Mittwoch, 27. November 2024

Neue Glücksspiel Lobby in Großbritannien

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Am Sonntag berichtete die britische Zeitung „The Guardian“ über eine bevorstehende Fusion der Remote Gambling Association (RGA) und der Association of British Bookmakers (ABB). Eine Stellenausschreibung für den Vorsitz des neu gegründeten Glücksspiel-Industrieverbandes „NEWCO“ lieferte dazu die entscheidenden Hinweise.

Die Gerüchte verfestigen sich

Die Glücksspielindustrie Großbritanniens wird hauptsächlich von zwei großen Handelsorganen repräsentiert: Der Remote Gambling Association, die für das Online Glücksspiel zuständig ist, und der Association of British Bookmakers, welche die Interessen der landbasierten Buchmacher vertritt.

Beide Industriezweige sind in den letzten Jahren stark angewachsen und immer mehr ineinander übergegangen. Viele der Wettbüros und Buchmacherläden in den Städten des Landes haben sich daher zusätzlich auf den Online Markt spezialisiert.

Bereits im letzten Jahr wurde auf eine Fusion beider Industriekörper spekuliert, jedoch wurde diese letztendlich von dem ehemaligen RGA Vorstandsvorsitzenden Clive Hawkswood für unwahrscheinlich erklärt.

Doch aktuell spricht alles dafür, dass genau diese Fusion kurz bevorsteht oder bereits initiiert wurde. „The Guardian“ [Seite auf Englisch] verwies dabei auf eine Stellenausschreibung auf der Website von Ellwood Atfield, einem Unternehmen für die Vermittlung von Jobs in Führungspositionen.

Dort heißt es, man suche „einen Vorstand sowie eine Geschäftsleitung für „NEWCO“, welches die größte und bedeutsamste Organisation zur Repräsentation der Glücksspielindustrie sein wird“.

Weiter konkretisiert die Stellenausschreibung, dass „NEWCO“ die derzeit existierenden Verbände Remote Gambling Association and Association of British Bookmakers ersetzen würde.

Remote Gambling Association

Die RGA entstand im Jahr 2005 aus einer Fusion der Association of Remote Gambling Operators (ARGO) und der Interactive Gaming, Gambling and Betting Organisation (IGGBO). Heute gibt es jeweils einen Standort in London und Brüssel, von wo aus die Interessen aller in Europa lizenzierter Internet Glücksspielanbieter und RGA-Mitglieder repräsentiert werden. Die RGA steht für einen regulierten und fairen Glücksspielmarkt und arbeitet eng mit Organisationen zum Spielerschutz und gegen Spielsucht zusammen.

Association of British Bookmakers

Die ABB wurde im Jahr 2002 gegründet und repräsentiert heute rund 80 % aller in Großbritannien ansässigen Offline Buchmacher. Die Mitgliedschaft im Verband kostet jeden Buchmacher pro Shop 100 GBP pro Monat und steht sowohl kleinen Einzel- und Familienunternehmen als auch den großen Buchmacher-Ketten zur Verfügung. Die ABB repräsentiert die Industrie gegenüber Entscheidungsträgern und Medien. Des Weiteren steht Sie in direkter Verbindung mit der Regierung und der Glücksspiel-Kommission.

Ein nötiger Schritt zur Bewahrung der Industrie

Die Glücksspielindustrie in Großbritannien stand zuletzt unter heftigem Beschuss und während die Geschäfte der Casinos und Buchmachern unter den immer strengeren Auflagen und neuen Gesetzen der Politiker leiden, fokussieren sich die Medien zunehmend auf Negativschlagzeilen und Glücksspiel-Skandale.

Nachdem zunächst eine dramatische Gesetzesänderung in Bezug auf Fixed-Odds-Betting-Terminals (FOBTs) verabschiedet wurde, könnten nun auch für Glücksspiel Apps drastische Änderungen drohen.

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Wettbüros wie Coral leiden unter schlechter Publicity (Bild: CasinoOnline)

So legte eine jüngst in der Wissenschaftszeitschrift „European Addiction Research“ veröffentlichten Studie dar, dass das Spielen von Online Spielautomaten auf dem Smartphone ein noch größeres Suchtpotential und Risiko beinhalte als das Spiel an FOBT-Geräten.

Die stetig steigenden Zahlen von Problemspielern und Spielsüchtigen rücken die gesamte Industrie gleichzeitig in ein sehr unvorteilhaftes Licht. Mehr Spielerschutz-Kampagnen und Aktionen zur Aufklärung von Kindern und Jugendlichen werden daher in den Fokus gesetzt.

Die UK Gambling Commission ihrerseits verschärft aktuell die Auflagen aller Lizenznehmer und auch von Seiten der Regierung werden härtere Maßnahmen und strengere Grenzen gefordert. Dazu zählt auch die aktuelle Diskussion um das Zahlen im Online Casino per Kreditkarte.

Der englische Kulturminister Jeremy Wright (Conservatve Party) hatte im Januar angekündigt, dass die UKGC zusammen mit den großen Banken des Landes eine Lösung finden müsse, um Spieler davon abzuhalten, mit Geld zu spielen, welches sie nicht besitzen.

Die Glücksspielindustrie selbst konnte sich zuletzt kaum noch gegen die belastenden Umstände positionieren.

Neuanfang mit NEWCO?

Die NEWCO soll allem Anschein nach genau dort ansetzen und als größte Lobby der Glücksspielbranche das Image der Industrie wieder verbessern. Wie die Zeitung „The Guardian“ in dem Zusammenhang analysierte, habe sich vor allem die ABB im letzten Jahr einen schlechten Namen gemacht.

Die Fusion ließe daher darauf schließen, dass der Verband seine „Fehltritte“ erkannt habe. Der neue Name könnte daher ein guter Start sein, um die jüngste Kritik und schlechte Publicity hinter sich zu lassen.

Um aber wirklich etwas zu erreichen, soll die NEWCO die Glücksspielbranche nicht nur rein äußerlich mit einem unbefleckten Namen repräsentieren, sondern auch direkten Einfluss auf die nationale Politik nehmen.

Wie gut dies unter den Kritikern des Glücksspiels in der Politik oder der Bevölkerung des Landes ankommen wird, ist fraglich. Denn genau diese enge Verbindung zwischen Industrie und Politik sorgte erst im November letzten Jahres für Empörung.

Doch welchen Weg die NEWCO auch einschlagen wird, die Regulierung des Glücksspiels, die Verschärfung von Richtlinien und die Maßnahmen zum Spielerschutz werden auch weiterhin in Medien und Politik ein großes Thema bleiben.