, auf die sich auch die britische Glücksspielaufsicht berufe.
Dennoch lieferten die Ergebnisse Hinweise auf eine stärkere Verbreitung der Spielsucht, die nicht ignoriert werden dürften, so die Abgeordnete der Labour-Partei und Vorsitzende der Gambling Related Harm All Party Parliamentary Group (APPG), Carolyn Harris:
Während die Rate von 2,7% durchaus überschätzt sein könnte, scheinen die Daten der Gesundheitsumfrage deutlich unterschätzt zu sein. Diese neuen Daten deuten darauf hin, dass das Ausmaß von Sucht weit höher ist als bisher angenommen.
Politik, Glücksspiel-Aufsicht und Vereine müssten die Ergebnisse der Studie zum Anlass nehmen, ihre Arbeit zur Unterstützung von Glücksspielern zu verbessern, so Harris.
Zu wenige Spielsüchtige nutzen Hilfsangebote
Anlass zur Sorge lieferte unterdessen die Erkenntnis, dass fast die Hälfte der von problematischem Spielverhalten Betroffenen keine Hilfe in Anspruch nehme. Insbesondere einkommensschwache Menschen, Frauen und ethnische Minderheiten seien am stärksten betroffen.
Der Studie zufolge liege dies vor allem an der Stigmatisierung von Spielproblemen und der Unkenntnis über die Existenz von Hilfsangeboten.
Der klinische Leiter der NHS Glücksspiel-Kliniken im Norden Englands mahnt, dass daran gearbeitet werden müsse, die Bevölkerung für die Komplexität von Spielproblemen zu sensibilisieren. Die Annahme, dass ein Spielsüchtiger selbst schuld sei an seinem Problem, sei weit verbreitet.