Ehemaliger Spieler auf 200 km Protestmarsch gegen Glücksspielsucht
Ein ehemaliger britischer Spieler befindet sich seit Freitag auf einem knapp 200 Kilometer langen Marsch zu acht englischen Fußballstadien, um auf die Gefahren des Glücksspiels hinzuweisen.
James Grimes (28), Gründer der „The Big Step Challenge“, und seine Mitstreiter wollen mit dem Protestgang gegen aggressive Glücksspielwerbung demonstrieren und gleichzeitig Geld für die britische Anti-Sucht-Kampagne „Gambling with Lives“ sammeln, welche sich unter anderem für die Suizidprävention bei pathologischen Spielern engagiert.
Spielsucht in Großbritannien
Laut Statistiken der UK Gambling Commission litten derzeit mehr als 400.000 Briten an krankhaftem Spielverhalten. Mehr als 2 Millionen britische Bürger befänden sich außerdem in Gefahr, ein pathologisches Spielverhalten zu entwickeln. Zudem wiesen Spielsüchtige ein 3- bis 4-mal höheres Selbstmordrisiko auf als andere Suchtgruppen.
Verglichen mit Deutschland sind diese Zahlen enorm hoch. Nach Erhebungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung habe die Zahl der pathologischen Spieler in Deutschland im Jahre 2018 mit 180.000 vergleichsweise niedrig gelegen. Dies gelte auch für die Zahl der Problemspieler, die sich auf 326.000 belaufen habe.
Eine Botschaft an Vereine und Sponsoren
Grimes, der früher selbst leidenschaftlicher Fußball-Fan war und mit 16 Jahren das erste Mal eine Sportwette platzierte, kennt die dunklen Abgründe, in die das krankhafte Spielen führen kann. Gegenüber dem Medienportal Lancs.Live (Link auf Englisch) beschrieb der mittlerweile geläuterte Spieler seinen Leidensweg, der mit unregelmäßigen Fußball-Wetten begonnen und in nur zwei Jahren in die Spielsucht geführt habe.
Insgesamt habe Grimes durch tägliche Sportwetten innerhalb von 10 Jahren geschätzte 100.000 Pfund Sterling (ca. 112.000 Euro) verloren. Ein Umstand, der nicht nur Probleme mit Familie und Freunden schuf, sondern eine massive Verschuldung nach sich zog. Bis zu 20 Kurzzeitkredite habe Grimes aufgenommen, um seine Sucht zu finanzieren.
Einen Grund für sein Abgleiten in die Abhängigkeit verortet der junge Brite in der starken Präsenz von Glücksspielwerbung bei Fußballübertragungen und in anderen Medien:
„Ich glaube, ein Grund, weshalb sich mein Spielen verschlimmert hat, war die Werbung beim Fußball. Eines Tages möchte ich erreichen, dass Glücksspielsüchtige und ehemalige Suchtkranke ein Fußballspiel sehen können, ohne hartnäckiger Glücksspielwerbung ausgesetzt zu sein.“
Um dies zu erreichen, will Grimes einen Dialog mit Fußballvereinen führen. Immerhin platzierten sie verstärkt Trikotwerbung. Schon jetzt sponsorten Buchmacher 17 von 24 englischen Zweitligateams. Allein die Shirts von neun Premier League-Clubs trügen die Logos von Sportwettenanbietern.
Zeit für ein persönliches Gespräch
Geld, das Grimes über eine Crowdfunding-Seite einnimmt, geht an die Aktion Gambling with Lives. (Quelle: gamblingwithlives.org)
Sein Anliegen will die „The Big Step Challenge“ direkt vor den Stadien der großen britischen Fußball-Clubs vorbringen. So liefen die Kampagnenunterstützer am Freitag zum Stadion des englischen Meisters Manchester City.
Am Samstag und Sonntag standen schließlich Besuche bei den Vereinen Leeds United, Burnley FC, Blackburn Rovers und Preston North End auf dem Wanderplan. Heute endet der Marsch mit Visiten bei den Bolton Wanderers und dem englischen Traditionsclub Manchester United.
Der heutige Schlusspunkt im „Wanderers“-Stadion soll nochmals dazu dienen, die Ziele der Initiative medienwirksam in Szene zu setzen und mit den Fußballoffiziellen in Kontakt zu kommen. Zumindest die Bolton Wanderers scheinen diese Pläne zu unterstützen.
Ein Pressesprecher des Fußballvereins äußerte sich gegenüber itv.com positiv über die Absichten der „The Big Step Challenge“:
„Die Bolton Wanderers unterstützen verantwortungsvolles Spielen voll und ganz. Wir stehen vollkommen hinter den Läufern der „The Big Step Challenge“ und wünschen den Läufern alles Gute.“
Kann eine solche Kampagne erfolgreich sein?
Obwohl kaum davon auszugehen ist, dass die großen englischen Fußballvereine ihre Millionen-Sponsorings mit den Buchmachern kurzerhand kündigen werden, tangiert die von Grimes initiierte Aktion ein brisantes Thema.
Politiker und Fernsehverantwortliche äußerten sich in den letzten Monaten wiederholt zum Umgang mit Glücksspielwerbung und dem damit einhergehenden Gefahrenpotential.
Dies führte sogar soweit, dass selbst Sky-UK-Chef Stephen van Rooyen über eine Reduzierung von Glücksspielwerbespots im Programm des Senders nachdachte. Wie viel Einfluss die „The Big Step Challenge“ letztlich auf die britische Medienbranche haben kann, ist kaum einschätzbar.
Einen Erfolg konnte sie allerdings schon jetzt verbuchen: Eine kürzlich von Grimes eingerichtete Crowdfunding-Seite hat den Zielbetrag von 2.000 Pfund Sterling (ca. 2.200 Euro) bereits weit übertroffen.