Osteuropa aktuell: Schwere Zeiten für Gaming-Anbieter
In Osteuropa scheint sich die Stimmung immer schärfer gegen online- und landbasierte Glücksspielangebote zu richten. Verbote und hohe Steuern machen den russischen, polnischen und tschechischen Markt für Gaming-Anbieter unattraktiv. Es droht eine Marktbeschränkung, wie sie bereits in Südosteuropa festzustellen war.
Rien ne va plus in Russland?
Russland geht gegen Banktransaktionen vor (Quelle: TOrange.biz)
Das Glücksspiel ist den Russen nicht fremd. Das ist spätestens seit Dostojewskis Roman „der Spieler“ bekannt. Doch seit der Zarenzeit hat sich vieles verändert.
Nach der Machtübernahme durch Vladimir Putin wurde Glücksspiel im Juli 2009 verboten und Casinos und Wettbüros mussten sich aus großen Städten wie Moskau und St. Petersburg zurückziehen.
Einzig in Sonderzonen wie Sotchi, Primorje, Kaliningrad und in Altaj können Spieler Unterhaltung an Spielautomaten und Spieltischen weiterhin genießen. Diese Orte profitierten vom Status der Sonderzone.
So hoffte man in Primorje, einer abgelegenen Region im Südosten der Russischen Föderation, dass sich aufgrund der Nähe zu China, Japan und Korea finanzstarke Investoren ansiedeln würden.
Eine Hoffnung, die nicht enttäuscht wurde. So plante das Tigre de Cristal Casino, das zur Summit Ascent Gruppe aus Hongkong gehört, von 2018 bis 2020 eine Erweiterung ihres Glücksspielangebots in Primorje und den Bau eines eigenen Tagungszentrums. Laut COO Stylianos Tsifetakis will Summit Ascent in Zukunft zwischen 250 und 300 Millionen Dollar in den Ausbau investieren.
Wie das ZDF berichtete, könnten sich diese Pläne allerdings bald als überflüssig erweisen. Nach Angaben des Senders will die russische Zentralregierung nämlich die Glücksspielsonderzonen liquidieren. Einzig in Sotchi und Jalta soll Glücksspiel dann noch erlaubt sein.
Dies könnte ein herber Schlag für internationale Investoren und die zahlreichen Beschäftigten der Casinos und Hotels der restlichen Glücksspielzonen sein. Tausende Arbeitsplätze drohen in den strukturschwachen Regionen Russlands verloren zu gehen. Steuereinnahmen in Millionenhöhe, die nicht selten den Regionalhaushalt der abgeschiedenen Landesteile zu einem großen Teil mitfinanzieren, könnten bald in den Haushaltskassen fehlen.
Auch das Online-Glücksspiel hat zu leiden
Roulette ist eines der beliebtesten Glücksspiel der Russen. (Quelle: Wikipedia)
Doch nicht nur die Anbieter von terrestrischem Glücksspiel sehen sich in Russland vor Herausforderungen gestellt. Auch die Betreiber von Online-Casinos und Sportwetten-Sites geraten in Russland stärker unter Druck.
Bereits im Mai dieses Jahres hatte die russische Regierung festgelegt, dass russische Geldinstitute keine Transaktionen zwischen Bankkonten und nicht-lizenzierten Online-Gaming-Betreibern durchführen dürfen.
Allerdings hielten sich nicht alle Geldinstitute und Zahlungsanbieter an die neuen Regeln. Vielen Banken war dies auch gar nicht möglich, da die russische Steuerbehörde FTS sie nicht mit aktuellen Listen der verbotenen Glücksspielseiten versorgte.
Die Folge ist, dass sich russische Spieler weiterhin auf internationalen Casino- und Pokerseiten tummeln. Doch nun will man den Transaktionen endgültig einen Riegel vorschieben.
Wie die russische Zentralbank [Seite auf Englisch] ankündigte, will man eine Anhörung derjenigen Banken veranlassen, die noch immer nicht nach den neuen Regeln spielen. Ihnen könnten bei Verweigerung der Zusammenarbeit empfindliche Strafen drohen.
