Freitag, 22. November 2024

Englische Kirche will Auswirkungen des Gambling Act untersuchen lassen

House of Lords|Logo|Alan Smith

Die Church of England hat diese Woche Pläne veröffentlicht, die eine Untersuchung des 2005 eingeführten Gambling Act vorsehen. Die Kirche begründet ihre Initiative mit der wachsenden Zahl von pathologischen Spielern, die in Zusammenhang mit der Liberalisierung des Glücksspielgesetzes stünden.

Die Kirche fordert Aufklärung

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Das Logo der Church of England (Quelle: Wikipedia)

Das Vorhaben der Church of England, den von der Labour Party etablierten Gambling Act prüfen zu lassen, kommt nicht ganz überraschend.

Erst gestern hatte die UK Gambling Commission eine Studie veröffentlicht, die das Spielverhalten von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren untersucht hat.

Die Zahlen des Reports waren schockierend. Laut der Untersuchung nähmen 450.000 Teenager regelmäßig an irgendeiner Art von Wette oder anderen Glücksspielen teil.  Ca 15 % dieser Jugendlichen seien in Gefahr, in der Zukunft eine Suchterkrankung zu entwickeln. 11 % der 11 bis 16-jährigen litten bereits unter den Symptomen pathologischen Spielens.

Wie die Studie zutage förderte, kommen die jungen Briten nicht nur durch ihre Eltern mit dem Glücksspiel in Berührung, sondern vor allem über die Werbung und die Social-Media-Seiten von Glücksspielanbietern. 66 % der Befragten gaben an, schon einmal Werbung für Glücksspielangebote im TV gesehen zu haben. 12 % würden sogar regelmäßig den Social-Media-Profilen von Glücksspielbetreibern folgen.

Gegen diese Entwicklung will die Church of England vorgehen. Schließlich wurde das Bewerben von Glücksspielangeboten im Vereinigten Königreich erst mit der Einführung des Gambling Act aus dem Jahre 2005 legal.

Church of England

Die Kirche von England ist die größte anglikanische Gemeinschaft weltweit. Die Landeskirche gilt als moralische Instanz und hat signifikanten Einfluss auf das gesellschaftliche Leben in England. Oberster Gouverneur der Kirche von England ist Elisabeth die II., Königin von England.

Die gesellschaftspolitischen Interessen der 25 Millionen Mitglieder der Church of England werden von 24 geistlichen Lords (Bischöfen der Kirche) und den zwei Erzbischöfen im Oberhaus des britischen Parlaments vertreten

Worüber soll Klarheit gewonnen werden?

Die Kirche von England will durch die parlamentarische Überprüfung außerdem herausfinden, welche Kosten Staat und Gesellschaft seit der Einführung des Gambling Acts 2005 für die Behandlung von Suchtkranken zu tragen hatten.

Nach Schätzungen des National Health Service (NHS) beziffert man die Ausgaben für Suchtprogramme und die Therapie ernstzunehmender psychischer Krankheiten, die mit dem Missbrauch von Glücksspiel in Zusammenhang stehen, auf mehr als 1.2 Milliarden Pfund (ca. 1.3 Milliarden Euro). Genaue Zahlen lägen aber noch nicht vor.

Alan Smith

Bischof Alan Smith fordert eine härtere Gangart gegen die Glücksspielindustrie. (Quelle: Wikipedia)

Den Verantwortlichen der englischen Kirche ist diese Zahl aus einem bestimmten Grund wichtig.

So will Alan Smith, Bischof von St. Albans und Anti-Glücksspiel-Advokat, wissen, wie sie im Verhältnis zu den Steuereinnahmen steht, die durch Glücksspiel in Großbritannien generiert werden.

Smith kritisiert, dass zu viele britische Glücksspielanbieter ihre Operationen nach Übersee oder in nahegelegene Steueroasen verlagerten.

Dadurch würden dem Staat wichtige Steuereinnahmen entgehen, die zur Behandlung von Suchtkranken benötigt würden.

Auch würden die Unternehmen kaum freiwillig Geld zur Verfügung stellen, um die Auswirkungen des Glücksspiels zu erforschen oder die Suchtprävention zu fördern.

Trotz der hohen Profite hätten die Konzerne seit dem Bestehen des Gambling Acts gerade einmal 10 Millionen Pfund (ca. 11,2 Millionen Euro) für die Erforschung von Suchtursachen und Behandlungsmethoden bereitgestellt.

Die geplante Prüfung soll nun zeigen, ob man die Glücksspielanbieter für die gesellschaftlichen Folgen des Spielens stärker in Anspruch nehmen könnte.

Nicht nur Casinobetreiber sollen in die Pflicht genommen werden

Die Kirche sieht nicht nur die Casinobetreiber und TV-Stationen in der Pflicht, besser über die möglichen Folgen des Glücksspiels aufzuklären, sondern auch die Hersteller von Computerspielen.

Eine besondere Gefahr verortet die Kirche in sogenannten Lootboxen (dt. „Beutetruhen“), die in manchen PC- und Konsolen-Spielen angeboten werden. Sie ermöglichen es Spielern, bestimmte Gegenstände zu finden, die im normalen Spielerverlauf nicht oder nur selten gefunden werden können.

Lootboxen können im Spiel freigeschaltet, aber auch gekauft werden. Da ihr Inhalt vor dem Kauf nicht feststeht, motivierten sie Jugendliche dazu, solange Beutetruhen zu kaufen, bis der gewünschte Gegenstand gefunden wird.

Alan Smith sieht darin eine Form des Glücksspiels, die nicht vom Gambling Act gedeckt ist und vor der die Jugend geschützt werden sollte. In einem Interview mit The Telegraph sagte der Geistliche:

„Die Firmen entwickeln bewusst Spiele, die denselben Rausch erzeugen, der vom Gewinn von Echtgeldpreisen ausgeht. Ich kann nicht sehen, wie wir das rechtfertigen können. Ist das wirklich ein Experiment, dem wir unsere Jugend aussetzen wollen?“

Lord Chadlington, konservatives Mitglied im britischen Oberhaus, unterstützt den Vorstoß der Church of England. Die Daten, die ihm vorliegen, zeigten, dass sich die Zahl der wegen Glücksspiel hospitalisierten Patienten in den letzten 50 Jahren verdreifacht habe.

Eine neuerliche Erhebung relevanter Daten, die im Zusammenhang mit dem Gambling Act von 2005 stehen, könne zukünftig zu rationaleren glücksspielrechtlichen Entscheidungen führen.