Schweizer Casinos 2018 trotz Abschottung auf Hilfe von außen angewiesen
Die Casinos in der Schweiz benötigen ausländische Partner (Bild: swisscasinos.ch)
In der Schweiz wurde vergangenen Monat in einem Volksentscheid mit einer überragenden Mehrheit für das neue Geldspielgesetz gestimmt. Dieses erlaubt Schweizer Casinos das Anbieten von Online Glücksspielen bei gleichzeitigem Ausschluss sämtlicher ausländischer Mitbewerber.
Nun kristallisiert sich jedoch heraus, dass Schweizer Casinos auf Unterstützung und Expertise aus dem Ausland angewiesen sein könnten, um ihr Angebot erfolgreich zu digitalisieren. Bisher war stets eine rein inländische Schweizer Lösung propagiert worden.
Live Casino stellt landbasierte Casinos in der Schweiz vor Herausforderungen
In einer Stellungnahme zur Umsetzung des neuen Geldspielgesetzes haben sich die Casinos Basel, Bern und Baden jeweils dahingehend geäußert, dass zur Bereitstellung eines wettbewerbsfähigen Angebots möglicherweise eine Kooperation mit ausländischen Glücksspielunternehmen in Betracht gezogen werden muss. Schließlich wolle man den Kunden ein Angebot bieten, das mit Hinblick auf die verfügbare Spieleauswahl vergleichbar sei mit dem, was ausländische Online Casinos bereits seit langem anbieten.
Bei dem Aufbau des Online Angebots kommt vor allem dem Bereich Live Casino besondere Bedeutung zu. Seitens der Schweizer Casinos heißt es dazu:
Die Schweizer Casinos können ein so breites Produktportfolio unmöglich selber betreiben.
Bei dem Produkt Live Casino handelt es sich um einen der zahlreichen verschiedenen Angebotsbereiche in einem Online Casino. Das Besondere dabei ist, dass die Spiele nicht automatisch von einem Computerprogramm geleitet werden, sondern echte Dealer eingesetzt werden. Diese führen die Spieler durch die Runden und können als eigens dafür geschultes Personal auch Erklärungen und kleine Hilfestellungen liefern.
Spieler im Live Casino können mit den Dealern und ihren Mitspielern per Live Chat interagieren, sodass eine authentische Casino-Umgebung entsteht, die dem Erlebnis in einem landbasierten Casino recht nah kommt. Neben einem Live Casino bieten Online Casinos außerdem das klassische Casinospiel für Roulette, Blackjack und Baccarat sowie elektronische Slots und progressive Jackpotautomaten, Keno, Bingo und andere Spiele an. Es gibt oft auch einen Sportwettenbereich und einen Poker Raum für Kunden im Internet.
Live Casino Studios gibt es in ganz Europa
Live Blackjack von Evolution (Bild: evolutiongaming.com)
Um ein Live Casino Angebot einzurichten, müssen die Spiele aus speziell dafür eingerichteten Studios übertragen werden. Diese werden vornehmlich von Evolution Gaming, einem der Marktführer in diesem Segment betrieben, und können von Kooperationspartnern genutzt werden. Die Studios befinden sich an Standorten in ganz Europa, darunter das jüngst in Georgien eröffnete Haus sowie Niederlassungen in Lettland, Malta, Spanien, Italien, Belgien und Rumänien.
Neben Evolution Gaming ist auch Playtech im Bereich Live Casino aktiv und betreibt seit nunmehr fast einem Jahr das „Next Generation“ Studio in der lettischen Hauptstadt Riga. Dabei handelt es sich mit einer Fläche von mehr als 8.500 m² um das größte Live Casino Studio Europas.
Seit Februar 2018 mischt auch Mr Green mit und hat mit seinem „Live Beyond Live“ Casino in Zusammenarbeit mit dem bekannten Softwarehersteller NetEnt sein eigenes Live Casino Konzept auf den Markt gebracht.
Bisher nur Zusammenarbeit für Poker zulässig
Aktuell erlaubt der Schweizer Bundesrat eine Kooperation von Schweizer Unternehmen mit ausländischen Herstellern nur für den Bereich Poker. Casinos und Branchenvertreter fordern nun jedoch eine Ausweitung auch auf anderen Bereiche und Angebotsgruppen.
Der Schweizer Markt sei einfach zu klein, um mit der Konkurrenz mithalten und eigene Spiele entwickeln zu können, so die Spielbanken im Land. Eine Lösung wären klassische Lizenzvereinbarungen zur „Miete“ von Spielen ausländischer Hersteller.
Bundesrat verhindert Kooperationen mit Kriterium „guter Ruf“
Schweizer Bundesrat 2018 (Bild: wikipedia.org)
Neben Lizenzverträgen erwäge man jedoch auch engere Partnerschaften, so die Schweizer Casinos. Dabei sei sogar eine Finanzbeteiligung denkbar. Die genaue Ausgestaltung sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch ungewiss. Und selbst bei einer Zusage durch die Schweizer Betreiber muss immer noch der Bundesrat zustimmen. Dieser ließ bereits verlauten, potenzielle Kooperationspartner strengen Prüfungen unterziehen zu wollen. Eine der Auflagen soll laut Berichten Schweizer Medien das Kriterium „guter Ruf“ sein.
Hinzu kommt, dass ausländische Partner in den letzten fünf Jahren nicht in der Schweiz aktiv gewesen sein dürfen. Diese Auflage dürfte sämtliche Kooperationsbestrebungen im Keim ersticken, denn fast alle großen Anbieter waren vor Einführung des Geldspielgesetzes über ausländische Lizenzen auch in der Schweiz aktiv. Der geforderte „gute Ruf“ sei damit nicht mehr erfüllt, so die Ansicht des Bundesrates.
Kann die Schweiz es mit NetEnt und Co. aufnehmen?
Interessant dürfte dies vor allem vor dem Hintergrund sein, dass die bekannten und beliebten Online Casino Spiele alle von ausländischen Entwicklern stammen. Jackpotslots wie „Mega Fortune“, „Mega Fortune Dreams“ oder „Mega Moolah“ und „Hall of Gods“ wurden von Unternehmen wie NetEnt und Microgaming entwickelt und von diesen auch international vertrieben. Sich gegen diese populäre und etablierte Konkurrenz zu behaupten, dürfte einen enormen Kraftakt mit ungewissem Ausgang für die Schweiz darstellen.
Das neue Geldspielgesetz soll Anfang 2019 in Kraft treten. Es wird von Kritikern nach wie vor harsch kritisiert aufgrund seiner potenziellen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit, den rückwärtsgewandten Netzsperren und der damit verbundenen möglichen Zensur.