Auch Google droht der Staat
Eine empfindliche Strafe in Höhe von 700.000 Rubel könnte auch dem Unternehmen Google in Russland drohen. Wie Zeitung Vedomosti berichtete, will die russische Telekommunikationsaufsichtsbehörde Roskomnadzor gegen Google vorgehen.
Die Suchmaschine zeige noch immer blockierte Internet-Domains von in Russland verbotenen Glücksspielseiten an. Allein im Oktober 2018 hatte Roskomnadzor mehr als 14.000 unautorisierte Domains mit Glücksspielinhalten gesperrt.
Der „legendäre“ Zensor Roskomnadzor
Die Telekommunikationsaufsichtsbehörde Roskomnadzor wird auch als „Schwergewichtsweltmeister“ unter den Online-Glücksspiel-Zensoren bezeichnet. Die staatliche Agentur wird von Alexander Zharov geführt.
Sie blockiert Inhalte, die gegen russisches Recht verstoßen. Allein im September hat sie 13.500 Domains mit Glücksspielinhalten blockiert. Innerhalb eines Jahres hat Roskomnadzor sogar insgesamt 90.000 Domains dieses Inhaltes gesperrt.
Zum vierjährigen Jubiläum seiner Social-Media-Präsenz boten die Staatsdiener sogar an, jeder Follower könne sich für 24 Stunden kostenlos für die Internetnutzung sperren lassen. Wie viele User von diesem verlockenden Angebot Gebrauch machten, ist nicht bekannt.
In Polen wird gesperrt, in Tschechien wird gestraft und besteuert
In Polen wird gegen unlizenzierte Anbieter vorgegangen. (Quelle: Pexels)
Während Polen durch ein Glücksspielgesetz aus dem Jahre 2017 den lokalen Markt gestärkt hat, werden ausländische Online-Anbieter – ähnlich wie in Russland – Gegenstand staatlicher Sperrungen. Darunter prominente Unternehmen wie Bet-at-home, Unibet und Betsson.
Die Sperrungen könnten damit zu tun haben, dass diese Wettanbieter auch Casinospiele anbieten. Diese fallen in Polen unter das staatliche Monopol. Bis zum 31. Oktober dieses Jahres hatten die polnischen Behörden insgesamt 4.049 Domains auf ihre schwarzen Listen gesetzt.
Auch die tschechische Republik führte im Jahr 2017 eine neue Gesetzgebung ein, die das Betreiben von Online-Glücksspiel ohne gültige Lizenz unter Strafe stellt. Allerdings waren die Behörden beim Eintreiben der Strafen bisher mäßig erfolgreich.
Von Bußgeldern in Höhe von 18 Millionen Euro, die sich auf 24 Verfahren verteilen, wurden bis Oktober 2018 gerade einmal 9.000 Euro eingetrieben. Dieses erfolglose Verhängen von Geldstrafen blieb auch den tschechischen Medien nicht verborgen, die das Finanzministerium für ihren mangelnden Verfolgungsdruck kritisierten. Gegenüber der Presse äußerte die Behörde schließlich:
„Das Hauptziel der Strafen ist nicht die Bereicherung der Finanzbehörde, sondern die Restriktion illegalen Glücksspiels. Die Geldbußen haben nicht nur einen strafenden Charakter, sondern einen präventiven.“
Das bedeutet: Jedes Unternehmen, das einmal ohne Lizenz in Tschechien aktiv war und zukünftig auf dem tschechischen Markt operieren möchte, muss erst seine Strafe zahlen.
Ob sich der tschechische Markt für große Online-Gaming-Betreiber lohnt, könnte allerdings fraglich sein. Nach einem neuen Steuergesetz entfallen auf Einkünfte aus Sportwetten 23 % Steuern. Für Spielautomaten werden sogar 35 % Steuer fällig. Hinzu kommt eine Unternehmenssteuer von 19 % jährlich.
Glücksspielanbieter, die in Russland, Polen oder Tschechien operieren wollen, sehen sich großen Aufgaben gestellt. Sie stehen Regierungen gegen, die durch restriktivere Gesetze und hohe Steuern gegen Bandenkriminalität, Korruption und Spielsucht vorgehen wollen. Ob das Ziel allerdings die Mittel rechtfertigt, wird die Zukunft zeigen.