Freitag, 22. November 2024

Berliner Gerichte bestätigen: Kein Glücksspiel ohne Risiko

Gerichtssaal mit Stühlen|Richterhammer und Unterlage aus Holz

Berliner Gerichte bestätigten in dieser Woche erneut, dass Spieler gegenüber Zahlungsdienstleistern keinen Anspruch auf Erstattung von Verlusten hätten.

Wie der Hamburger Rechtsanwalt Rolf Karpenstein in einem Beitrag für ISA-GUIDE.de berichtete, lehnten die Richter in zwei kürzlich publizierten Urteilen des Landgericht Berlin (Urteil vom 16.04.2019, Az. 37 O 367/18) und des Amtsgericht Berlin-Mitte (Urteil vom 29.03.2019, Az. 124 C 160/18), die Rückerstattungsforderungen von Spielern nach Einzahlungen bei Online-Casinos ab.

Richterhammer und Unterlage aus Holz

Schon die Richter am OLG München verneinten die Rückerstattungen an Spieler. (Quelle: Wikipedia)

In einem der Fälle verlor ein Spieler auf mehreren in Europa lizenzierten Online-Casino-Seiten knapp 10.000 Euro. Der Kunde, der die Einzahlungen über Kreditkarten tätigte, forderte in der Folge von seinem Zahlungsdienstleister den Ausgleich des finanziellen Schadens.

Nach Auffassung des Klägers beteiligte sich das Kreditkartenunternehmen durch die Überweisung am illegalen Glücksspiel und dürfe Zahlungen dieser Art überhaupt nicht durchführen. Dieser Begründung folgte das Landgericht Berlin nicht. Es erklärte, dass sich die Nichtigkeit des verbotenen Rechtsgeschäfts nicht auf das Verhältnis zwischen Kreditunternehmen und Spieler bezöge, sondern auf die Beziehung zwischen Spieler und Online-Casino.

Eine Mitwirkungspflicht, die den Zahlungsdienstleister dazu verpflichte, die Legalität des Glücksspielangebotes vor der Transaktion zu prüfen, bestünde nur, wenn die Finanzinstitute konkret von der Illegalität des Angebotes wüssten.

Höhere Gerichte scheinen sich einig

Mit der Entscheidung des Berliner Landgerichts scheint sich an höheren Gerichten mittlerweile eine einheitliche Position zu festigen: Wer spielt, muss zahlen.

Bereits das Landgericht München und das Oberlandesgericht München vertraten in einem prominenten Fall die Position, dass Zahlungsdienstleistern nach Überweisungen an europäisch lizenzierte Online-Casinos ein Aufwendungsersatz zusteht.

Ähnlich wie in Berlin verwiesen die Richter auch in diesem Verfahren darauf, dass die Banken die Transaktionen nur dann unterbinden müssten, wenn sie Kenntnis davon besäßen, dass es sich konkret um ein unerlaubtes Glücksspielangebot handle.

Ein Urteil mit Signalwirkung

Sowohl die Münchner als auch die Berliner Urteile könnten für Spieler und Anwaltskanzleien in Zukunft richtungsweisend sein. Schließlich häuften sich in den letzten Monaten die Verfahren, in denen Online-Casino-Kunden vor Gericht zogen, um sich Verluste von ihren Zahlungsdienstleistern zurückzuholen.

Mittlerweile hat sich sogar eine kleine Industrie um die Verlustklagen gebildet. Unternehmen wie Wir-holen-dein-Geld-zurück und Glücksspielhelden.de offerieren Spielern eine kostenlose Prüfung ihres Falles und eine etwaige Durchsetzung entstandener Ansprüche. Im Erfolgsfall nimmt der Anbieter einen prozentualen Anteil der Rückerstattung als Provision.

Das Geschäftsmodell floriert auch in Österreich

Das Geschäftsmodell der Geld-zurück-Klagen ist derzeit nicht nur in Deutschland populär. Auch in Österreich werden Rückforderungen von Glückspielverlusten von Unternehmen vertreten, so zum Beispiel von der Prozessfinanzierung AG advofin, die Sammelklagen gegen Online Casinos anstrengt.

Sollten allerdings immer mehr deutsche Gerichte die Meinung vertreten, dass den Banken für ihre Tätigkeit sehr wohl ein Aufwendungsersatz zustehe, könnte dies den neuen Geschäftszweig unter Druck setzen.

Anwälte kündigen weitere Klagen an

Beinahe zeitgleich zur Veröffentlichung der Urteile der Berliner Gerichte kündigte die Münchner Kanzlei CLLB Rechtsanwälte am Dienstag eine Klage gegen den internationalen Internetzahlungsdienstleister Pay-Pal an.

Ein Mandant der Kanzlei habe via Pay-Pal zwischen 2015 und 2017 wiederholt Einzahlungen zu Online-Casinos und zu Sportwettenanbietern vorgenommen. Insgesamt, so Anwalt István Cocron, belaufe sich der Streitwert auf mehr als 100.000 Euro.

Im Gegensatz zur Meinung der Berliner Richter, sieht die Kanzlei die Zahlungsdienstleister in der Pflicht, das im Glücksspielstaatsvertrag angelegte Mitwirkungsverbot für unerlaubtes Glücksspiel zu beachten und bei Verstößen Rückzahlungen an die Spieler vorzunehmen.

In einem beim Anwaltsportal „Anwalt.de“ veröffentlichten Pressestatement heißt es:

„Öffentliche Glücksspiele im Internet sind in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen verboten. Das Verbot ist im Glücksspielstaatsvertrag geregelt und schließt ein allgemeines Mitwirkungsverbot ein. Dieses richtet sich an alle, die am Zahlungsverkehr beim illegalen Glücksspiel beteiligt sind und verpflichtet sie zu entsprechenden eigenverantwortlichen Maßnahmen. Das bedeutet, dass Banken, Kreditkartenanbieter oder Bezahldienste beim Online-Glücksspiel in der Verantwortung stehen und entsprechende Zahlungen erst gar nicht durchführen dürfen, da sie ansonsten ihre Kontrollpflichten verletzen.“

Ob diese Argumentation nach den jüngsten Urteilen bestand haben wird, dürfte das Verfahren gegen Pay-Pal noch zeigen.