Freitag, 22. November 2024

Spiel- und Wettmanipulation im Profitennis weit verbreitet

Tennispieler|Tennisschläger

Tennispieler

Auch im Profitennis kommen Manipulationen vor (Bild: Pixabay)

Der Bericht einer unabhängigen britischen Untersuchungskommission sorgt für große Unruhe im Tenniszirkus. Demnach gibt es im Profitennis vor allem im Bereich der unteren Spielklassen ein großes Problem mit Spiel- und Wettmanipulation. Die Auffälligkeiten seien derart gravierend, dass der Bericht von einem „Tsunami der Korruption“ spricht, der die Tenniswelt erfasst habe.

Besonders betroffen seien kleinere Turniere unterhalb der Veranstaltungen der ATP- und WTA-Tour, wobei es sich hauptsächlich um den Herrenbereich handele. Im Zuge der 27-monatigen und knapp 23 Millionen Euro teuren Untersuchung wurden weit über hundert verdächtige Partien identifiziert.

Manipulation weit verbreitet

Von den Verfassern wurde dabei eine wahre „Saison für Spielbetrügereien“ entdeckt: Diese laufe von Oktober bis zum Ende eines Jahres. Während dieser Zeit haben die Kontrolleure bei kleineren Tennisturnieren Spuren für die tägliche Verschiebung von zwei bis drei Spielen gefunden.

Die Kommission der IRP (Independent Review Panel) war 2016 eingesetzt worden, nachdem Medien von der Verwicklung Spieler aller Leistungsebenen in Spielmanipulationen berichtet hatten. Das Problem ist somit nicht neu. In der aktuellen Studie wird festgestellt:

„Vor allem die Turniere der niedrigeren Klassen sind ein fruchtbarer Boden für die verbotene Einflussnahme auf Spieler (…) Auf diesem Niveau gibt es Hunderte an Matches im Damen- und Herrentennis, die nicht fair gespielt werden, wobei die Anzahl abnimmt, je höher die Spielklasse wird.“

Hohe Kosten im Turnierzirkus erhöhen Anfälligkeit von Spielern

Dem Bericht zufolge ist Tennis – wie viele andere Einzelsportarten auch – besonders anfällig für Manipulationsversuche [Seite auf Englisch], denn es muss lediglich eine Person dazu gebracht werden, den Spielausgang nach Wünschen des „Fixers“ zu beeinflussen.

Tennisschläger

Nicht nur die Schläger gehen ins Geld (Bild: Pixabay)

Hinzu kommt, dass Tennis ein teuer Sport ist. Kosten für die zahllosen Reisen zu den Turnieren, für Trainer und Betreuer sowie die höheren Lebenshaltungskosten sorgen für beträchtliche laufende Ausgaben.

Der Untersuchung zufolge sind diese inzwischen derart hoch, dass nur etwa 250 bis 350 der weltweit über 14.000 registrierten Tennisprofis kostendeckend auf der Turniertour spielen können. Aus diesem Grund ist es nicht weiter verwunderlich, dass unterklassige Spieler derart anfällig für die finanziellen Verlockungen der Betrüger sind.

Erfolgreiche Aktive wie die deutsche Weltklassespielerin Andrea Petkovic beklagen schon länger, dass die niedrig dotierten Turniere ein Hauptgrund für Manipulationsversuche seien. Wer bei einem drittklassigen Turnier vielleicht 1.000 US-Dollar an Prämien gewinnen kann, dafür jedoch fünf Tage Hotel, Essen sowie An- und Abreise und die laufenden Kosten zahlen müsse, sei viel anfälliger als ein Spieler der ATP-Tour.

Maßnahmenkatalog gegen Spiel- und Wettmanipulation

Neben der Aufstellung von Auffälligkeiten und Einflussnahmen auf Spieler zwecks der Manipulation von Ergebnissen wartet der Bericht mit einer Reihe von Vorschlägen auf, mit deren Hilfe die Situation verbessert werden soll.

Empfohlene Maßnahmen zur Bekämpfung von Manipulationen

  • Beendigung der Kooperation mit dem Datenunternehmen Sportradar, welches Wetten bei kleineren Turnieren überhaupt erst möglich macht
  • Einstellung neuer Mitarbeiter, die sich mit dem Thema Manipulation befassen und nach Auffälligkeiten fahnden
  • Internationalere Aufstellung, damit Manipulationen nicht nur im englischsprachigen Raum verfolgt werden können
  • Sperrung von mehrfach auffälligen Spielern oder von Turnierteilnehmern, die ihre Matches nicht mit vollem Einsatz bestreiten
  • Bessere Betreuung junger Spieler, um sie vor Einflussnahme von Betrügern zu schützen
  • Verbot des Sponsorings von Turnieren durch Wettanbieter
  • Veröffentlichung oder Verbot von Antrittsprämien für Spieler, welche bei diesen für eine Reduzierung der Motivation im weiteren Turnierverlauf sorgen könnten
  • Kooperation mit anderen Sportarten, um Spiel- und Wettmanipulation wirksam zu bekämpfen.

Das Ausmaß des Problems ist derart gravierend, dass die großen Verbände von ATP und WTA aufgeschreckt wurden. Kein Wunder, haben die Vorwürfe doch eine Brisanz, welche die Integrität des gesamten „weißen Sports“ ernsthaft beschmutzen kann.

Deshalb wurde bereits angekündigt, zügig erste Gegenmaßnahmen zu diskutieren und diese bis zum diesjährigen Wimbledon-Turnier zu veröffentlichen.