Nach 38 Jahren: Paul Gauselmann gibt Verbandsvorsitz ab
Der Glücksspielunternehmer und Merkur-Chef Paul Gauselmann (85) hat nach 38 Jahren sein Amt als Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Deutsche Automatenindustrie (VDAI) aufgegeben. Künftig soll der Industrieverband von einer Dreierspitze geleitet werden.
Troika übernimmt Geschäftsführung
Der VDAI vertritt die Interessen der Automatenunternehmer in Deutschland (Quelle:euromat.org)
Am Dienstag sorgte Paul Gauselmann, Gründer und Kopf der Gauselmann-Gruppe, in Berlin für eine Überraschung.
Bei der Mitgliederversammlung des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie stellte sich der langjährige Vorstandsvorsitzende nicht mehr zur Wiederwahl.
Nach 38 Jahren an der Spitze der Interessenvertretung zieht sich der 85-Jährige somit aus der operativen Führung zurück. Von nun an obliegt der Vorsitz des VDAI einem Führungstrio:
Manfred Stoffers von der Gauselmann AG, Lars Rogge, Geschäftsführer der Bally Wulff Games & Entertainment GmbH und Dr. Daniel Henzgen, Mitglied der Geschäftsleitung von Löwen Entertainment, werden als Troika gemeinsam den geschäftsführenden Vorstand stellen.
Der Verband der Deutschen Automatenindustrie (VDAI) vereint unter seinem Dach Hersteller und Importeure von Unterhaltungs-, Leistungs- und Warenautomaten. Seine Aufgabe sieht der VDAI eigenen Angaben zufolge darin, die technische und wirtschaftliche Entwicklung des Münzautomatenwesens zu fördern und die Interessen seiner Mitglieder wahrzunehmen. Hierbei wirke der VDAI „quasi als Transmissionsriemen zwischen seinen Mitgliedern und den politisch/parlamentarischen Institutionen“.
„Absehbar, aber unvorstellbar“
Die Entscheidung des 85-jährigen Gauselmanns, sich nach knapp vier Jahrzehnten vom Vorsitz des VDAI zurückzuziehen, bedeutet für den Verband einen deutlichen Einschnitt. So erklärte Neu-Geschäftsführer Manfred Stoffers, der Rückzug des Gründers der Merkur Spielotheken sei vielleicht absehbar, eigentlich aber unvorstellbar gewesen.
Sein Vorstandskollege Uwe Christiansen äußerte Überraschung über den Schritt Gauselmanns und betonte die Leistungen, die der Unternehmer während seiner Tätigkeit für die Industrie erbracht habe:
Paul Gauselmann ist immer für eine Überraschung gut – dafür allerhöchsten Respekt. Unter seiner Branchenführung haben sich deren Umsätze verzwanzigfacht. Wir sind zu größtem Dank verpflichtet.
Der scheidende Vorsitzende selbst sprach seinen Nachfolgern größtes Vertrauen aus. In den vergangenen Monaten, so Gauselmann, habe er beobachtet, dass die drei Manager führender Unternehmen der Branche im VDAI sehr gut zusammengearbeitet hätten.
Die gute persönliche Beziehung des Dreiergespanns untereinander bilde eine notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Verbandsarbeit.
Ehrenpräsident Paul Gauselmann
Trotz seines Rückzugs ist davon auszugehen, dass Gauselmanns Expertise dem Verband auch weiterhin erhalten bleiben wird. Die Mitglieder wählten ihn bei dem Treffen in Berlin einstimmig zum Ehrenvorstand. Zusätzlich erhielt der Unternehmer den neueingeführten Titel des Ehrenpräsidenten.
Wahrscheinlich wird der 85-Jährige, der auf eine mittlerweile 53-jährige Mitgliedschaft im VDAI zurückblicken kann, auch künftig eine tragende Rolle in der Interessenvertretung einnehmen.
Dies ist wenig verwunderlich, gilt Paul Gauselmann doch seit Jahrzehnten als prominentestes Gesicht und die Stimme der Automatenbranche in Deutschland.
Erfolgsgeschichte Gauselmann
Paul Gauselmann hat sich vom Vorsitz des VDAI zurückgezogen (Quelle:Claudia Hecke,Gauselmann AG, licensed under CC BY-SA 3.0)
Der 1934 geborene Paul Gauselmann eröffnete 1974 die erste Merkur Spielothek in Delmenhorst. Zuvor hatte er sich bereits als Importeur amerikanischer Musikboxen einen Namen in Deutschland gemacht.
Über die Jahre entwickelte sich die Gauselmann-Gruppe zu einem milliardenschweren Familienunternehmen. Heute ist das Merkur Casino mit über 700 Automatenspielstätten im In- und Ausland vertreten.
Die Gruppe beschäftigt ungefähr 12.000 Angestellte. Ihr jährlicher Umsatz liegt bei rund 2,9 Milliarden Euro (Stand 2017).
Die Unternehmungen der Gauselmann-Gruppe erstrecken sich von Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Spielautomaten über den Betrieb von Spielhallen und Online Gaming- Angeboten bis hin zu Lösungen im Dienstleistungs- und Finanzsektor.
In seiner Funktion als Vorsitzender des VDAI, die er seit 1981 innehatte, setzte sich Gauselmann tat- und wortkräftig für die Belange der Industrie und gegen eine in seinen Augen unfaire Regulierung des Automatenmarktes durch die Politik ein.
Bei seiner Wiederwahl im Jahr 2017 erklärte er vor den Verbandsmitgliedern des VDAI:
Unser gemeinsames Ziel muss es weiterhin sein, das Spiel mit und um kleines Geld gegen veröffentlichte Vorurteile und politische Fehlentwicklungen zu verteidigen. (…) Wir stehen seit über sechzig Jahren für das gewerbliche Spiel mit und um kleines Geld, das vielen Millionen Menschen in Gast- und Spielstätten viel Spaß bereitet, ohne sie finanziell zu überfordern.
„Den Karren aus dem Dreck ziehen“
Die neue Dreierspitze des VDAI Henzgen – Rogge – Stoffers blickt eigenen Angaben zufolge zuversichtlich in die Zukunft von Verband und Branche. Man werde das Gauselmann-Prinzip der Beharrlichkeit in der kommenden Zusammenarbeit hochhalten, so Manfred Stoffers am Dienstag in Berlin. Zudem sei es schon immer die Aufgabe einer Troika (Pferde-Dreigespann, Anm. d. Verf.) gewesen, „den Karren aus dem Dreck zu ziehen“.
Was als Kampfansage an restriktive staatliche Maßnahmen in Bezug auf das Automatenspiel in Deutschland gewertet werden könnte, lässt mit Spannung erwarten, was das neue Führungstrio in Zukunft aufs Tableau bringen möchte.
Ob es der Troika gelingen kann, aus dem langen Schatten von Paul Gauselmann herauszutreten, werden die kommenden Monate zeigen.