Managerin einer englischen Arztpraxis verspielt fast 700.000 GBP gestohlene Gelder im Online Casino
Am Donnerstag berichteten die britischen Medien, dass die 44-jährige Karen Evans aus Hyde vom Staatsgericht in Manchester zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt wurde, weil sie in ihrer Position als Praxismanagerin über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren immer wieder große Geldsummen unterschlug, um diese beim Online Glücksspiel zu setzen.
Über Jahre NHS-Gelder gestohlen
Dieser aktuelle Fall aus Großbritannien zeigt, welches Ausmaß eine unbehandelte Spielsucht annehmen kann. Es geht um Karen Evans, eine zweifache Mutter aus der englischen Kleinstadt Hyde.
Medienberichten zufolge [Seite auf Englisch] habe sie im Dezember 2016 eine Position als Managerin einer Arztpraxis erhalten, einen gutbezahlten Job mit einem Jahresgehalt von 38.000 GBP. Die Praxis habe die Frau wegen ihrer langjährigen Erfahrung und guten Qualifikationen eingestellt.
Gelder aus dem Nationalen Gesundheitssystem entwendet (Bild: Wikipedia)
Was jedoch niemand ahnen konnte – die Frau litt zu jener Zeit bereits an einer ausgeprägten Spielsucht, die sie sich zu verstecken bemühte. Sie habe regelmäßig in Online Casinos wie Sky Bet, Gala Bingo und Bet Fred gespielt.
Um ihr längst ausgeartetes Spielverhalten zu finanzieren, habe sie stetig Gelder abgezweigt, die die Praxis zum Großteil vom Nationalen Gesundheitssystem (NHS) für Medikamente und Behandlungen der Patienten erhalten habe.
Bereits einen Monat nach ihrer Anstellung habe sie 2.100 GBP von den Praxisgeldern auf ihr eigenes Konto überwiesen. Über die Jahre habe sie 327 derartige Transaktionen durchgeführt und so eine Gesamtsumme von 582.265,65 GBP gestohlen.
Gezielt Patientendaten und Dokumente verfälscht
Die Polizei habe später herausgestellt, dass Evans auch in ihrem vorherigen Job auf ähnlichem Wege Gelder abgezweigt hätte. In einer Arztpraxis in Hattersley habe sie zwischen 2012 und 2016 77.000 GBP gestohlen, indem sie Dokumente über den Medizinbestand der Praxis gefälscht habe.
In der Arztpraxis, in der sie seit 2016 arbeitete, habe sie aber vor allem die Daten zahlreicher Patienten verfälscht. 323 Patienten seien von verfälschten Daten betroffen gewesen. In neun Fällen habe sie die Daten so geändert, dass die Patienten in die Kategorie „Unterstützung am Lebensende“ einsortiert worden seien.
Die Frau zweigte regelmäßig große Geldsummen ab (Bild: Public Domain Pictures)
Auf diese Weise habe sie die Ausgaben der Praxisgelder zumindest auf dem Papier rechtfertigen können. Die Rechnung sei jedoch irgendwann nicht mehr aufgegangen und die Praxis habe sich plötzlich mit 25.000 GBP im Minus befunden.
Die Inhaber der Praxis haben Untersuchungen eingeleitet und Evans gebeten, einen ausführlichen Finanzreport einzureichen. Den Bericht habe sie aber nie verfasst, sondern lediglich einige vage Zahlen per E-Mail gesendet.
Die Partner der Praxis und die stellvertretende Leitung hätten daraufhin selbst die Konten geprüft. Sie hätten festgestellt, dass regelmäßig große Geldsummen unter Evans Namen auf zwei private Konten gegangen seien.
Scherbenhaufen hinterlassen
Evans sei daraufhin am 29. Mai suspendiert, wenig später dann fristlos entlassen worden. In der Praxis habe sie einen wahren Scherbenhaufen hinterlassen. So habe sich nicht nur der Schuldenbetrag der Praxis als deutlich höher erwiesen als erwartet, sondern es seien auch zahlreiche unbezahlte Rechnungen erschienen.
Einer der fünf in der Praxis arbeitenden Ärzte habe drei Wochen damit verbringen müssen, die Daten von 12.500 Patienten gründlich zu prüfen. Die anderen vier Ärzte hätten sich wegen des finanziellen Schadens gezwungen gesehen, entweder in den Frühruhestand zu gehen oder Arbeit in einer anderen Praxis zu finden.
Auch um die Patienten, die fälschlicher Weise in die Kategorie „Unterstützung am Lebensende“ sortiert worden seien, habe man sich gezielt kümmern müssen, um ihnen verständlich zu machen, dass sie sich nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befänden.
Spielsucht als Ausflucht
Robert Smith, der Verteidiger von Karen Evans, erklärte, dass sie ihr Handeln zutiefst bereue. Des Weiteren habe sie in ihrem Leben mit großen familiären Problemen zu kämpfen gehabt.
So habe sie häusliche Gewalt erlebt und an einer Alkohol- sowie Codein-Sucht gelitten. Dennoch sei sie eine verantwortungsvolle und gute Mutter gewesen und habe ein Enkelkind. Das Online Glücksspiel sei für sie eine Ausflucht aus dem schmerzlichen Alltag gewesen.
Trotz der Beschwichtigungsversuche des Verteidigers blieb Richter Maurice Greene in ihrem Urteil hart:
Sie haben die Gelder gestohlen, weil Sie an Spielsucht leiden – aber der Vertrauensmissbrauch in ihrer Position hat schwerwiegende negative Folgen für die Opfer dieses Falls verursacht. Es ist offensichtlich, dass Sie eine Frau sind, die an Spielsucht leidet und dies akzeptiert hat. Sie zeigen Reue und akzeptieren, dass Sie einer Spielsuchttherapie bedürfen. Dennoch ist es beunruhigend, dass Sie innerhalb von 15 Monaten mehr als eine halbe Millionen Pfund beschaffen konnten.
Die 44-Jährige wird sich nun ihrer Taten verantworten und eine Haftstrafe antreten müssen. Wahrscheinlich wird sie währenddessen auch einer Spielsuchttherapie folgen können, um später ein suchtfreies Leben führen zu können.